FDA erweitert Zulassung von Migräne-Antikörper

Galcanezumab auch bei episodischem Clusterkopfschmerz

USA / Stuttgart - 13.06.2019, 07:00 Uhr

Emgality ist das erste von der FDA zugelassene Arzneimittel, das die Häufigkeit episodischer Clusterkopfschmerz-Attacken reduziert. (Foto: Tryfonov / stock.adobe,com)

Emgality ist das erste von der FDA zugelassene Arzneimittel, das die Häufigkeit episodischer Clusterkopfschmerz-Attacken reduziert. (Foto: Tryfonov / stock.adobe,com)


Der „Migräne-Antikörper“ Galcanezumab darf künftig auch bei episodischem Clusterkopfschmerz eingesetzt werden. Die FDA hat Anfang Juni 2019 die Indikation des ursprünglich zur Migräneprophylaxe entwickelten CGRP-Antikörpers erweitert. Emgality ermöglicht laut FDA als erstes Arzneimittel, die Häufigkeit episodischer Clusterkopfschmerz-Attacken zu reduzieren. Die Dosierung ist deutlich höher als in der Migräneprophylaxe. Kommt Galcanezumab bei Clusterkopfschmerz auch in Europa? DAZ.online hat bei Lilly nachgefragt.

Galcanezumab darf künftig auch bei episodischem Clusterkopfschmerz eingesetzt werden – zumindest in den USA. Die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA erweiterte am 4. Juni 2019 die Zulassung des CGRP(Calcitonin Gene-Related Peptide)-Antikörpers. Entwickelt ursprünglich zur Migräneprophylaxe, erhielt Emgality® erst jüngst die Zulassung (USA: September 2018; EU: November 2018) zur Prophylaxe der episodischen und chronischen Migräne bei Erwachsenen, die an mindestens vier Kopfschmerztagen pro Monat leiden.

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Nun konnte Lilly, das pharmezeutische Unternehmen hinter Emgality®, die Wirksamkeit von Galcanezumab auch bei Clusterkopfschmerzen belegen.

Galcanezumab reduziert Cluster-Attacken

Die klinische Phase-III-Studie – A Study Of Galcanezumab In Participants With Episodic Cluster Headache – untersuchte Galcanezumab an insgesamt 106 Clusterkopfschmerzpatienten, 57 Patienten erhielten über zwei Monate einmal monatlich subkutan Placebo, sie litten zu Studienbeginn durchschnittlich an 17,3 Cluster-Attacken pro Woche. Die Verumgruppe, 49 Clusterkopfschmerzpatienten, litten zu Studienbeginn an 17,82 Cluster-Attacken pro Woche. Therapiert wurden sie einmal monatlich mit 300 mg Galcanezumab subkutan.

Als primären Endpunkt der Studie definierte Lilly die Änderung der mittleren Anzahl an wöchentlichen Clusterkopfschmerzattacken. Dies wurde bereits nach drei Wochen, sprich nach einer Gabe von Placebo beziehungsweise 300 mg Galcanezumab, überprüft. Placebo reduzierte die Anzahl wöchentlicher Cluster-Attacken um 5,22 Anfälle, die mit Galcanezumab therapierten litten durchschnittlich an 8,69 Attacken weniger in der Woche.

Emgality reduziert Clusterattacken

„Emgality® ist das erste von der FDA zugelassene Medikament, das die Häufigkeit episodischer Clusterkopfschmerz-Attacken reduziert, einem extrem schmerzhaften und oft lähmenden Zustand", erklärt Eric Bastings, stellvertretender Direktor der Abteilung für Neurologie im Bereich Arzneimittelentwicklung und -bewertung bei der FDA. Die FDA trieb die Zulassung von Galcanezumab voran und hatte dem CGRP-Antikörper im Zulassungsverfahren in der Indikation Clusterkopfschmerzen den Status „Priority Review" und „Breakthrough Therapy" gewährt.

Zu den häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen während der Therapiephase zählten Reaktionen an der Injektionsstelle (Galcanezumab: 8,16 Prozent; Placebo: 0 Prozent), Nasopharyngitis (Galcanezumab: 6,12 Prozent; Placebo: 1,75 Prozent) und Rückenschmerzen (Galcanezumab: 0 Prozent; Placebo: 5,26 Prozent).

