Wirtschaft

Erste erfolgreiche Klage auf OTC-Switch

Hexal-Klage in letzter Instanz erfolgreich: Rezeptpflicht für Desloratadin muss fallen

ks | Desloratadin wird es künftig auch rezeptfrei in Apotheken geben. Dafür hat das Bundesverwaltungsgericht den Weg freigemacht. Hinter dem jetzt ge­fallenen Urteil steht ein langer Rechtsstreit: Hexal hatte gegen das Bundesgesundheitsministerium (BMG) geklagt, weil es den vom Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht empfohlenen OTC-Switch nicht ­umsetzen wollte. (Urteil vom 12.09.2019, Az.: BVerwG 3 C 3.18)

Das Verfahren für einen OTC-Switch ist von besonderer Art: Es ist weder gesetzlich noch in einer Verordnung geregelt. Ein Arzneimittel wird dann aus der Verschreibungspflicht entlassen, wenn das Bundesgesundheitsministerium dies mit einer Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung bestimmt – und der Bundesrat dem zustimmt. Voraus geht einer solchen Verordnungsveränderung regelmäßig eine Empfehlung des beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelten Sachverständigenausschusses, die wiederum gemeinhin auf eine Anregung von Herstellern zurückzuführen ist. Doch nicht immer folgt das BMG den Empfehlungen der BfArM-Experten. So auch nicht im Fall von Desloratadin. Obwohl der Sachverständigenausschuss 2013 empfohlen hatte, den Wirkstoff zur symptomatischen oralen Behandlung bei allergischer Rhinitis und Urtikaria bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Das BMG blieb nicht aus medizinischen Gründen untätig – dass es sich um sichere Arzneimittel handelt, bezweifelte keiner. Vielmehr verwies das Ministerium darauf, dass es im deutschen Markt neben national zugelassenen Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Desloratadin auch solche mit zentraler Zulassung gebe. Eine Entlassung aus der Verschreibungspflicht komme erst dann in Betracht, wenn die EU-Kommission dies auch für die zentral zugelassenen Arzneimittel anordne. Hexal ließ das nicht auf sich sitzen und bohrte nach. Und so erbat das BMG bei der EU-Kommission selbst eine Stellungnahme. Diese erklärte daraufhin, sie erkenne das Recht der EU-Mitgliedstaaten an, selbst über die Verschreibungspflicht zu entscheiden. Dennoch hielt das BMG an seiner zuvor getroffenen Entscheidung fest. Aus Gründen der Arzneimittelsicherheit könne es keinen gespaltenen Markt für identische Produkte geben.

Daraufhin erhob Hexal Klage – und betrat damit Neuland: Das Unternehmen wollte festgestellt wissen, dass es einen Anspruch auf Auf­hebung der Verschreibungspflicht hat. In den ersten beiden Instanzen lief es auch nicht gut für das Unternehmen. Erst das Bundesverwaltungsgericht entschied in letzter Instanz im Sinne der Klägerin. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor, aber klar ist: Das BMG wird aktiv werden müssen, die ­generelle Rezeptpflicht ist aus Sicht des Gerichts nicht zulässig.

Bei Hexal hält man sich zum Ausgang des Rechtsstreits bedeckt. Doch man kann sich leicht vorstellen, dass die Stimmung bestens ist und die Vorbereitungen für den OTC-Launch laufen. Bis die ersten Desloratadin-OTC-Präparate in die Apotheken kommen, wird es allerdings noch etwas dauern. Dass das BMG unmittelbar aktiv wird, ist nicht zu erwarten. Ein Sprecher verwies darauf, dass das BMG „die Urteilsbegründung nach Eingang sorgfältig auswerten und ggf. erforderlichen Handlungsbedarf prüfen“ werde. |

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