Valeramid und N,N-Dimethylvaleramid

Forscher identifizieren neue Sartan-Verunreinigungen

Berlin - 05.06.2019, 12:30 Uhr

Jeder Pharmaziestudent weiß: Welche Substanzen in einer Probe zu finden sind, hängt von der Methode ab. Pharmazeutische Forscher entdecken in sartanhaltigen Arzneimitteln neue Verunreinigungen, bei denen es sich nicht um Nitrosamine handelt. ( r / Foto: imago images / Westend 61)

Jeder Pharmaziestudent weiß: Welche Substanzen in einer Probe zu finden sind, hängt von der Methode ab. Pharmazeutische Forscher entdecken in sartanhaltigen Arzneimitteln neue Verunreinigungen, bei denen es sich nicht um Nitrosamine handelt. ( r / Foto: imago images / Westend 61)


Bei der Sartananalytik genügt es offenbar nicht, sich auf die Nitrosamine zu fokussieren. Die Wissenschaftler Professor Fritz Sörgel und Professor Ulrike Holzgrabe haben zwei neue Sartan-Verunreinigungen entdeckt: Valeramid und N,N-Dimethylvaleramid. Außerdem fanden die Forscher das Nitrosamin NDEA nun auch in einem Candesartan-Generikum. Damit wurden bei allen vier Sartanen mit Tetrazolring Nitrosamine gefunden. Als Konsequenz fordern die Pharmazeuten bei der Überprüfung des Arzneimittelherstellungsprozesses den Fokus auch auf unerwartete Nebenprodukte zu legen.

Fast ein Jahr ist es schon her, seit das Nitrosamin NDMA erstmals in valsartanhaltigen Arzneimitteln entdeckt wurde. Bis heute sind die Folgen der Valsartan-Krise zu spüren: Anhaltende Lieferprobleme, verunsicherte Patienten aber auch neue Regelungen im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV).

Außerdem haben die Arzneimittelbehörden EMA und FDA den Herstellern von sartanhaltigen Arzneimitteln auferlegt, binnen zwei Jahren sicherzustellen, dass beim Herstellungsprozess keine Nitrosamine wie etwa NDMA oder NDEA entstehen.

„Sich auf Nitrosamine zu konzentrieren reicht nicht“

Diese Behördenmaßnahmen gehen zwar in die richtige Richtung, doch es reicht nicht, sich analytisch auf Nitrosamine zu konzentrieren, finden die Pharmazeuten Professor Fritz Sörgel (Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung, Nürnberg) und Professor Ulrike Holzgrabe (Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie, Universität Würzburg). Die Forschungsteams der beiden Wissenschaftler haben in Zusammenarbeit mit dem Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker neue Verunreinigungen in sartanhaltigen Arzneimitteln gefunden, bei denen es sich nicht um Nitrosamine handelt, sondern um Valeramid (VLA) und N,N-Dimethylvaleramid (VLA-DIM). Konkret wurde VLA in acht Valsartan-Arzneimitteln, in drei Losartanpräparaten sowie in einem Irbesartanprodukt gefunden. Des Weiteren enthielten sieben Valsartanpräparate die Verunreinigung VLA-DIM.

Auch die neuen Verunreinigungen „gehören nicht in eine Tablette“

„Zwar ist nach aktueller Datenlage für diese beiden Stoffe nicht von schwerwiegenden Nebenwirkungen auszugehen, in eine Tablette gehören sie trotzdem nicht“, erklären Sörgel und Holzgrabe in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Die Forscher hatten die neu identifizierten Verunreinigungen mittels einer speziellen hochauflösender Massenspektroskopie gefunden, die es erlaubt ein „Untargeted Screening“, also eine Suche nach nicht zu erwarteten Substanzen durchzuführen. Das Auffinden weiterer Verunreinigungen weist aus Sicht der Forscher möglicherweise noch auf viel größere Probleme in der Herstellung von Arzneistoffen hin.

