Gehe-Chef Dr. Peter Schreiner zum Klimaschutz

„Die E-Mobilität ist für den Großhandel noch nicht ausgereift genug“

Berlin - 20.09.2019, 06:59 Uhr

Gehe-Chef Dr. Peter Schreiner erklärt im DAZ.online-Interview, wie viele Kilometer seine Fahrzeugflotte im Jahr in etwa zurücklegt, warum die E-Mobilität noch kein Thema ist und was er von einer Beschränkung der Tourenanzahl hält. (Foto: Gehe)

Gehe-Chef Dr. Peter Schreiner erklärt im DAZ.online-Interview, wie viele Kilometer seine Fahrzeugflotte im Jahr in etwa zurücklegt, warum die E-Mobilität noch kein Thema ist und was er von einer Beschränkung der Tourenanzahl hält. (Foto: Gehe)


Der Verkehr ist in Deutschland für knapp 20 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Arzneimittelversorgung der Menschen hängt aber vom Straßenverkehr ab: Jedes Jahr legen die Großhändler Millionen von Kilometern zurück, damit die Bevölkerung zeitnah mit Arzneimitteln versorgt werden kann. Die Gehe wirbt in einer Image-Kampagne derzeit mit einer hohen Lieferfrequenz. Im Interview mit DAZ.online erklärt Gehe-Chef Dr. Peter Schreiner, warum Großhändler keine E-Mobile nutzen, wie viele Kilometer seine Flotte in etwa zurücklegt und was er von einer Beschränkung der Tourenzahl hält.

DAZ.online: Herr Dr. Schreiner, die wichtigste Aufgabe von Apothekern und Großhändlern ist die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Damit die Menschen in Deutschland zeitnah ihre Arzneimittel erhalten, müssen Großhändler viele Straßenkilometer zurücklegen. Mit Blick auf den Klimaschutz könnte das irgendwann zum Thema werden. Wie oft beliefern Sie die Apotheker denn im Schnitt am Tag?

Dr. Schreiner: Für uns hat oberste Priorität, dass bundesweit alle Patientinnen und Patienten ihre Arzneimittel erhalten, wann und wo sie sie benötigen. Unter dieser Prämisse bevorraten wir Arzneimittel in unseren darauf ausgelegten Niederlassungen und stellen individuell und angemessen sicher, dass alle Apotheken die benötigten Arzneimittel schnellstmöglich und bedarfsgerecht erhalten. Um diesem Anspruch zuverlässig nachzukommen, beliefern wir unsere Apothekenkunden durchschnittlich drei Mal pro Tag.

DAZ.online: Haben Sie eine Übersicht, was das in gefahrenen Straßenkilometern bedeutet?

Dr. Schreiner: Ja, das haben wir. Die Zahl liegt im Jahr im zweistelligen Millionenbereich.

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DAZ.online: Wie viel Prozent der Fahrzeuge in Ihrer Fahrzeugflotte sind denn mit nicht-fossilen Brennstoffen betrieben?

Dr. Schreiner: Wir beobachten die Entwicklung im Bereich der E-Mobilität mit Interesse. Leider ist die Technik noch nicht so ausgereift, dass sie für die speziellen Anforderungen für uns als vollversorgender pharmazeutischer Großhändler geeignet wären, insbesondere mit Blick auf die Reichweite.

Schreiner: Ich sehe Effizienzreserven im System

DAZ.online: Das heißt, dass sich E-Mobile grundsätzlich nicht für den pharmazeutischen Großhandel eignen?

Dr. Schreiner: Zumindest derzeit noch nicht. Denn wir legen für die flächendeckende Arzneimittelversorgung nicht nur weite Strecken zurück, sondern erfüllen darüber hinaus hohe gesetzliche Anforderungen – bspw. durch aktive Kühlung – die energieintensiv sind. Generell beobachten wir die voranschreitende Entwicklung aber genau und sind darüber hinaus auch mit entsprechenden Anbietern in Kontakt.

DAZ.online: Wie ließe sich denn die Anzahl der Touren reduzieren, um die CO2-Ausschüttung einzudämmen? Müssen die Apotheker ihre Bestellungen umstellen oder können Sie logistisch etwas ändern?

Schreiner: Wir haben in Deutschland im internationalen Vergleich eine Besonderheit: Apotheken greifen hierzulande auf ein Sortiment von mehr als 100.000 PZN zurück. Auf der anderen Seite bevorratet die Apotheke durchschnittlich weniger als 5.000 PZN. Das erklärt, weshalb ein Großteil der Arzneimittel über den Großhandel beschafft werden. Dennoch sehe ich auch Effizienzreserven im System. Hierfür bieten wir Apotheken Lösungen wie zum Beispiel „WAWI Extra“ an. Mit Hilfe dessen wird effizienter bestellt, Gehe und Apotheken haben weniger logistischen Aufwand und das Beste: Die Lieferfähigkeit steigt.

DAZ.online: Wie würden Sie es denn finden, wenn die Anzahl der Großhandelstouren aus Klimaschutz-Gründen gesetzlich begrenzt wird?

Dr. Schreiner: Ob Großhandelstouren gesetzlich beschränkt werden sollten, ist eine Frage, die die Politik beantworten muss. Bei Gehe setzen wir auf intelligente Lösungen, die allen Vorteile bringen – auch der Umwelt.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

eMobilität

von Klaus Mellis am 20.09.2019 um 23:45 Uhr

Gerade in städtischen Gebieten mit wenig Streckenkilometern und vielen Haltepunkten ist die eTechnik auch jetzt schon eine Alternative. Ein intelligentes Verteilersystem aus konventionellen Zubringer- und elektrischen Auslieferfahrzeugen könnte bereits heute in den Innenstädten eine Entlastung bringen. Dass so etwas geht, das zeigt z. Bsp. die picnic-Flotte...

Um schnell einen Umstieg zu ermöglichen müssen aber die Infrastruktur verbessert und Anreize im Kostenbereich geschaffen werden. Dann sind Anbieter im Gesundheitswesen sicherlich die besten Multiplikatoren für eine umweltschonendere Klimaschutz-Technologie - neben dem pharmazeutischen Grosshandel sicher auch die Apotheken vor Ort mit ihrem Botendienst.

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Effizienz

von Dr. Arnulf Diesel am 20.09.2019 um 9:05 Uhr

Ja, wenn es zu jedem AM 20 Generika und zig Rabattverträge gibt, bedingt das zwangsläufig mehr Logistik. Da wäre ein guter Ansatz zum Vorteil der Umwelt und der Apotheken.
Allerdings hat ein Verzicht auf GH Lieferungen auch seine Schattenseiten: Es dauert dann halt ein bißchen länger, bis die Medizin in der Apotheke abholbereit ist. Und über die Botenfahrer kann man ja auch mal nachdenken. Vermutlich oft Menschen mit eingeschränkten Sprachkenntnissen, ungelernte oder grob gesagt nicht in qualifizierten Berufen einsetzbare Personen. Diese verdienen ihr Geld durch Arbeit und können durchaus mit Stolz behaupten, für die rasche Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zuständig zu sein.

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