Pharmaziestudierenden-Kolumne

Chancen interprofessioneller Zusammenarbeit

Münster - 27.01.2020, 10:15 Uhr

Mehr Zusammenarbeit: Wenn wir es mit der Patientenorientierung wirklich ernst meinen, müssen wir einen ganzheitlichen und interprofessionellen Ansatz verfolgen, meint Svea Türschmann, Beauftragte für Pressearbeit des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden in Deutschland e. V.. (m / Foto: eyetronic / stock.adobe.com)

Mehr Zusammenarbeit: Wenn wir es mit der Patientenorientierung wirklich ernst meinen, müssen wir einen ganzheitlichen und interprofessionellen Ansatz verfolgen, meint Svea Türschmann, Beauftragte für Pressearbeit des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden in Deutschland e. V.. (m / Foto: eyetronic / stock.adobe.com)


Die Bundesapothekerkammer arbeitet aktuell noch in einem Ausschuss an ihren Ideen, was sich hinter dem Begriff der pharmazeutischen Dienstleistungen verbergen könnte. In der öffentlichen Debatte fällt oft das Wort „Patientenorientierung“. Wenn wir es mit der Patientenorientierung wirklich ernst meinen, müssen wir einen ganzheitlichen und interprofessionellen Ansatz verfolgen, meint Svea Türschmann, Beauftragte für Pressearbeit des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden in Deutschland e. V..

Apotheker sind als Teil des Gesundheitswesens der Gesundheit des / der Einzelnen sowie der Gesamtheit verpflichtet. Bei aktuellen Themen der Gesundheitsversorgung wie Antibiotikaresistenzen, Multimorbidität und lebensstilassoziierten Erkrankungen gelangen die Apotheker alleine aber schnell an ihre Grenzen. Dabei vergessen wir oft, dass es anderen Professionen ähnlich geht.

Aktuell beobachten wir allerdings verhärtete Fronten in der Berufspolitik. Die Diskussion rund um das Thema Impfen in der Apotheke ist hierfür ein Paradebeispiel. Die Apothekerschaft hat sich lange zurückgehalten, dies von der Politik zu fordern, aus Angst, die von den Ärzten gesteckten Kompetenzgrenzen zu überschreiten, obwohl man die positiven Auswirkungen auf die Impfquoten in den Nachbarländern beobachten konnte. Die Maßnahme läge also eigentlich im Interesse der Patienten. Als die Politik die Initiative ergriff und Modellprojekte in Aussicht stellte, haben die Apotheker ihren Mut zusammengenommen und das Vorhaben unterstützt. Kurze Zeit darauf wurde der Ruf aus der Ärzteschaft laut, dass man im Gegenzug dann auch das Dispensierrecht einfordere. Hieran erkennt man, dass solche Diskussionen oft sehr schnell sehr emotional geführt werden, was nicht unbedingt förderlich ist.

Beziehungen verschiedener Gesundheitsfachberufe schon an der Universität verbessern

Dem BPhD ist es daher ein großes Anliegen die Beziehungen zwischen den Studierenden der verschiedenen Gesundheitsfachberufe schon während ihrer Zeit an der Universität zu verbessern. Aktuell gibt es an den meisten Studienstandorten keine oder nur wenige Berührungspunkte der verschiedenen Studien- und Ausbildungsgänge. Gleichzeitig sehen wir, dass in letzter Zeit auch in der Standespolitik die Forderung nach mehr Interprofessionalität im Studium laut wird; auch das IMPP hat sich dies zum erklärten Ziel gemacht. Die Frage ist – genau wie bei den pharmazeutischen Dienstleistungen –, wie man einen solchen abstrakten Begriff nun konkret in der Realität umsetzt.

Eine interprofessionelle Gestaltung des Gegenstandskataloges zum ersten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung (P1) erachten wir nicht als sinnvoll. Das Grundstudium ist naturwissenschaftlich sehr breit aufgestellt, um die Voraussetzungen für das spätere, tiefe Verständnis von Wirkmechanismen, Interaktionen und letztlich dem Medikationsmanagement zu schaffen. Zum Zeitpunkt des ersten Staatsexamens wurden diese pharmazeutischen Kernkompetenzen schlicht noch nicht erlernt. Damit die Zusammenarbeit im Berufsleben aber funktionieren kann, muss Verständnis für und Vertrauen auf die Fähigkeiten des Gegenübers vorhanden sein. Wie sollen Studierende Kompetenzen vertreten, die sie noch nicht erlangt haben? Interprofessionelle Projekte sind also nur zu einem späteren Zeitpunkt im Studium zielführend.

Gemeinsame Vorlesungen reichen nicht 

Gemeinsame Vorlesungen reichen nicht aus, um einen aktiven Austausch zu fördern. Gemeinsame Seminare, in denen beispielsweise Patientenfällen von Medizin- und Pharmaziestudierenden zusammen bearbeitet werden, können hier einen ersten Schritt darstellen. Nun sehen wir uns oft mit dem Argument konfrontiert, dass hierfür der dritte Abschnitt der Pharmazeutischen Ausbildung zuständig ist. Zugegebenermaßen bietet das PJ einen geeigneten Rahmen, um solche Projekte zu realisieren. Daher unterstützen wir gemeinsam mit der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) die Weiterentwicklung sogenannter interprofessioneller Ausbildungsstationen und -praxen (IPSTAs bzw. IPRAs).

Projekt des bvmd soll auf die Pharmaziestudierenden ausgeweitet werden

Das Projekt wurde durch die bvmd initiiert und soll nun auch auf die Pharmaziestudierenden ausgeweitet werden. Die Berufseinsteiger werden dabei durch erfahrene Pflegekräfte und Ärzte bei der Behandlung begleitet; die Apothekerschaft ließe sich hierbei leicht einbinden. Die erfahrenen Kollegen greifen nur bei Gefahr in Verzug ein und geben nach Ende der Behandlung ein Feedback. So beginnen die Professionen gemeinsam den Weg im Berufsleben. Dabei muss das Projekt nicht das ganze PJ ausfüllen, aber es sollte ein regelmäßiger Austausch gewährleistet sein.

Es lohnt sich aber, das gegenseitige Verständnis so früh wie möglich – also auch schon im Studium – zu vermitteln. Denn man ist wahrscheinlich nie wieder so unbelastet durch Vorerfahrungen und frei von Vorurteilen wie zu Studienzeiten. Genau das lässt sich auch in unserem Beispiel vom Anfang beobachten. Die bvmd hat im Sommer ein Positionspapier zum Thema Impfen veröffentlicht, in dem sie anerkennt, dass ein „niederschwelliger Zugang zu Impfungen eine Grundvoraussetzung für das Erhalten hoher Impfraten ist“ und dass „dafür interdisziplinäre Modelle wie der Einbezug von Apotheker/-innen in Betracht gezogen werden“ sollten. 

Mehr zum Thema

Die Medizinstudierenden fühlen sich nicht angegriffen, sondern können die Vorteile für die Patient*innen erkennen und an genau diesen Punkt müssen wir auch in der Berufswelt kommen: Wir dürfen das Patientenwohl und die -sicherheit zu keinem Zeitpunkt aus den Augen verlieren!



Svea Türschmann, Beauftragte für Pressearbeit des BPhD
redaktion@daz.online


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