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Gendermarketing
„Extra für Frauen“ – medizinisch sinnvoll oder reines Marketing?
Kanada: Rosa Abführmittel für Frauen
Auch in den USA und Großbritnnien versuchen die Hersteller, die Analgetika mit dem Claims „period oder menstrual pain“ an die Frau zu bringen: Nurofen Period Pain und Advil Menstrual Pain enthalten Ibuprofen, Paracetamol ist in Panadol Period Pain enthalten. Bayer verkauft Ibuprofen und Naproxen unter dem Label Feminax gegen Regelschmerzen. Und auch die großen Drogerieketten wie CVS haben entsprechende Präparate unter ihren Eigenmarken.
In Australien ist es Reckitt Benckiser übrigens vor einigen Jahren untersagt worden, wirkstoffgleiche Nurofen-Präparate für verschiedene Indikationen zu bewerben. Das erwecke beim Kunden den Eindruck, dass die Präparate unterschiedlich wirkten, obwohl es sich nur um denselben Wirkstoff in anderer Verpackung handelt, hieß es. Das Unternehmen war zu einer Strafe zu 1,7 Millionen australischen Dollar verurteilt worden, das entspricht knapp 900.000 Euro. Der australischen Verbraucherschutz- und Wettbewerbsbehörde ACCC (Australian Competition and Consumer Commission) war das allerdings zu wenig. Sie hatte die Höchststrafe von 6 Millionen australischen Dollar gefordert. Das Sortiment ist auf jeden Fall übersichtlicher geworden. Zuvor hatte die Firma mehrere Varianten Nurofen® angeboten: gegen Rückenschmerzen, gegen Regelschmerzen, gegen Migräne und gegen Spannungskopfschmerz. Heute gibt es nur noch „Cold and Flu“ und beim Rest wird nur noch hinsichtlich der Darreichungsform unterschieden.
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Der kleine Unterschied
Was es in Deutschland tatsächlich bislang nicht gibt, sind speziell für Frauen beworbene Abführmittel. Anders ist das beispielsweise in Kanada. Dulcolax for Women ist hier zu haben: In pinker Packung soll es im Gegensatz zur herkömmlichen wirkstoffgleichen Variante, deren Wirkung „predictable“ (planbar) ist, „dependable“, also zuverlässig wirken. Die „pink tax“ schlägt hier voll zu – allerdings nicht auf den ersten Blick. Denn der Endpreis ist gleich, man bekommt dafür aber fünf Tabletten weniger.
Bei Arzneimitteln wären Unterschiede manchmal sogar wünschenswert
Im Konsumgüterbereich ist zu beobachten, dass das Gendermarketing eher zunimmt. So gibt es heute kaum mehr Spielzeug, das nicht entweder blau oder rosa ist und auch bei Überraschungseiern gibt es zwei Varianten. Die Drogeriekette dm präsentiert ihre Männerkosmetik seit neuestem in schwarzen Regeln. Ein Autor der Süddeutschen Zeitung kommentierte dazu: „Wollte man die Geschlechtertrennung nicht mal abschaffen? Bei dm wird sie jetzt wieder eingeführt.“ Im Arzneimittelbereich wären mehr Unterschiede, zwischen Männer- und Frauenmedizin in gewissen Punkten sicher wünschenswert – allerdings solche, die über Verpackung und Claim hinausgehen. So weiß man heute, dass es tatsächlich geschlechtsspezifische Unterschiede zum Beispiel beim Metabolismus oder bei den Nebenwirkungen gibt. Das umzusetzen, ist dann allerdings keine Aufgabe fürs Marketing.
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