Alarmierende Infektionsforschung

Forscher „kartieren“ antibiotikaresistente Bakterien in Europa

Remagen - 08.03.2019, 11:30 Uhr

Antibiotika-Resistenzen sind einer neuen Studie zufolge zwar ein europaweites Problem, Präventions- und Kontrollstrategien müssten aber auf jedes Land einzeln zugeschnitten werden. (m / Foto: jarun011 / stock.adobe.com)

Antibiotika-Resistenzen sind einer neuen Studie zufolge zwar ein europaweites Problem, Präventions- und Kontrollstrategien müssten aber auf jedes Land einzeln zugeschnitten werden. (m / Foto: jarun011 / stock.adobe.com)


Belastung wie durch Grippe, Tuberkulose und HIV zusammen

Nach den EARS-Net-Daten sollen 2015 über den Jahreszeitraum 671.689 Fälle mit den ausgewählten antibiotikaresistenten Bakterien aufgetreten sein. Auf diese entfielen 33.110 Todesfälle und 874.541 DALY. Die Schätzungen entsprechen einer Inzidenz von 131 Infektionen und einer assoziierten Mortalität von 6,44 Todesfällen bzw. 170 DALY, jeweils pro 100 000 Einwohner. Dieses Ausmaß entspricht etwa der Belastung durch die drei bedeutenden Infektionskrankheiten Grippe, Tuberkulose und HIV zusammen (183 DALY/100.000 Einwohner). Die Gesamtbelastung war bei Säuglingen bis ein Jahr am höchsten (etwa 1900 DALY/100.000), gefolgt von Personen im Alter ab 65 Jahren (etwa 600 DALY/100.000). 

Zwei Drittel aller DALY entfallen auf vier Erreger

67,9 Prozent aller DALY wurden durch Infektionen mit vier antibiotikaresistenten Bakterien verursacht, die nach der Studie den größten Effekt auf die Gesundheit haben: gegen Cephalosporine der 3. Generation resistente E. coli, multiresistente Staphylococcus aureus (MRSA), carbapenemresistente P. aeruginosa und gegen Cephalosporine der 3. Generation resistente K. Pneumoniae. Auf Infektionen mit colistinresistenten oder carbapenemresistenten Bakterien entfielen insgesamt 38,7 Prozent der gesamten DALY pro 100.000 Einwohner.

Belastung hat sich insgesamt erhöht

Zwischen 2007 und 2015 hat sich die Belastung für alle antibiotikaresistenten Bakterien erhöht. Der Anteil der DALY durch carbapenemresistente K. Pneumoniae und carbapenemresistente E. coli hat sich in diesem Zeitraum von 4,3 auf knapp 8,8 Prozent verdoppelt. Zwar ist der bevölkerungsgewichtete Anteil der gemeldeten MRSA unter den S. Aureus-Isolaten in dieser Zeit von 26,6 auf 16,8 Prozent zurückgegangen, aber die geschätzte Inzidenz von MRSA-Infektionen hat trotzdem um den Faktor 1,28 zugenommen. Dies führen die Autoren vor allem auf die höhere Betroffenheit von älteren Menschen und Säuglingen zurück. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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