Recht

M. Frehse, S. KleinkeArzneimittel aus der Krankenhau

Die Möglichkeiten, die für die medizinischen Untersuchungen und Behandlungen erforderlichen, teilweise kostenintensiven Arzneimittel§sup1; über eine Krankenhausapotheke vergünstigt zu beziehen, waren bisher ausschließlich auf den stationären Sektor beschränkt. Durch das "Gesetz zur Änderung des Apothekengesetzes vom 21. August 2002" ist die Vorschrift des § 14 Abs. 4 Apothekengesetzes (ApoG) durch einen neuen Satz 3 ergänzt worden, der die bisherigen Abgabemöglichkeiten von Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke erheblich erweitert hat. Während die bisherige Rechtslage durch eine strikte Trennung der Arzneimittelversorgung im ambulanten und stationären Bereich geprägt war, wurde erstmalig die Abgabemöglichkeit der Krankenhausapotheke auf Teile des ambulanten Sektors ausgedehnt.

Die Krankenhausapotheke ist keine öffentliche Apotheke§sup2;, da sie der Arzneimittelversorgung der Insassen des Krankenhauses und der Krankenhausangestellten dient³. Im Vergleich zu öffentlichen Apotheken können Krankenhausapotheken für Arzneimittel in der Regel günstigere Preise anbieten, da sie nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) unter anderem nicht an die Vorgaben der Arzneimittelpreisverordnung gebunden sind4 und da ihnen bislang von der pharmazeutischen Industrie zahlreiche Arzneimittel in der Hoffnung, dass Arzneimittelanwendungen in der Klinik nach der Entlassung des Patienten fortgesetzt werden, zu reduzierten Preisen oder sogar zum Nulltarif zur Verfügung gestellt wurden.

Änderung von § 14 Abs. 4 ApoG

Die Möglichkeiten, die für die medizinischen Untersuchungen und Behandlungen erforderlichen Arzneimittel über eine Krankenhausapotheke vergünstigt zu beziehen, waren bisher ausschließlich auf den stationären Sektor, also auf Krankenhausbehandlungen im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB V, welche auch die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln umfasst, beschränkt. Insbesondere durften daher ermächtigte Krankenhausärzte, die im Rahmen ihrer Ermächtigung5 an der ambulanten medizinischen Versorgung der Versicherten im Krankenhaus beteiligt sind, ihren dafür notwendigen Praxisbedarf an Arzneimitteln nicht durch die Krankenhausapotheke decken lassen. Diese Beschränkung auf den ausschließlich stationären Sektor ist auch gerichtlich bestätigt worden6.

Die insoweit maßgebliche Vorschrift des § 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 ApoG7 lautet: "Die Krankenhausapotheke darf nur solche Krankenhäuser mit Arzneimitteln versorgen, mit denen rechtswirksame Verträge bestehen oder für deren Versorgung eine Genehmigung nach Abs. 2 Satz 4 erteilt worden ist. Arzneimittel dürfen von der Krankenhausapotheke nur an die einzelnen Stationen oder andere Teileinheiten zur Versorgung von Personen, die in dem Krankenhaus vollstationär, teilstationär, vor- oder nachstationär (§ 115 a SGB V) behandelt, ambulant operiert oder im Rahmen sonstiger stationsersetzender Eingriffe (§ 115 b SGB V) versorgt werden, sowie an Personen abgegeben werden, die im Krankenhaus beschäftigt sind."

Durch das "Gesetz zur Änderung des Apothekengesetzes vom 21. August 2002" 8 ist die Vorschrift des § 14 Abs. 4 Apothekengesetz (ApoG) durch einen neuen Satz 3 ergänzt worden, der die bisherigen Abgabemöglichkeiten von Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke erheblich erweitert hat. Die neue Fassung des § 14 Abs. 4 Satz 3 ApoG lautet: "Abweichend von Satz 2 dürfen Arzneimittel von der Krankenhausapotheke auch an ermächtigte Ambulanzen des Krankenhauses, insbesondere an Polikliniken (§ 117 SGB V), an psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 SGB V), an sozialpädiatrische Zentren (§ 119 SGB V) und an ermächtigte Krankenhausärzte (§ 116 SGB V) zur unmittelbaren Anwendung abgegeben werden."

Insofern ist nunmehr klargestellt, dass neben den aufgeführten Institutionen insbesondere auch die ermächtigten Krankenhausärzte die im Rahmen ihrer Ermächtigung erforderlichen Arzneimittel bei der Krankenhausapotheke beziehen können. Unberührt hiervon bleibt aber weiterhin die Möglichkeit der Abgabe von Arzneimitteln durch öffentliche Apotheken, da die Änderung des § 14 Abs. 4 Satz 3 ApoG kein ausschließliches Belieferungsrecht der Krankenhausapotheke normiert9.

Wer ist ein "ermächtigter Krankenhausarzt"?

