AMMV-Änderung

BMG will Rezeptpflicht für Desloratadin aufheben

Berlin - 10.12.2019, 16:30 Uhr

Zur nächsten Heuschnupfensaison könnte es ein neues rezeptfreies Antihistaminikum geben. (b/Foto: Jean Kobben / stock.adobe.com) 

Zur nächsten Heuschnupfensaison könnte es ein neues rezeptfreies Antihistaminikum geben. (b/Foto: Jean Kobben / stock.adobe.com) 


Bereits im September hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Voraussetzungen für eine uneingeschränkte Verschreibungspflicht von Desloratadin nicht mehr vorliegen. Anlass der von Hexal gegen das Bundesgesundheitsministerium erhobenen Klage war, dass dieses das Antihistaminikum trotz entsprechender Empfehlung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht nicht aus der Rezeptpflicht entlassen wollte. Nun ist das Ministerium zum OTC-Switch bereit.

Das BMG hat den Entwurf einer 19. Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) vorgelegt. Sie sieht nur eine einzige Neuregelung vor: In der Anlage 1 der AMVV, in der die verschreibungspflichtigen Stoffe aufgeführt sind, wird die Position „Desloratadin“ neu gefasst. Ausgenommen von der Verschreibungspflicht sind demnach „Arzneimittel in der oralen Anwendung zur symptomatischen Behandlung bei allergischer Rhinitis und Urtikaria bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab 2 Jahren, es sei denn, es handelt sich um von der Europäischen Kommission als verschreibungspflichtig zugelassene Arzneimittel“.

Hintergrund dieser Änderung ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. September 2019. Dieses hatte festgestellt, dass die Aufrechterhaltung der Verschreibungspflicht für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin in der besagten Indikation die klagende Zulassungsinhaberin – Hexal – in ihren Rechten verletze.

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Erfolg vor dem Bundesverwaltungsgericht

Hexal klagt erfolgreich auf OTC-Switch für Desloratadin

Der Entscheidung vorausgegangen war ein langjähriger Rechtsstreit, in dem erstmals ein Unternehmen auf einen OTC-Switch geklagt hat – in den ersten beiden Instanzen noch erfolglos. Doch Hexal, das die die Zulassung für zwei – verschreibungspflichtige – Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin hält – ließ sich nicht so schnell entmutigen.

BMG befürchtete „gespaltenen Markt“

Das Unternehmen war und ist der Meinung war, dass der Wirkstoff inzwischen gut erforscht sei. Studien stützten diese Annahme und wiesen ein hohes Sicherheitspotenzial nach. Schon 2013 hatte Hexal die Freistellung für orale Desloratadin-Präparate – nur für Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab zwei Jahren – von der Verschreibungspflicht beantragt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatte den entsprechenden Antrag in den Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht eingebracht. Dieser folgte der Argumentation des Pharmaunternehmens und sprach am 25. Juni 2013 eine entsprechende Empfehlung aus. 

Allein das BMG handelte nicht. Es begründete dies damit, dass auf dem deutschen Markt sowohl Desloratadin-haltige Arzneimittel mit EU-Zulassung als auch solche mit nationalen Zulassungen verfügbar seien. Da für Arzneimittel mit zentralen Zulassungen die Entlassung aus der Verschreibungspflicht nur durch die EU-Kommission erfolgen könne, sei es vor dem Hintergrund einer identischen Risikolage der Arzneimittel der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, dass manche Arzneimittel verschreibungspflichtig sein sollten, andere hingegen nicht. Einen „gespaltenen Markt“ wollte das Ministerium vermeiden. Vom BMG zu einer Stellungnahme aufgefordert, verwies die EU-Kommission im Juli 2014 zwar auf das Recht der Mitgliedstaaten, selbst über Ausnahmen von der Verschreibungspflicht zu entscheiden. Das brachte das BMG dennoch nicht von seiner Haltung ab.

Das Bundesverwaltungsgericht gab nun aber Hexal Recht. Bemerkenswert ist zunächst, dass es Hexal überhaupt das Recht zu einer Feststellungsklage zusprach. Zum Argument des „gespaltenen Markts“ erklärten die Richter, dass die zweigleisige Situation zwar aus wettbewerblicher Sicht misslich sein möge, aber keine Gesundheitsgefahren begründe, die dazu führen könnten, den Status „verschreibungspflichtig“ beizubehalten.

Das BMG hatte unmittelbar nach dem Urteil zunächst erklärt, die schriftliche Begründung abwarten zu wollen, ehe es entscheidet, wie es weiter vorgeht. Mittlerweile liegt diese vor – und Spahn ist zur Tat geschritten. Seinen Entwurf für die Änderungsverordnung hat er nun den Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt.

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.September 2019, Az. : BVerwG 3 C 3.18



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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