Telemedizin

Zava launcht App und streicht Fragebogen

Berlin - 25.05.2020, 13:45 Uhr

Die Online-Arztpraxis Zava hat eine eigene App gelauncht, die Patienten Beratungen in zahlreichen medizinischen  Fachrichtungen anbietet. (s / Foto: Zava)

Die Online-Arztpraxis Zava hat eine eigene App gelauncht, die Patienten Beratungen in zahlreichen medizinischen  Fachrichtungen anbietet. (s / Foto: Zava)


Der britische Telemedizin-Anbieter Zava (ehemals DrEd) hat nun auch eine eigene Telemedizin-App auf den Markt gebracht. Mit der Handy-Anwendung schlägt das Unternehmen einen neuen Kurs ein: Patienten sollen nun Online-Sprechstunden bei Ärzten aus zahlreichen Fachrichtungen buchen können, vorher war man auf bestimmte Indikationen spezialisiert. Außerdem will Zava bei Online-Beratungen über die App nicht mehr den umstrittenen Fragebogen einsetzen. So wie der Wettbewerber Teleclinic will auch Zava nun im GKV-Markt angreifen.

Die britische Online-Arztpraxis Zava hat in den vergangenen Monaten für viel Gesprächsstoff im Apothekenmarkt gesorgt: Zunächst wurde eine Kooperation mit dem apothekereigenen Dienstleistungskonzern Noventi bekannt gegeben. Ein paar Wochen später folgte dann die Kooperation mit dem EU-Versender Shop Apotheke. Online-Patienten von Zava haben nun bei einer Arzneimittel-Verordnung drei Möglichkeiten: Entweder sie lassen sie via E-Rezept an eine Apotheke mit Noventi-Software übertragen, das Rezept geht an eine Versandapotheke oder sie lassen es sich als Papierrezept zuschicken.

Bislang liefen die Sprechstunden ausschließlich über die Internetseite des Telemedizin-Anbieters. Die Konkurrenz aus München (Teleclinic) und Schweden (Kry) ist allerdings schon länger per Handy-App unterwegs, Zava musste also nachlegen. Das Konzept ist anders als das auf der Zava-Website: Während auf der Internetseite weiterhin in erster Linie Patienten mit bestimmten Indikationen angesprochen werden (Verhütung, Sexualgesundheit, Männergesundheit etc.), ist die App nun indikationsoffen gestaltet. Patienten können bei Fachärzten aus allen möglichen Fachrichtungen per App Termine buchen und sich dann zur vereinbarten Uhrzeit mit dem Mediziner via Handy verbinden lassen.

Zava-Gründer und CEO David Meinertz erklärte gegenüber DAZ.online zum Neustart der App:


Neu ist, dass wir nun Patienten mit allen möglichen Beschwerden eine Beratung anbieten. Dazu arbeiten wir mit Ärzten aus vielen Fachrichtungen zusammen. Die Patienten sehen das Profil der Ärzte und können sich eine Sprechstunde bei dem jeweiligen Mediziner aussuchen. Der Vorteil für die Mediziner ist, dass sie gut planen können: Sie nennen uns die Zeiten, in denen sie für Video- oder Telefon-Beratungen für Zava zur Verfügung stehen können und halten sich dann bereit. Das Angebot befindet sich noch im Aufbau, noch sind also nicht alle Fachrichtungen bedient, daran arbeiten wir aber.“

David Meinertz, CEO von Zava


Die Sprechstunden sind an Wochentagen jeweils zwischen 7 und 21 Uhr und am Wochenende jeweils zwischen 8 und 20 Uhr verfügbar. Weil Zava noch nicht mit den Krankenkassen abrechnet, orientieren sich die Preise an der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und starten Unternehmensabgaben zufolge bei etwa 20 Euro. Aus Sicht von Firmenchef Meinertz liegt hier auch ein Problem: „Es wäre schön, wenn sich hier an den Rahmenbedingungen noch etwas ändern würde, denn mit 12 Euro pro Sprechstunde wird man nicht sehr viele Ärzte überzeugen können.“

Fragebogen bleibt auf der Webseite – für Folgerezepte 

In der Vergangenheit war das britische Unternehmen für sein Versorgungsmodell immer wieder harsch kritisiert worden. Im Zentrum der Kritik stand immer wieder das Konzept, vor allem Folgerezepte nach Ausfüllen eines Fragebogens zu vergeben. 

Über das Unternehmen

Zava wurde 2010 in London gegründet, ein Jahr später erfolgte der Markteintritt in Deutschland, damals noch unter dem Namen DrEd. Der Standort Großbritannien musste gewählt werden, weil hierzulande damals ausschließlich im Internet stattfindende Arztberatungen verboten waren. Die Politik war zunächst nicht begeistert von dem Geschäftsmodell: Der Bundestag verabschiedete 2012 das Fernverordnungsverbot, nach dem Rezepte nur beliefert werden dürfen, wenn zuvor ein direkter Arzt-Patienten-Kontakt erfolgte. Inzwischen wurde dieses Verbot wieder gekippt. 2013 expandierte Zava nach Irland, 2016 nach Frankreich. Im vergangenen erhielten die Briten eine Geldspritze in Höhe von 28 Millionen Euro von einem Investmentfonds. Eigenen Angaben zufolge hat Zava seit seiner Gründung mehr als vier Millionen Beratungen durchgeführt.

Bei den über die App vereinbarten Sprechstunden will Zava jetzt aber auf diesen Fragebogen verzichten. Auf der Internetseite sollen Patienten aber weiterhin nach Ausfüllen des Fragebogens ein Folgerezept erhalten. Meinertz erklärt: „In unserer App fällt nun auch der Arztkontakt via Fragebogen weg, den wir aber weiterhin über unsere Website anbieten. Die Behandlung per Fragebogen eignet sich insbesondere für Folgerezepte und sehr spezifische, dem Patienten bekannte Beschwerden, wie z. B. Blasenentzündung, Sodbrennen oder Lippenherpes. In der App wollen wir aber direkte Arzt-Patienten-Gespräche ermöglichen.“ Im DAZ.online-Videointerview hatte sich der Firmenchef bereits zu den Vorwürfen gegen sein Unternehmen geäußert.

DAZ.online-Videointerview

DAZ.online-Videointerview mit David Meinertz

„Bei uns kommt man nicht leicht an Rezepte“

Das Münchener Telemedizin-Unternehmen Teleclinic hatte kürzlich darüber informiert, dass Online-Sprechstunden nun auch für GKV-Versicherte abrechenbar sind. Das Unternehmen will bald darüber informieren, wie das GKV-Konzept funktioniert. Meinertz plant, auch Zava jetzt an den GKV-Markt heranzuführen: „Was die Zukunft betrifft, wollen wir unser neues Angebot nun bekannter machen. Natürlich ist auch das Ziel, dass alle unsere Leistungen direkt mit den Krankenkassen abgerechnet werden können und auch möglichst bald GKV-E-Rezepte zur Anwendung kommen.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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