Durch den Verweis auf § 116 SGB V ist jedoch nicht ganz eindeutig zu beurteilen, ob mit den "ermächtigten Krankenhausärzten" ausschließlich die nach § 31 a der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) ermächtigten Ärzte (Ermächtigung wegen der Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden) erfasst werden oder auch die nach § 31 Ärzte-ZV ermächtigten Ärzte (Ermächtigung wegen der Abwendung von Unterversorgung). Zwar spricht der Verweis in § 14 Abs. 4 Satz 3 ApoG auf § 116 SGB V dafür, nur die nach § 31 a Ärzte-ZV Ermächtigten zu erfassen, da sich § 116 SGB V grundsätzlich nur auf diese Ermächtigung beschränkt10.

Allerdings ist kein sachlicher Grund zu erkennen, die Bezugsmöglichkeit auf die nach § 31 a Ärzte-ZV ermächtigten Ärzte zu beschränken, zumal die Ermächtigung nach § 31 a Ärzte-ZV nur einen Sonderfall der Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 a Ärzte-ZV darstellt und sich mit dieser überschneidet. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Aufzählung in § 14 Abs. 4 Satz 4 ApoG nicht abschließend ist ("insbesondere") und seinem Verständnis nach die gesamte ambulante Versorgung in "Ambulanzen des Krankenhauses" erfassen sollte.

Insoweit ist auch der ursprünglichen Begründung zum Gesetzesentwurf die allgemeine Aussage zu entnehmen, dass "die unmittelbare Behandlung seitens der Krankenhausapotheke bei ambulanter Behandlung von Patienten im Krankenhaus möglich sein muss". Nach unserer Auffassung kann daher jeder ermächtigte Krankenhausarzt Arzneimittel bei der Krankenhausapotheke beziehen.

Versorgung von Privatpatienten?

Nicht eindeutig gesetzlich geregelt ist auch die Frage, inwieweit auch Arzneimittel für die ambulante Versorgung von Privatpatienten von der Krankenhausapotheke bezogen werden können. Dabei ist zu differenzieren zwischen

  • ermächtigten Krankenhausärzten, die neben den Kassenpatienten auch Privatpatienten ambulant behandeln, und
  • Krankenhausärzten, die keine Ermächtigung besitzen und ausschließlich Privatpatienten ambulant behandeln.

Nach dem eindeutigen Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 14 Abs. 4 Satz 3 ApoG muss davon ausgegangen werden, dass Arzneimittel von der Krankenhausapotheke nur an ermächtigte Ambulanzen des Krankenhauses, insbesondere an ermächtigte Krankenhausärzte, abgegeben werden dürfen. Daraus ergibt sich, dass die Ermächtigung Voraussetzung für den Bezug von Arzneimitteln aus der Krankenhausapotheke ist, sodass für Krankenhausärzte, die keine Ermächtigung besitzen, für deren ambulante Privatpatienten keine Bezugsmöglichkeit aus der Krankenhausapotheke besteht. Zwar würden in diesem Fall auch Gründe der Arzneimittelsicherheit und der organisatorischen Vereinfachung bei der Beschaffung ein anderes Ergebnis rechtfertigen, jedoch steht insoweit der klare Wortlaut der Vorschrift entgegen, zumal nach der alten Rechtslage die Versorgung ambulanter Patienten durch die Krankenhausapotheke ausnahmslos ausgeschlossen war.

Bei ermächtigten Krankenhausärzten sprechen demgegenüber die besseren Argumente dafür, dass diese auch für die ambulante Behandlung von Privatpatienten die Arzneimittel von der Krankenhausapotheke beziehen können. Denn dem Apothekengesetz ist grundsätzlich eine Differenzierung zwischen der Versorgung von gesetzlich und privat Versicherten fremd. Auch dem Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 3 ApoG lässt sich keinerlei Einschränkung hinsichtlich des Verwendungsbereiches der Arzneimittel entnehmen. Vielmehr ist die Vorschrift so zu verstehen, dass die Ermächtigung Grundvoraussetzung für die Bezugmöglichkeit von der Krankenhausapotheke ist, aber bei Vorliegen einer Ermächtigung die Arzneimittel für die ambulante Versorgung aller Patienten von der Krankenhausapotheke bezogen werden können.

Zu beachten ist allerdings, dass ein eigenes Bezugsrecht eines am Krankenhaus niedergelassenen Arztes weiterhin ausgeschlossen bleibt. In der Gesetzesbegründung zu der Novellierung des § 14 Abs. 4 Satz 4 ApoG heißt es insoweit unmissverständlich: "In Satz 3 soll durch die Worte 'an Ambulanzen des Krankenhauses' klargestellt werden, dass niedergelassene Ärzte, die in Räumen des Krankenhauses praktizieren, nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezogen werden."

