Stationsapotheker

UK: E-Verordnungen in Kliniken führen zu mehr Medikationsfehlern

Remagen - 04.04.2019, 09:00 Uhr

In England wurden die Verordnungen und das Medikationsmanagement in den Krankenhäusern digitalisiert. Eine Studie zeigt nun: Das hat nicht nur Vorteile mit sich gebracht. (Foto: Imago)

In England wurden die Verordnungen und das Medikationsmanagement in den Krankenhäusern digitalisiert. Eine Studie zeigt nun: Das hat nicht nur Vorteile mit sich gebracht. (Foto: Imago)


Apotheker als Troubleshooter

In den Interviews traten folgende Hauptaspekte zutage: Die Medikationsscreenings wurden nachher als effektiver und effizienter beurteilt. Die täglichen Arbeiten dauerten länger, weil man Zugriff auf mehr Daten hat. Die Apotheker kommunizierten mehr mit anderen Gesundheitsberufen, aber weniger face to face, und die Diskussionen mit den Kollegen in der Versorgung und mit den Patienten waren mehr auf die Lösung von Problemen ausgerichtet. Die Autoren der Studie vermuten, dass die Apotheker unter dem PA-System eine veränderte Rolle einnehmen. Sie erfüllen zwar weiterhin ihre Kernaufgaben, werden aber offenbar mehr und mehr zum Ansprechpartner und „troubleshooter“ für technische Rückfragen zu dem System. „Ich bekomme definitiv mehr Anfragen von Krankenschwestern, was irgendwas in dem System bedeutet oder ob ich ihnen helfen kann, etwas zu finden, “ sagt ein junger Apotheker. „Manchmal haben sie etwas falsch eingegeben und wollen dann wissen, wie sie es rückgängig machen können.“

Bedienfehler und Intransparenz

Zwar betonten die Stationsapotheker in den Interviews mehrere wertvolle Sicherheitsaspekte durch ePA, wie etwa die Klarheit und Vollständigkeit der Verschreibung, inklusive der Details zur Medikamentenbestellung, aber viele glaubten auch, dass ePA die Häufigkeit von Medikationsfehlern erhöht hat und zwar sowohl geringfügiger als auch schwerer. Nach den Interviews könnte dies unter anderem daran liegen, dass das ePA zu anfällig für Bedienfehler ist und dass Fehler im Vergleich zu einer Printversion weniger sichtbar werden. Diese Situation könnte durch eine verbesserte Anwenderschulung und durch ein System-Redesign verbessert werden, meinen die Studienautoren. 

Nicht mehr jeden Tag am Krankenbett

Und noch eine andere nicht beabsichtigte Konsequenz aus dem elektronischen System, nämlich der geringere Zeitaufwand für den persönlichen Umgang mit den Patienten, wird in den Interviews kommentiert. „Ich bin überzeugt, dass das ePA-System die Zeit für die Patienten auf bedeutsame Aspekte reduziert,“ schildert ein Stationsapotheker. „Vorher haben wir jeden Patienten täglich am Krankenbett gesehen, jetzt nicht mehr.“



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Ab 2022 werden Stationsapotheker in Niedersächsischen Krankenhäusern zur Pflicht

Der Countdown läuft ...

Medikationsanalysen: Blick auf den Umfang der Zielgruppe

Um wie viele Patienten geht es?

Klinische Pharmazie an der Uniklinik Leipzig

Drei Apotheker ständig auf Station

Wie sieht die Zukunft der Krankenhausapotheker aus? – Bericht vom ADKA-Kongress in Würzburg

Krankenhauspharmazie 4.0

Problematische Entlassrezepte in der Offizin – muss das sein?

Immer wieder freitags

Polymedikation und Patientensicherheit

Da gibt es Verbesserungspotenzial

Bundesapothekerkammer und Klinikapotheker planen Weiterbildungskonzept

Rückenwind für Stationsapotheker

Welchen Platz können professionell Pflegende im Medikationsprozess zukünftig einnehmen?

Die Arzneimittel­therapiesicherheit von allen Seiten verbessern

1 Kommentar

2019: DAZ versteht "evidenz-basiert" weiterhin nicht

von Philip Prech am 04.04.2019 um 20:44 Uhr

Hier wird in der Überschrift "E-Verordnungen in Kliniken führen zu mehr Medikationsfehlern" eine Tatsache suggeriert, die so aus dem Artikel überhaupt nicht abzuleiten ist. Eine kleine Anzahl interviewter Apotheker glaubt oder hat das Gefühl, dass nach der Einführung der elektronischen Verschreibung/Patientenakte mehr Medikationsfehler passieren. Zahlen, Daten, Fakten dazu gibt es nicht, es wurden schlicht in der Studie keine erhoben. Auch andere angebliche Ergebnisse, wie weniger Zeit für persönlichen Umgang mit Patienten, halten einer genaueren Betrachtung nicht Stand. Aus den key findings der Studie zitiert: no change in the overall time spent at patient's bedside.
Aber wenigstens produziert die DAZ Balsam für die Seele des von ComputerInternetElelktronischerVerordnungOnlineVersandhandel bedrohten Analog-Apothekers. Auf Fakten kommt es dabei wohl weniger an.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.