Arzthaftung

Bundesgerichtshof: Das Leben ist kein Schaden

Berlin - 02.04.2019, 16:30 Uhr

Der Bundesgerichtshof hatte sich heute mit einer ethisch heiklen Frage zu befassen – und kam zu einem klaren Ergebnis. (m / Foto: H. Feldwisch)

Der Bundesgerichtshof hatte sich heute mit einer ethisch heiklen Frage zu befassen – und kam zu einem klaren Ergebnis. (m / Foto: H. Feldwisch)


Das menschliche Leben ist unbedingt erhaltungswürdig

Der unter anderem für das Arzthaftungsrecht zuständige VI. Zivilsenat hat nun das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zu.
Noch liegen die schriftichen Urteilsgründe nicht vor, doch in der Pressemitteilung des Gerichts heißt es, es könne dahinstehen, ob der Arzt Pflichten verletzt habe. Es fehle jedenfalls an einem immateriellen Schaden. Das menschliche Leben sei ein höchstrangiges Rechtsgut und absolut erhaltungswürdig. „Das Urteil über seinen Wert steht keinem Dritten zu“, so das Gericht. Deshalb verbiete es sich, das Leben – auch ein leidensbehaftetes Weiterleben – als Schaden anzusehen. Selbst wenn ein Patient selbst sein Leben für lebensunwert halten mag: Die Verfassungsordnung aller staatlichen Gewalt einschließlich der Rechtsprechung verbiete ein solches Urteil über das Leben des betroffenen Patienten mit der Schlussfolgerung, dieses Leben sei ein Schaden.

Auch einen Anspruch auf Ersatz der Behandlungs- und Pflegeaufwendungen, die durch das Weiterleben bedingt waren, verneinten die Richter. Schutzzweck etwaiger Aufklärungs- und Behandlungspflichten im Zusammenhang mit lebenserhaltenden Maßnahmen sei es nicht, wirtschaftliche Belastungen, die mit dem Weiterleben und den dem Leben anhaftenden krankheitsbedingten Leiden verbunden sind, zu verhindern. Die Pflichten dienten insbesondere nicht dazu, den Erben das Vermögen des Patienten möglichst ungeschmälert zu erhalten.

BÄK-Chef Montgomery: Eine wichtige und richtige Klarstellung

Bundesärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery begrüßte das Urteil. Die Klarstellung, dass die Erhaltung menschlichen Lebens keinen Schaden darstelle, „ist für uns als Ärzte wichtig und sie ist auch richtig“. Es gebe kein lebensunwertes Leben, das als Schaden qualifiziert werden könne, sondern nur die individuelle Entscheidung von Patienten, beziehungsweise ihres Vertreters, bestimmte lebensverlängernde Maßnahmen abzulehnen. 



Kirsten Sucker-Sket / dpa
redaktion@daz.online


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