Marktforschungsdaten von IQVIA

Bis Ende Juli 7,8 Millionen Botendienste abgerechnet

Süsel - 15.09.2020, 10:30 Uhr

7,8 Millionen abgerechnete Botendienste hat IQVIA bis bis Ende Juli gezählt. (x / Foto: Schelbert)

7,8 Millionen abgerechnete Botendienste hat IQVIA bis bis Ende Juli gezählt. (x / Foto: Schelbert)


In der Pandemie wurden Botendienste zu einem großen Thema und das brachte den Apotheken ein Honorar für diese Mühe ein. Nach den jüngsten Daten von IQVIA wurden bis Ende Juli bundesweit etwa 7,8 Millionen Botendienste abgerechnet. Im Mai, Juni und Juli waren es jeweils gut 2,4 Millionen honorierte Lieferungen, meist für Ältere. Seltener wurde der Botendienst in Stadtstaaten abgerechnet.

Die Coronavirus-Pandemie hat die Aufmerksamkeit für den Botendienst der Apotheken deutlich gesteigert. Früher zeigte die Politik wenig Interesse an diesen Lieferungen. Doch als Maßnahme zur Verminderung von Kontakten und zum Schutz von Patienten und Apothekenpersonal wurde der Botendienst zum großen Thema. Mit der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung wurde eine Honorierung für den Botendienst eingeführt. Daraufhin erhielten die Apotheken eine einmalige Pauschale von 250 Euro und sie können seit dem 22. April 5 Euro plus Mehrwertsteuer für jeden Botendienst über eine Sonder-PZN abrechnen. Diese Regelung läuft allerdings zum 30. September aus. Doch besteht die Hoffnung, dass die Honorierungsmöglichkeit zunächst verlängert und dann sogar zu einer dauerhaften Regelung wird.

Gut 2,4 Millionen Botendienste pro Monat

Bisher fehlten valide Daten darüber, welche quantitative Bedeutung der Botendienst in Corona-Zeiten bekommen hat. Doch nun hat das Marktforschungsunternehmen IQVIA in der September-Ausgabe seiner Publikation „IQVIA Flashlight“ (81. Ausgabe) Zahlen dazu vorgelegt. Demnach wurden bereits im März 24.657 Botendienste aufgrund von Vereinbarungen mit einzelnen Krankenkassen abgerechnet. Auch im April galten zunächst nur solche Einzelvereinbarungen. Damit ergaben sich nach IQVIA-Angaben über den ganzen Monat 519.854 Botendienste. Der Mai ist der erste volle Monat, in dem die bundesweit einheitliche Regel galt. Im Mai seien 2.408.037 Botendienste abgerechnet worden. In den beiden folgenden Monaten ergaben sich gemäß IQVIA sehr ähnliche Werte: 2.421.496 im Juni und 2.465.584 im Juli. Bis Ende Juli wurden demnach etwa 7,8 Millionen Botendienste der Apotheken honoriert.

Mehr Botendienste für Ältere

Nach Angaben von IQVIA entfielen 30 Prozent dieser Botendienste auf Patienten ab 80 Jahren und weitere 22 Prozent auf Patienten im Alter zwischen 70 und 79 Jahren. Nur 16 Prozent der Botendienste betrafen Patienten im Alter unter 50 Jahren. Botendienste sind demnach überwiegend eine Leistung für Ältere. 77 Prozent der Lieferungen bezogen sich auf Verordnungen von Hausärzten.

Saarland mit den meisten Botendiensten, Hamburg mit den wenigsten

Deutliche Unterschiede stellt IQVIA bei der regionalen Verteilung fest. Spitzenreiter bei der Zahl der abgerechneten Botendienste pro Einwohner ist das Saarland. Dort gab es bis Ende Juli 18.000 honorierte Lieferungen pro 100.000 Einwohner. An letzter Stelle steht Hamburg mit nur 1.600 abgerechneten Lieferungen pro 100.000 Einwohner. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen waren es 7.000 Lieferungen pro 100.000 Einwohner. In Thüringen und Sachsen-Anhalt mit eher geringen Corona-Infektionsraten wurden mehr Lieferungen pro Einwohner abgerechnet als im stärker betroffenen Bayern. Als deutlicher Zusammenhang lässt sich nur erkennen, dass in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg mit Abstand die niedrigsten Werte zu finden sind. Botendienst ist offenbar ein Thema für die Fläche.

Etwa fünf Lieferungen pro Apotheke und Tag

Aus den präsentierten Daten ergeben sich über die IQVIA-Publikation hinaus einige bemerkenswerte Konsequenzen für die Apotheken. Rund 2,4 Millionen Botendienste pro Monat bedeuten bei etwa 19.000 Apotheken, dass eine Durchschnittsapotheke etwa 127 Botendienste pro Monat abrechnet. Das sind knapp fünf Lieferungen pro Arbeitstag. Dies erscheint angesichts der großen Zahl älterer Chroniker unter den Patienten nicht viel. Denn es ging bei vielen Botendiensten nicht um Nachlieferungen, sondern um die Kontaktvermeidung im Rahmen der normalen Versorgung. Demnach sind die Apotheken wohl eher zurückhaltend mit der neuen Honorierungsmöglichkeit umgegangen.

12 Millionen Euro Einnahmen pro Pandemie-Monat

Dennoch kommt dabei offenbar ein erheblicher Betrag zusammen. 2,4 Millionen Botendienste zu je 5 Euro ergeben pro Monat 12 Millionen Euro Einnahmen. Die bisherigen 7,8 Millionen Botendienste haben den Apotheken 39 Millionen Euro Einnahmen eingebracht. Allerdings haben die zusätzlichen Botendienste auch die Kosten gegenüber der Zeit vor der Pandemie erhöht. Denn den geleisteten Botendiensten und den Honoraren stehen erhebliche Kosten gegenüber.

Hochrechnungen auf längere Zeiträume sind problematisch. Denn es ist zu hoffen, dass die Kontaktvermeidung auf absehbare Zeit als Begründung für den Botendienst wegfällt. Wie viele Botendienste dann noch zu honorieren wären, kann aus den bisherigen Daten nicht ermittelt werden. Theoretisch würden sich in zwölf Monaten mit jeweils 2,4 Millionen Botendiensten 144 Millionen Euro Honorar ergeben. Das wäre vergleichbar mit dem Ausschüttungsvolumen des Nacht- und Notdienstfonds. Im Jahr 2019 betrug dies 115,7 Millionen Euro. Nach der Erhöhung des Festzuschlags zum Jahresanfang dürfte der Nacht- und Notdienstfonds etwa 150 Millionen Euro pro Jahr ausschütten. Dieser Vergleich zeigt, wie viel das Botendiensthonorar zur finanziellen Stärkung der Apotheken beitragen kann – auch wenn langfristig hoffentlich weniger Lieferungen nötig werden. Umso wichtiger erscheint damit die Frage, wie diese Honorierung verstetigt werden kann.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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