BMG-Antwort auf FDP-Anfrage

Nutzung des Medikationsplans weitgehend unbekannt

Berlin - 26.02.2018, 13:05 Uhr

Wie häufig der Medikationsplan tatsächlich zum Einsatz kommt beziehungsweise aktualisiert wird, liegt größtenteils im Dunkeln. Unabhängig davon trauen die Liberalen der Apotheke beim Medikationsplan durchaus mehr zu als bisher vorgesehen. (Bild: Piereck / stock.adobe.com)

Wie häufig der Medikationsplan tatsächlich zum Einsatz kommt beziehungsweise aktualisiert wird, liegt größtenteils im Dunkeln. Unabhängig davon trauen die Liberalen der Apotheke beim Medikationsplan durchaus mehr zu als bisher vorgesehen. (Bild: Piereck / stock.adobe.com)


Anscheinend liegen dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) nur wenige Informationen vor, wie häufig Medikationspläne bisher erstellt oder aktualisiert wurden. Dies geht aus der Antwort des BMG auf eine kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion nach dem Entwicklungsstand des Medikationsplanes hervor. Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann fordert, den Plan weiter fortzuentwickeln, die Apotheker dabei mehr einzubinden und angemessen dafür zu honorieren.

Seit 1. Oktober 2016 haben gesetzlich Versicherte, die mehr als drei Arzneimittel gleichzeitig und über einen längeren Zeitraum einnehmen, Anspruch auf einen papiernen Medikationsplan von ihrem Arzt. Vor einigen Tagen stellte die FDP-Bundestagsfraktion eine kleine Anfrage zu den bisherigen Erfahrungen und Perspektiven des Medikationsplanes gemäß § 31a  SGBV. Aus der nun vorliegenden Antwort des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) geht hervor, dass offenbar wenig Informationen darüber vorliegen, wie häufig der Medikationsplan seit seiner Einführung von den Versicherten in Anspruch genommen beziehungsweise von den Leistungserbringern aktualisiert wurde.

Black-Box Medikationsplan

Wie Gesundheits-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) schreibt, ist nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes davon auszugehen, dass schätzungsweise 20 Millionen Versicherte in Deutschland einen Anspruch auf einen Medikationsplan haben. Doch in welchem Umfang diese ihren Anspruch geltend machen, konnte das BMG nicht lückenlos ermitteln. Denn diese Zahlen lassen sich anhand der Abrechnungsdaten der Ärzte nur teilweise nachvollziehen. So erfolgt die Vergütung für die Erstellung und Aktualisierung des bundeseinheitlichen Medikationsplans einerseits als Einzelleistung und andererseits pauschal über unterschiedliche Zuschläge.  

Nur über die Zahl derjenigen Patienten, für die ein Medikationsplan erstellt wurde und deren Anspruch aus der Einzelleistungsvergütung erwächst, kann anhand der Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eine Aussage getroffen werden: Im vierten Quartal 2016 waren das ungefähr 65.000 und im ersten Halbjahr 2017 rund 74.500 Patienten. Für die Patienten, für die ein Medikationsplan erstellt und diese Leistung über einen pauschalen Zuschlag vergütet wurde, liegen jedoch keine Zahlen vor. Auch die Frage, wie häufig die Ärzte einmal erstellte Medikationspläne aktualisiert haben, lässt sich laut BMG aus den genannten Gründen derzeit nicht abschließend beantworten.

Aktualisierung in der Apotheke

Der Medikationsplan wird bisher ausschließlich von ärztlicher Seite und nicht von Apotheken erstellt. Auf Wunsch des Versicherten hat die Apotheke jedoch den Medikationsplan zu aktualisieren, sollte dies erforderlich sein. Für diese apothekerliche Leistung wird jedoch keine gesonderte Vergütung gezahlt, weshalb das BMG keine Daten dazu hat, wie häufig in Apotheken aktualisiert wurde.  

Aus der Stellungnahme des gesundheitspolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Professor Andrew Ullmann, zur Antwort des BMG geht hervor, dass die Liberalen der Apotheke eine größere Bedeutung zumessen, als dies bisher vorgesehen ist. „Wir wollen alle Leistungserbringer stärker in die Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans einbinden und eine regelhafte Medikationsanalyse durch die Apotheken ermöglichen. Das setzt voraus, dass in einem Medikationsplan alle Arzneimittel erfasst sind, welche die Patientinnen und Patienten einnehmen“, schreibt der FDP-Gesundheitspolitiker. 

