Antrag im Bundesrat

ABDA fürchtet Aufweichung des Fremdbesitzverbots

Berlin - 05.04.2018, 16:20 Uhr

Die ABDA will nicht, dass Portalpraxen in Kliniken Arzneimittel zur Überbrückung abgeben. (Foto: Imago)

Die ABDA will nicht, dass Portalpraxen in Kliniken Arzneimittel zur Überbrückung abgeben. (Foto: Imago)


Um die Notaufnahmen zu entlasten, will die Landesregierung in Schleswig-Holstein sogenannte Portalpraxen bilden. Darin sollen Ärzte die Patienten akut behandeln, die nicht stationär eingewiesen werden müssen. Ein entsprechender Antrag im Bundesrat sieht allerdings auch vor, dass diese Praxen zumindest zur Überbrückung Arzneimittel abgeben dürfen. Die ABDA protestiert heftig und verlangt eine Streichung dieses Passus.

Die Landesregierung Schleswig-Holsteins will die Notaufnahmen der Krankenhäuser im Land entlasten. Dazu hat die Jamaika-Koalition aus dem Norden im Bundesrat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Kassenärztlichen Vereinigungen ermächtigt, für Akutfälle, die nicht lebensbedrohlich sind, sogenannte Portalpraxen zu gründen. Dort sollen Patienten erstbehandelt werden.

In Schleswig-Holstein gibt es bereits sogenannte „Anlaufpraxen“, meist in Kliniken. Hier findet eine vertragsärztliche Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Sprechzeiten statt. Und das ist der Knackpunkt: Ein Öffnung während der regulären Praxisöffnungszeiten ist derzeit für die Kassenärztliche Vereinigungen rechtlich nicht möglich. Genaus das will Schleswig-Holstein nun ändern und beantragt, dass die Portalpraxen die Notaufnahmen ganztägig entlasten dürfen.

ABDA: Eigentlich eine gute Idee

Grundsätzlich begrüßt die Standesvertretung der Apotheker diese Idee: „Wir begrüßen das Vorhaben, die sektorenübergreifende Zusammenarbeit im ärztlichen Bereitschaftsdienst im Interesse der Patienten und zur Entlastung der Notfallambulanzen in den Krankenhäusern zu verbessern“, heißt es in einer Stellungnahme der ABDA. Allerdings stört sich die ABDA an einem bestimmten Passus in dem Antrag, in dem es um die Arzneimittelversorgung geht.

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§ 14 Abs. 7 Satz 3 Apothekengesetz soll nach dem Gesetzentwurf nämlich entsprechend angewendet werden. Nach dieser Norm ist es der Krankenhausapotheke gestattet, bei der Entlassung von Patienten nach stationärer oder ambulanter Behandlung im Krankenhaus die nötige Menge an Arzneimittel zur Überbrückung mitzugeben, wenn im unmittelbaren Anschluss ein Wochenende oder ein Feiertag folgt. Die ABDA stellt in ihrer Stellungnahme nun klar, dass diese Regelung ja schon eine „doppelte Ausnahme“ sei. Zum einen, weil sie „die Abgabe von Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke außerhalb der Krankenhausbehandlung erlaubt und insofern das apothekenrechtliche Trennungsgebot zwischen ambulanter und stationärer Versorgung durchbricht“.

ABDA: Arzneimittel aus Portalpraxen nicht notwendig

Die ABDA erachtet dieses „Trennungsgebot“ zwischen ambulanter und stationärer Behandlung als „erforderlich“. Und zwar, weil die Arzneimittelversorgung im stationären Bereich ihrerseits eine Ausnahme vom sonst apothekenrechtlich verankerten Fremdbesitzverbot darstellt. Schließlich ist der Erlaubnisinhaber einer Krankenhausapotheke der Krankenhausträger (§ 14 Abs. 1 Satz 1 ApoG). Die ABDA gibt zu bedenken: „Träger der Portalpraxen ist nach der Gesetzesbegründung nicht der Krankenhausträger, sondern Gesellschaften bürgerlichen Rechts unter der gemeinsamen Trägerschaft der Kassenärztlichen Vereinigung und des Krankenhausträgers. Durch die Gesetzesänderung würden Elemente des Fremdbesitzes im ambulanten Bereich verankert, die in rechtlicher Konsequenz geeignet sein können, das apothekenrechtliche Fremdbesitzverbot in Gänze in Frage zu stellen.“

Die Standesvertretung weist darauf hin, dass die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung durch Apotheken ohnehin sowohl während, aber auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten bereits durch die Apotheken gesichert sei. Sie hält die entsprechende Anwendung des § 14 Abs. 7 Satz 3 ApoG auch für nicht erforderlich, um Notfallambulanzen zu entlasten. Im Gesetzentwurf gebe es hierfür auch keine spezielle Begründung – danach soll lediglich eine Lenkung der Patienten zur jeweils angemessenen Versorgungsebene sichergestellt werden. Und dafür bedürfe es keiner von den bewährten Regelungen abweichende Gestaltung, meint die ABDA. 

Die Vorteile der Apotheke gegenüber der Klinikapotheke

„In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass die flächendeckende Notdienstbereitschaft, zu der alle öffentlichen Apotheken gesetzlich verpflichtet sind, bereits seit langer Zeit eine Arzneimittelversorgung der Bevölkerung rund um die Uhr gewährleistet. Anders als Krankenhausapotheken unterliegen öffentliche Apotheken nicht der Beschränkung durch Arzneimittellisten, die für die Krankenhausapotheken auf der Basis der Entscheidung der Arzneimittelkommission des Krankenhauses nach pharmazeutischen, medizinischen und wirtschaftlichen Kriterien festgelegt werden.“

Die ABDA fordert daher die ersatzlose Streichung des Satzes „§ 14 Absatz 7 Satz 3 des Apothekengesetzes gilt entsprechend“ aus dem schleswig-holsteinischen Gesetzesantrag.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Arneimittelabgabe durch Arzt

von Dr. Arnulf Diesel am 06.04.2018 um 8:28 Uhr

In Deutschland ist es mittlerweile üblich, Probleme nicht zu lösen, sondern durch andere zu ersetzen. Wie in meinem letzten Notdienst wieder zu erleben, bekommen es einige Ambulanzen offensichtlich nicht hin, gültige und damit belieferungsfähige Rezepte auszustellen.Ich unterscheide hier noch, ob eine Belieferung zu Lasten der GKV möglich(wenn nicht kann der Patient gegen Barzahlung beleifert werden) bzw. rechtlich überhaupt zulässig ist oder nicht. Wenn der Arzt gleich dispensieren darf, braucht man sich mit solchen Formalitäten ja nicht aufzuhalten.

Dr. Arnulf Diesel

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