Außerdem fanden die Forschungsteams von Sörgl und Holzgrabe mit ihrer empfindlichen Methode geringe Mengen des Nitrosamins NDEA in einem Candesartan-Generikum. Damit sind nun für alle vier Sartane mit Tetrazolring, also Valsartan, Candesartan, Losartan und Irbesartan Nitrosamin-Verunreinigen beschrieben.

Auch nach unbekannten Verunreinigungen suchen

Für die Wissenschaftler steht fest: Der Arzneimittelherstellungsprozess muss generell einer strengeren und vor allem viel breiter angelegten Überprüfung unterzogen werden, denn es ist höchst unwahrscheinlich, dass nur Sartane von Verunreinigungen betroffen sind. Dies zeige auch, dass vor kurzem in dem Antidiabetikum Pioglitazon NDMA gefunden wurde. „Unser Focus gilt in Zukunft der Suche nach unerwarteten Stoffen in Arzneistoffen mithilfe der modernen Technologie der hochauflösenden Massenspektroskopie“, erklären die Wissenschaftler.

Die aktuellen Forschungsergebnisse sowie das zugrunde liegende „untargeted screening“ Verfahren wurden vor kurzem in zwei Publikationen im Journal of Pharmaceutical and Biomedical Analysis veröffentlicht.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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6 Kommentare

Candesartan

von Hantel am 13.01.2020 um 17:23 Uhr

Ich habe heute Candesartsn verschrieben bekommen. Woher nehme ich die Sicherheit, dass diese Charge, Marke, nicht verunreinigt ist? Direkt beim Hersteller?

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Candesartan Generikum

von Peter am 30.06.2019 um 8:14 Uhr

Ist denn bekannt, welches Candesartan Generikum betroffen ist und welche Konsequenzen der Fund hat (Rücknahme der Charge, etc.)?

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Gleich ist nicht gleich

von Niclas am 09.06.2019 um 10:30 Uhr

Patienten wussten es schon immer. Ein wirkstoffgleiches Medikament ist nicht einfach austauschbar, wie es die GKV mit ihren Rabattvertraegen gerne haette. Wurde ein Arzneimittel gut vertragen - das wirkstoffgleiche Austauschmittel aber nicht - sind sehr häufig Billig Synthese, Verunreinigungen und Zusatzstoffe verantwortlich. Die Erkenntnis sollte auch bei den Sozialgerichten ankommen.

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AW: Naja, hier waren sie gleicher

von woewe am 11.06.2019 um 15:35 Uhr

Gleicher in dem Sinne, dass bis auf 2 Ausnahmen alle Generika-Herste^H Vertreiber die verunreinigten Grundstoffe aus nur einer Quelle bezogen und damit ein Wechsel zu einem anderen "Hersteller" nahezu komplett entfiel. Ja, Unterschiede bestehen weiter, zB bei der Dragee-Ummantelung etc.

Verunreinigungen Sartane

von Martin Heineke am 06.06.2019 um 10:31 Uhr

Was man so alles mit speziellen hochauflösenden Massenspektrometern so findet. Wer weiß, wo das alles hinführt ? Wer nicht krank ist, wurde noch nicht gut genug untersucht!

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„Die Firma vertrage ich nicht. Davon bekomme ich Durchfall und Herzrasen.“

von Allergie/Unverträglichkeit bei Rabattarzneimitteln am 05.06.2019 um 13:31 Uhr

Dann ist es ja nur noch ein kleiner Schritt zur Beantwortung der Frage:

Warum lehnen einige Patienten den Austausch des verordneten Arzneimittels auf ein Rabattarzneimittel der GKV ab?

Die Zusammenfassung „gleicher“ Arzneimittel in eine ‚aut-idem‘-Gruppe vernachlässigt die Zusammensetzung hinsichtlich der Synthese-Verunreinigungen.


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