Patientenzentrierte Versorgung nicht zum Nulltarif

In ihrer Kleinen Anfrage wollte die FDP-Bundestagsfraktion zudem wissen, ob aus Sicht der Bundesregierung Ärzte und Apotheker für ihre Leistungen rund um den Medikationsplan auch angemessen vergütet werden. Bezüglich der Regelung der Vergütung für die Ärzte antwortete das BMG, einverstanden zu sein.  

Die Frage nach der Sichtweise zur Vergütung der Apotheken, beantwortet Widmann-Mauz jedoch nur indirekt, indem sie auf die allgemeine Beratungspflicht hinweist: „…Hierfür wird keine gesonderte Vergütung bezahlt. Unabhängig davon besteht bereits nach § 20 der Apothekenbetriebsordnung eine Verpflichtung der Apotheken, Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten hinreichend über Arzneimittel zu informieren und zu beraten. Bei der Information und Beratung über Arzneimittel müssen insbesondere Aspekte der Arzneimittelsicherheit berücksichtigt werden.“  

Für Professor Ullmann ist diese Antwort nicht ausreichend. Denn die Vergütung für Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans sollte sich seiner Meinung nach am Patientennutzen sowie dem Aufwand und Risiko für die Leistungserbringer orientieren. Aus Sicht der Liberalen trägt der Medikationsplan zur patientenzentrierten Versorgung bei, um vermeidbare Medikationsfehler zulasten des Patienten und der Solidargemeinschaft zu reduzieren.  

„Das ist selbstverständlich nicht zum Nulltarif zu bekommen. Patientenzentrierte Versorgung geht mit leistungsgerechter Vergütung Hand in Hand“, kommentiert Ullmann. „Es ist mehr als gerecht, dass Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker für ihre Tätigkeit entsprechend entlohnt werden. Bei richtiger Umsetzung des Medikationsplanes darf mindestens von Kosteneffizienz für die Solidargemeinschaft ausgegangen werden.“

Patienten fühlen sich besser informiert

Der Medikationsplan wurde seinerzeit zu dem Zweck eingeführt, die Arzneimitteltherapiesicherheit zu verbessern. In ihrer Anfrage wollte die FDP-Bundestagsfraktion von der Bundesregierung daher wissen, ob der Medikationsplan bisher zur Verbesserung der Medikamenten-Compliance beigetragen hat.  

Auch diese Frage beantwortet das BMG nur indirekt. Aus Sicht des BMG ist für Patienten ein mangelndes Wissen über ihre Medikation eine Barriere für die Compliance. In dem Antwortschreiben zitiert Widmann-Mauz Untersuchungen der KBV, die zeigten, dass sich Patienten durch den Medikationsplan besser informiert fühlten. Daten, die einen direkten Zusammenhang zwischen Einsatz des Medikationsplanes und einer tatsächlichen Compliance-Verbesserung zeigen, kann das BMG jedoch nicht nennen. 

Auch die Frage, wie viele unerwünschte Arzneimittelinteraktionen in der Bundesrepublik pro Jahr auftreten und welche Gesundheitsschäden zu welchen Kosten diese verursachten, kann das BMG nicht direkt beantworten. Allerdings zeigen nach Informationen des BMG Untersuchungen aus verschiedenen Ländern einschließlich Deutschland, dass etwa fünf Prozent aller Krankenhauseinweisungen die Folge unerwünschter Arzneimittelwirkungen sind und ein Viertel davon vermieden werden könnten. Hochgerechnet auf die Bundesrepublik würde dies bedeuten, dass in Deutschland schätzungsweise rund 250.000 Krankenhauseinweisungen jährlich auf vermeidbare Medikationsfehler zurück zuführen sind.

FDP begrüßt elektronischen Medikationsplan

Hinsichtlich der planmäßigen Einführung des elektronischen Medikationsplanes äußert sich Widmann-Mauz optimistisch: Im vergangenen Jahr wurde in rund 500 Arzt- und Zahnarztpraxen die Anwendung unter Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte erfolgreich erprobt. Und bis Ende dieses Jahres sollen alle ärztlichen Praxen an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen werden. 

Für die Liberalen stellt die Einführung des elektronischen Medikationsplans einen wichtigen Schritt nach vorne dar. Denn aus ihrer Sicht verbessert dieser den Informationsaustausch zwischen Ärzten und Apotheken über die jeweilige Medikation des Patienten. Darüber hinaus fordert die FDP-Fraktion, dass der digitale Medikationsplan auch dem Patienten beispielsweise in Form einer Smartphone-App zur Verfügung gestellt wird.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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