Nach unserer Auffassung kann sich diese Einschränkung jedoch nur auf die Arzneimittel beziehen, die der am Krankenhaus niedergelassene Arzt im Rahmen der eigenen vertrags- und privatärztlichen Versorgung verwendet. Soweit der in Räumen des Krankenhauses niedergelassene Arzt im Rahmen einer Kooperation Leistungen für stationäre Patienten des Krankenhaus in seiner Praxis erbringt, ist von der Möglichkeit der Vereinbarung im Kooperationsvertrag auszugehen, dass das Krankenhaus dem niedergelassenen Arzt die für die Erbringung von Leistungen für Patienten des Krankenhaus erforderlichen Arzneimittel, wie z.B. die für radiologische Leistungen erforderlichen Kontrastmittel, aus der eigenen Krankenhausapotheke zur Verfügung stellt, da es sich insoweit um eine der stationären Versorgung zurechenbare Leistung handelt. Dies ist auch deswegen sinnvoll, weil der Krankenhausträger in diesem Fall von dem kostengünstigen Bezug aus der Krankenhausapotheke profitieren kann und zudem in der Regel über die Preisgestaltung der Arzneimittel der Krankenhausapotheke mitentscheidet.

Sofern es sich um Arzneimittel handelt, die der Arzt mangels abweichender vertraglicher Vereinbarung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) neben der ärztlichen Leistung gesondert berechnen darf, muss die Bereitstellung durch das Krankenhaus grundsätzlich in diesem Fall unentgeltlich erfolgen. Der Arzt wiederum muss dann sicherstellen, dass die vom Krankenhaus zur Verfügung gestellten Arzneimittel nicht auch im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung eigener ambulanter Patienten verwendet werden, da er diese von der öffentlichen Apotheke beziehen muss.

Noch mehr Rechte für Krankenhausapotheken

Aufgrund der aktuellen Planungen der Bundesregierung für eine Gesundheitsreform ist mit weiteren rechtlichen Änderungen zu rechnen. Nach dem derzeitigen Stand des Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetzes (GMG) unter Berücksichtigung der Formulierungshilfe für den Entwurf eines GMG vom 4. September 2003 werden die dort vorgesehenen Änderungen der kassenärztlichen Versorgung auch zu weiteren Abgabemöglichkeiten der Krankenhausapotheke im ambulanten Bereich führen. Dies gilt

  • für die ambulante vertragsärztliche Versorgung bei Unterversorgung in dem jeweiligen Fachgebiet durch ermächtigte Krankenhäuser (§ 116 a SGB V) und
  • bei ambulanten Leistungen, zu deren Erbringung ein Krankenhaus vertraglich hinsichtlich Leistungen im Rahmen der Durchführung eines strukturierten Behandlungsprogramms (§ 116 b Abs. 1) oder hinsichtlich hochspezialisierter Leistungen (§ 116 b Abs. 2) und im Rahmen der integrierten Versorgung (§ 140 b Abs. 4 Satz 3 SGB V) berechtigt ist.

Bezüglich dieser erweiterten Behandlungsmöglichkeiten der Krankenhäuser ist in Art. 20 des GMG eine entsprechende Ergänzung des § 14 Abs. 4 Satz 3 ApoG vorgesehen.

Rechtsgrundlagen

Die Rechtsgrundlagen für den Betrieb einer Krankenhausapotheke finden sich in § 14 Apothekengesetz (ApoG) und §§ 26 bis 34 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Nach § 26 Abs. 1 ApBetrO ist die Krankenhausapotheke die Funktionseinheit des Krankenhauses, der die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung von einem oder mehreren Krankenhäusern mit Arzneimitteln obliegt.

Fußnoten

1 Als besonders kostenintensive Arzneimittel kommen beispielsweise Röntgenkontrastmittel in Betracht. 2 Nach § 1 Abs. 1 ApoG obliegt den öffentlichen Apotheken die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. 3 Vgl. Cyran/Rotta, ApBetrO, § 26 Rn. 3. 4 Vgl. auch BGH, Urteile vom 12.10.1989 (Az.: I Z 8/88 und I ZA 228/87). 5 Die Möglichkeit der Ermächtigung des Chefarztes wird diesem regelmäßig durch eine Genehmigung im Rahmen seines Chefarztvertrages eingeräumt. 6 Vgl. beispielsweise BGH, Fn. 2 und Kammergericht Berlin, DAZ 1995, 3530 mit Anm. Rotta. 7 § 31 ApBetrO konkretisiert die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Abgabe von Arzneimitteln, vgl. Cyran/Rotta, ApBetrO, § 31 Rn. 3. 8 BGBl. I, S. 3352. 9 Grau (DAZ 2003, S. 4586) sieht hierin zu Recht einen Wettbewerbsnachteil zu Lasten der öffentlichen Apotheken. 10 Vgl. auch Grau, DAZ 2003, S. 4585.

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