Superfood – Beratungswissen Teil 5

MCT-Öl und Kokosöl

Stuttgart - 05.10.2020, 07:00 Uhr

Grundsätzlich sollte eine gesunde Ernährung möglichst viele ungesättigte Fettsäuren enthalten. Diesen Anspruch kann Kokosöl auch in seiner nativen Variante nicht erfüllen. (Foto: New Africa / stock.adobe.com)

Grundsätzlich sollte eine gesunde Ernährung möglichst viele ungesättigte Fettsäuren enthalten. Diesen Anspruch kann Kokosöl auch in seiner nativen Variante nicht erfüllen. (Foto: New Africa / stock.adobe.com)


Kokosöl – die Fakten

Kokosöl wird aus Kopra, dem Fruchtfleisch der Kokosnuss, gewonnen. Zu den wichtigsten Anbauländern von Kokospalmen zählen Indonesien, die Philippinen und Indien. Kokosöl besteht aus Trigyceriden, die zu 90 Prozent gesättigte Fettsäurereste enthalten. Überwiegend handelt es sich dabei um MCT-Fette, zu 50 Prozent ist die Laurinsäure (12 Kohlenstoffatome) vertreten. Das wachsartige Kokosöl riecht mild und frisch, leicht nach Kokos. Man spricht auch von Kokosfett, weil es bei Raumtemperatur fest wird. Bei Kokosfett denkt man sofort an das altbekannte Fett in Plattenform (Palmin). Dieses wird unter Wärmeanwendung aus Kopra gepresst und weiter stark bearbeitet, bis es völlig geschmacksneutral ist. Im Gegensatz dazu wird natives Kokosöl ohne Wärmeanwendung gepresst und nicht weiter behandelt. Deshalb gilt es ernährungsphysiologisch als hochwertiger. Der hohe Anteil an Laurinsäure soll es leichter verdaulich machen. Trotz allem besteht Kokosöl mehrheitlich aus gesättigten Fettsäuren.

In der Küche kann man Kokosöl bzw. -fett zum Backen, Braten, Frittieren verwenden. Palmin gilt seit langem als preisgünstiges Brat- und Frittierfett. Ältere kennen aus ihrer Kinderzeit den „Kalten Hund“, eine Kekstorte mit mächtiger Kokosfett-Schokoladenfüllung – nicht gerade der Inbegriff gesunder Kost.

Grundsätzlich sollte eine gesunde Ernährung möglichst viele ungesättigte Fettsäuren enthalten. Diesen Anspruch kann Kokosöl auch in seiner nativen Variante nicht erfüllen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt daher, Kokosöl in der Küche nur gelegentlich zu verwenden, beispielsweise bei der Zubereitung exotischer Speisen. Für die regelmäßige und tägliche Verwendung sind Oliven-, Raps- und Walnussöl laut DGE die bessere Alternative. Diese anerkannt hochwertigen pflanzlichen Öle zeichnen sich durch einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren aus, die nachweislich das Herzinfarktrisiko senken und den Körper mit essenziellen Fettsäuren versorgen.

Kampagne mit Wirkung 

Wie kommt es zu der Einschätzung, Kokosöl sei – trotz einem Anteil von 90 Prozent an gesättigten Fettsäuren – so gesund? Und warum glauben insbesondere junge Mütter fest an diese Botschaft? Im Internet ist zu lesen, dass Kokosöl ein „Wundermittel für Schwangere“ sei. Kokosöl von außen auf der Haut und von innen mit ihren antimikrobiellen Eigenschaften mache jede Schwangere zur „Schönheitskönigin“ und wirke gegen Übelkeit, Sodbrennen und Verstopfung sowie alle weiteren Schwangerschaftsbeschwerden. Die im Kokosöl enthaltene Laurinsäure soll auch die Milchproduktion während des Stillens anregen. Möglicherweise ist Kokosöl ein „Geheimtipp“ von Hebammen, die einen großen Einfluss auf junge Frauen haben?

Die ursprünglich erzählte Geschichte vom „gesunden Kokosöl“ ging so: Die Einheimischen in all den exotischen Ländern, wo Kokospalmen gedeihen, leiden selten unter unseren üblichen Zivilisationskrankheiten, schon gar nicht unter Herz-Kreislauf-Krankheiten. Das führten selbst ernannte Ernährungsexperten auf den Konsum von Kokos-Produkten zurück. Dass die Einheimischen einen völlig anderen Lebensstil pflegen, ihre gesamte Ernährung anders ist und auch nicht das pure Kokosöl konsumiert wird, sondern eher das Kokosnussfleisch, das alles blieb im Marketing-Märchen unberücksichtigt. Man begann also, Kokosöl in den westlichen Ländern als besonders „herzschützend“, „gesund“ und „natürlich“ zu vermarkten. Menschen, die an Wunder glauben wollen, stellen eher keine kritischen Fragen. Das Superfood Kokosöl erwarb sich weithin den Ruf, außer herzschützend auch Cholesterol-senkend, antientzündlich, antibakteriell zu wirken und der Adipositas vorzubeugen. Eine Umfrage zeigt, dass 72 Prozent der Allgemeinbevölkerung glauben, Kokosöl sei besonders gesundheitsförderlich. Der Kokosöl-Boom ist ein echter Marketing-Erfolg!



Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

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von Silke Schmidt am 05.10.2020 um 9:45 Uhr

Medium Change klingt zwar in diesem Zusammenhang auch sehr gut, aber soweit ich mich erinnere geht es bei MCT um medium chain ;-)

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