Arzneimittel und Therapie

Mehr Antibiotika-Resistenzen in Deutschland und Europa

Interdisziplinäres Handeln ist dringend notwendig

cb | Antibiotika-Resistenzen sind ein großes und zunehmendes Problem, nicht nur in Europa. Das Spektrum der resistenten Erreger unterscheidet sich jedoch in den verschiedenen Regionen stark, erläuterte Tim Eckmanns vom Robert Koch-Institut auf einem Symposium der Paul-Martini-Stiftung in Berlin.

So ist beispielsweise das Resistenzniveau in vielen Entwicklungsländern wesentlich höher als in den meisten Industrienationen. Die Gründe dafür seien dort vor allem in kaum vorhandener Diagnostik und ungerichtetem Antibiotika-Einsatz zu suchen. Für Europa erhebt das European Antimicrobial Resistance Surveillance Network (EARS-Net) des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) seit 1998 Resistenz-Daten klinisch bedeutsamer Erreger aus Blutkulturen. Ende der 1990er Jahre registrierte EARS-Net vor allem Methacillin-resistente Stämme von Staphylococcus aureus (MRSA) sowie die Vancomycin-Resistenz von Enterococcus faecium (VRE). In vielen Ländern Europas hat sich die Situation hinsichtlich MRSA und VRE inzwischen entspannt: So sank der MRSA-Anteil bei S. aureus in Deutschland in den letzten vier Jahren signifikant auf 15%. Der Anteil von VTE stieg allerdings signifikant an und lag 2012 bei 16%, womit Deutschland an vierter Stelle in Europa steht.

Bei den gramnegativen Keimen wurde in diesem Zeitraum eine Zunahme der Resistenzen gegen verschiedene Substanzen verzeichnet. In mehr als einem Drittel der berichtenden Länder stiegen bei Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae die Mehrfach-Resistenzen gegenüber Cephalosporinen der 3. Generation kontinuierlich an, ebenso bei Fluorochinolonen und Aminoglykosiden.

Bei den Carbapenemen liegt in Deutschland der Anteil resistenter K. pneumoniae noch unter einem Prozent. Als katastrophal bezeichnete Eckmanns jedoch die Situation in Südeuropa: In Griechenland lag dieser Anteil 2013 bei 60%, in Italien bei 34%. Bei Pseudomonas aeruginosa liegt die Mehrfach-Resistenz gegenüber drei von fünf Substanzen bzw. –klassen (Piperacillin, Ceftazidin, Fluorochinolone, Carbapeneme und Aminoglykoside) europaweit bei 15%, in Deutschland bei 8%. Da die Entwicklung und Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen ein multifaktorielles Geschehen darstellt, ist bei der Bekämpfung interdisziplinäres Handeln gefragt. Unterschiede zwischen ambulanter und stationärer Versorgung, Hygienemaßnahmen, Diagnostik und Surveillance sowie auch der Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung und das Reiseverhalten zählen zu den wichtigsten Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. 

Quelle

Eckmanns T, Noll I. Resistenzsituation in Europa und Deutschland – wie groß sind die Probleme? Drug Res (2014) 64(Suppl 1):53-54

 

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