Stellungnahme von Bayer

„Unbegründete Warnhinweise sind nicht im Interesse der Patienten“

Berlin - 07.03.2018, 13:15 Uhr

Die Leiterin Medizin der Bayer Vital GmbH, Konstanze Diefenbach, verteidigt das Magen-Darm-Mittel Iberogast bis aufs Schärfste. (Screenshot: DAZ.online)

Die Leiterin Medizin der Bayer Vital GmbH, Konstanze Diefenbach, verteidigt das Magen-Darm-Mittel Iberogast bis aufs Schärfste. (Screenshot: DAZ.online)


Der Pharmakonzern Bayer kämpft weiter um die Reputation eines seiner wertvollsten Pferde im Stall: Iberogast®. Noch immer geht es um mögliche, schwerwiegende Leberschäden, die schon länger als zehn Jahre im Zusammenhang mit Schöllkraut-haltigen Präparaten diskutiert werden. Die Grünen-Bundestagsfraktion hat das Magen-Darm-Mittel inzwischen zum Politikum gemacht. Nun antwortet die Leiterin Medizin von Bayer Vital in einer Videobotschaft.

Der Konflikt um das Magen-Darm-Mittel Iberogast® des Pharmakonzerns Bayer reißt nicht ab. Nachdem die Grünen-Bundestagsfraktion weitere Fragen an die Bundesregierung bezüglich des Präparates geschickt und eine Diskussion des Themas im Gesundheitsausschuss organisiert hat, wehrt sich nun Bayer. Die Leiterin Medizin der Bayer Vital GmbH, Konstanze Diefenbach, äußert sich in einem etwa vierminütigen Video über die Risiken von Iberogast® und das Stufenplanverfahren für das Bayer-Produkt von 2008.

Die wichtigste Botschaft vorweg: Bayer weigert sich nach wie vor, neue Warnhinweise in die Packungsbeilage von Iberogast aufzunehmen. Zur Erklärung: Vor zehn Jahren hatte es nach beobachteten Leberschäden im Zusammenhang mit der Einnahme von Schöllkraut-haltigen Extrakten ein Stufenplanverfahren gegeben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatte damals hochdosierten Schöllkraut-Extrakten die Zulassung entzogen – für niedrigdosierte wurde eine Aufnahme der Leber-Risiken in die Packungsbeilage gefordert. Unter anderem der Hersteller Steigerwald – der später von Bayer übernommen wurde – erhob Widerspruch. Daher wurde der BfArM-Bescheid nicht wirksam. Klage erhob Bayer dann im vergangenen Jahr – eine Entscheidung steht bislang aus.

Da das Thema nun auch in der Politik diskutiert wird und in der Schweiz neue verpflichtende Warnhinweise für Iberogast® eingeführt wurden, muss Bayer sein Präparat zunehmend verteidigen: Schließlich ist Iberogast® eines der am häufigsten verkauften OTC-Produkte im Apothekenmarkt. Diefenbach erklärt in ihrem Video, warum die Einnahme von Iberogast® aus ihrer Sicht völlig unproblematisch ist: „Für Iberogast® ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis ganz klar positiv. Die Wirksamkeit von Iberogast® ist in zahlreichen Studien nachgewiesen worden, an unterdessen mehr als 50.000 Patienten und mehr als 79 Millionen Patienten haben Iberogast® seit der Markteinführung eingenommen.“

Bayer: Keine Risiken für Kinder und Schwangere

Schon in einer Pressemitteilung hatte Bayer erklärt, dass sich die Risiken aus Sicht des Konzerns lediglich auf hochdosierte Schöllkraut-Extrakte beziehen, die Konzentration in Iberogast® aber zu gering sei. Diefenbach erklärt in dem Video daher: „Einzelne Berichte zu Leberschäden im Zusammenhang mit hochdosierten Schöllkrautextrakten kamen in den 1990er Jahren auf. Iberogast® enthält einen niedrigdosierten Extrakt. Vergleichbare Berichte über Lebererkrankungen und Iberogast® gibt es nicht.“

Warum Bayer nicht nachgibt und die Warnhinweise schlichtweg in die Packungsbeilage aufnimmt, erklärt Diefenbach so: „Die deutsche Zulassungsbehörde verlangt auch für niedrigdosierte Schöllkrautextrakte, dass Warnhinweise in die Packungsbeilage aufgenommen werden. Die Einnahme von Iberogast® ist aus unserer Sicht aber nicht mit Risiken verbunden, die eine Aufnahme von Warnhinweisen rechtfertigen würden. Wir sind der Meinung, dass es nicht im Interesse der Patienten ist, Warnhinweise in die Gebrauchsinformationen aufzunehmen, die unbegründet sind. Das ist der Grund, warum wir gegen den Stufenplan zunächst Widerspruch eingelegt und Klage erhoben haben.“

Auf die Frage, ob man Schöllkraut, das ja nur einer unter vielen Inhaltsstoffen von Iberogast® ist, weglassen könne, erklärt Diefenbach, dass jeder enthaltene Stoff wichtig sei. Schöllkraut wirke krampflösend, Magen-beruhigend und könne Entzündungen mindern. Auch für Kinder ab drei Jahren sei Iberogast® sicher, wenn es richtig dosiert werde. Die Sicherheit und Wirksamkeit für Kinder sei nachgewiesen. Schwangere sollten die Einnahme von Iberogast® vorher mit dem Arzt besprechen. Aber: „Uns liegen keine Hinweise vor, dass die Einnahme während der Schwangerschaft bedenklich ist.“ Letztlich wird es in dem Bayer-Video noch persönlich. Auf die Frage, ob Diefenbach das Präparat ihrer Familie empfehlen würde, antwortet sie: „Bei Erkrankungen im Magen-Darm-Bereich nutzen wir in der Familie Iberogast® sehr regelmäßig.“

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* Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hatten wir Konstanze Diefenbach als Medizin-Chefin des Bayer-Konzerns bezeichnet. Sie ist aber Leiterin Medizin der Bayer Vital GmbH. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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