Clusterkopfschmerz

„Der Clusterkopfschmerz ist klinisch definiert als ein attackenartig auftretender, streng einseitiger, extrem heftiger Kopfschmerz mit retroorbitalem Punctum maximum, der Männer und Frauen im Verhältnis 3:1 betrifft", definiert die aktuelle Leitlinie „Clusterkopfschmerz und trigeminoautonome Kopfschmerzen" die Kopfschmerzform. Obligat bei Clusterkopfschmerzen ist zusätzlich das Auftreten von autonomen Symptomen: Horner-Syndrom [Trias aus: Pupillenverengung (Miosis), Herabhängen des Oberlids (Ptosis) und einem gering in die Augenhöhle eingesunkenen Augapfel (Enophthalmus)], Lakrimation, Rhinorrhoe. Diese Symptome treten gleichzeitig auf und sind auf der gleichen Körperseite des Kopfschmerzes lokalisiert. Zusätzlich können blutunterlaufene Augen und pathologisches Schwitzen oder eine Rötung im Bereich von Stirn oder Gesicht auftreten, auch ein Völlegefühl im Ohr wird beschrieben.

Attacken meist nachts

Clusterkopfschmerzattacken treten bis zu achtmal täglich auf, meist nachts, und dauern zwischen 15 Minten und drei Stunden. Patienten berichten von einer ausgeprägten Bewegungsunruhe (pacing around) während der Attacken, was inzwischen in die diagnostischen Kriterien aufgenommen wurde. Etwa die Hälfte der Patienten leidet zusätzlich zum Clusterkopfschmerz an einem Begleitkopfschmerz, der meist einseitig und stetig ist. Auch migräneartige Symptome wie Aura, Übelkeit, Phono- und Photophobie können vorkommen.

Episodischer Clusterkopfschmerz

Clusterkopfschmerzen treten bei 80 Prozent der Patienten episodisch auf. Das bedeutet, dass symptomatische Episoden (bout) von wenigen Wochen bis Monaten von symptomfreien Zeitspannen von Monaten bis Jahren unterbrochen werden. Dauert die Clusterperiode ohne spontane Remission über ein Jahr oder sind die Remissionsphasen kürzer als ein Monat, sprechen die Experten von chronischem Clusterkopfschmerz.

Clusterkopfschmerzen scheinen einem biologischen Rhythmus zu folgen. Meist kommen die Attacken zur gleichen Stunde im Tagesverlauf, gehäuft ein bis zwei Stunden nach dem Einschlafen, oder bei über 50 Prozent der Patienten in den frühen Morgenstunden. Dass eine biologische Rhythmusstörung vorliegt, zeigt sich nach Ansicht der Experten auch in der gehäuften Frequenz von Clusterepisoden im Frühjahr und Herbst sowie Störungen der zirkadianen Ausschüttung vieler Hormone.

300 mg Galcanezumab bei Start der Clusterepisode

Galcanezumab wird in der Migräneprophylaxe anders dosiert als bei Clusterkopfschmerz. Die Migräneprophylaxe startet mit einer Loading-Dose von 240 mg Galcanezumab (zwei Injektionen à 120 mg Galcanezumab), in der weiteren Behandlung erhalten die Migräniker nur noch eine Injektion monatlich mit 120 mg Wirkstoff. Die Injektionen können Patienten in Eigenregie durchführen, das Device bei Emgality ist in Deutschland ein Fertigpen.

„Die empfohlene Dosis für episodischen Clusterkopfschmerz ist 300 mg. Die Darreichung erfolgt über drei vorgefüllte Fertigspritzen à 100 mg am selben Tag, wenn die Cluster Episode beginnt", erklärt Lilly. Und weiter: „Danach erfolgt die Gabe in derselben Dosierung monatlich. In den USA ist eine Behandlung vorgesehen, solange bis die Cluster-Episode zu Ende ist", so Lilly.

300 mg Galcanezumab bei Start der Cluster-Episode

Galcanezumab ist der einzige Antikörper im CGRP-System, der zusätzlich bei Clusterkopfschmerzen eingesetzt werden darf. Allerdings gilt dies aktuell nur für die Vereinigten Staaten. Wie sieht es in Europa aus? DAZ.online hat mit Lilly gesprochen. Laut dem Emgality-Hersteller ist auch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA bereits mit der Zulassungserweiterung von Galcanezumab betraut.

„Die Zulassung für episodischen Clusterkopfschmerz ist auch bei der EMA bereits eingereicht. Wir rechnen Anfang nächsten Jahres mit der Entscheidung", erklärt eine Sprecherin von Lilly auf Nachfrage von DAZ.online.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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