Wegen Resistenzen

EMA bewertet Nutzen und Risiko von Fosfomycin neu

Stuttgart - 17.12.2018, 16:15 Uhr

Die EMA bewertet das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Fosfomycin neu. (j/Foto: Zambon)

Die EMA bewertet das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Fosfomycin neu. (j/Foto: Zambon)


Verschärfen sich Resistenzen gegen Fosfomycin? Das BfArM hat zumindest Sorge: Die Bundesoberbehörde hat bei der EMA eine neue Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Antibiotikums beantragt. Nun untersucht der dortige CHMP die Resistenzsituation bei oralen und parenteralen fosfomycinhaltigen Arzneimitteln.

Fosfomycin stellt hinsichtlich seines Wirkmechanismus unter den antiinfektiven Arzneimitteln einen Exoten dar. Sein spezifischer Wirkansatz wird nicht zuletzt dafür verantwortlich gemacht, dass die Resistenzentwicklung gegen Fosfomycin bislang als gering eingestuft wurde. Allerdings trüben auch bereits hier einige Daten das bislang diesbezüglich als günstig bewertete Profil des Antibiotikums. So äußerten in einer im Mai im JAMA veröffentlichten klinischen Studie die Autoren Zweifel, ob die Einmalgabe von 3000 mg Fosfomycin tatsächlich sinnvoll ist. Sie beschrieben in der Untersuchung unter anderem, dass der zunehmende Einsatz von einmalig 3000 mg Fosfomycin oral die Resistenzlage gegen das Antibiotikum verschärft. So erhöhte sich zwischen 1997 und 2009 das Nichtansprechen auf Fosfomycin in Spanien von 4 Prozent auf 11 Prozent, der Einsatz von Fosfomycin wuchs in diesem Zeitraum um 340 Prozent.

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Innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten wird Fosfomycin recht unterschiedlich eingesetzt. In Deutschland gibt es zur oralen Therapie beispielsweise Monuril® beziehungsweise Generika als Einzelgabe mit 3000 mg Fosfomycin für eine Einmaltherapie unkomplizierter Harnwegsinfektionen bei Frauen. Als parenterale Darreichungsform kommt Fosfomycin vor allem bei schweren Infektionen zum Einsatz, insbesondere als wertvolle Alternative zu Penicillinen und Cephalosporinen, sei es aufgrund von Unverträglichkeiten oder wenn die Wirksamkeit dieser Betalactame wegen der Lokalisation der Infektion nicht ausreicht. Fosfomycin ist knochengängig und wird beispielsweise bei einer Streptokokkenosteomyelitis eingesetzt. Außerdem dient Fosfomycin auch als Kombinationspartner bei multiresistenten Keimen (beispielsweise Pseudomonas: Kombination mit Meropenem oder Levofloxacin).

Fosfomycinhaltige Arzneimittel zur Injektion in den Muskel sind in einzelnen EU-Mitgliedsstaaten zur Behandlung oder Vorbeugung verschiedener Infektionen einschließlich Infektionen der Harnwegs- und Fortpflanzungsorgane zugelassen.

Resistenzen geben Grund zur Sorge

Bedenken hegt offenbar auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Die Bundesoberbehörde hat nun die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA aufgefordert, Fosfomycin im Hinblick auf zunehmende Resistenzen neu zu bewerten. Am 14. Dezember 2018 hat die EMA das Risikobewertungsverfahren gestartet: „Im Einzelnen werden die Indikationen und Dosierungen von fosfomycinhaltigen Arzneimitteln sowie die sicherheitsrelevanten Informationen und die pharmakologischen Eigenschaften im Hinblick auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand neu bewertet“, schreibt das BfArM auf seiner Homepage.

Wie wirkt Fosfomycin?

Fosfomycin greift in die bakterielle Zellwandsynthese ein. Die Bakterienzellwand besteht vornehmlich aus N-Acetylglukosamin und N-Acetylmuraminsäure, wobei N-Acetylmuraminsäure aus N-Acetylglukosamin und Phosphoenolpyruvat entsteht. Als Strukturanalogon zu Phosphoenolpyruvat blockiert Fosfomycin das synthetisierende Enzym Phospoenolpyruvat-Transferase und verhindert so eine stabile Zellwandsynthese. Der Wirkstoff zeigt eine zeitabhängige Bakterizidie, sprich die Wirksamkeit hängt vor allem davon ab, wie lange Fosfomycin-Spiegel oberhalb der minimalen Hemmkonzentration des Erregers liegen. Resistenzen können plasmidkodiert auf der Metabolisierung von Fosfomycin beruhen oder auf der Hemmung der aktiven Aufnahme des Antibiotikums in die Bakterienzelle. Kreuzresistenzen sind laut Fachinformation nicht bekannt. Die empfohlene Dosierung bei unkomplizierter Zystitis von Frauen ab einem Alter von zwölf Jahren liegt bei einmalig 3000 mg Fosfomycin-Trometamol. Durch Trometamol verbessert sich die orale Bioverfügbarkeit von Fosfomycin.

Das Prozedere

Zuständig für die Neuevalution von Fosfomycin ist der Humanarzneimittelausschuss CHMP bei der EMA. Nachdem dieser Stellung bezogen hat, wird dessen Empfehlung der Europäischen Kommission vorgelegt. Diese entscheidet abschließend und rechtsverbindlich, ob die Zulassungen fosfomycinhalteiger Arzneimittel in der EU angepasst werden müssen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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