Influenzasaison 2017/18

Trifft die aktuelle Grippewelle vor allem Kinder?

Stuttgart - 02.02.2018, 16:00 Uhr

Nicht jeder Influenza-Virus befällt jeden Menschen gleich „gern". (Foto: Joanna Zielinska / stock.adobe.com) 

Nicht jeder Influenza-Virus befällt jeden Menschen gleich „gern". (Foto: Joanna Zielinska / stock.adobe.com) 


Keine Entwarnung bei Influenza – im Gegenteil, das Influenzavirus breitet sich aktuell stark aus. Auch Schulen und Kindergärten melden Grippeausbrüche. Doch: Erkranken derzeit wirklich mehr Kinder an Influenza als in früheren Grippesaisons? Welche Grippeviren treffen hauptsächlich Kinder, welche ältere Menschen?

Die Grippe ist weiter auf dem Vormarsch. Knapp 9000 neue Grippeinfektionen bestätigt das Robert-Koch-Institut (RKI) allein für die vergangen Woche. Insgesamt haben sich seit Beginn der aktuellen Grippesaison 2017/18 über 20.000 Patienten mit dem Influenzavirus infiziert. Für das Gros der Infektionswelle zeichnen vor allem Influenza-B-Viren verantwortlich: Knapp drei Viertel (72 Prozent) aller Grippefälle entfallen auf die B-Linie Yamagata. Vor dieser schützt nur die Vierfach-Grippeimpfung. Die frühe B-Dominanz der Influenzaviren in der gegenwärtigen Grippesaison 2017/18 ist ungewöhnlich. Nach Erfahrung des RKI zirkulieren Influenza-B-Viren zeitlich zumeist eher gegen Ende der Grippesaison und sorgen für insgesamt längere Grippewellen. Der zweithäufigste Influenza-Erreger der gegenwärtigen Grippewelle ist Influenza A(H1N1)pdmo9. Er trägt mit 23 Prozent „Schuld“ am Influenza-Geschehen.


Es zirkuliert aktuell ein wenig H1N1, und bei diesem Subtyp weiß man, dass er eher Jüngere betrifft.

Susanne Glasmacher, Robert-Koch-Institut


Verzeichnet das RKI zwar generell deutlich mehr Atemwegserkrankungen in der vergangenen Woche, so scheinen „respiratorische Erkrankungen“ derzeit tatsächlich synonym für „Virusgrippe“ zu stehen: Das NRZ (Nationale Referenzzentrum Influenza) identifizierte bei respiratorischen Viren hauptsächlich Influenzaviren als auslösende Erreger. „Alle anderen untersuchten Erreger wurden nur sporadisch nachgewiesen“, schreibt die Arbeitsgemeinschaft Influenza in ihrem aktuellen Wochenbericht (Kalenderwoche 4). Einzige Ausnahme stellen die ganz kleinen Patienten dar: Bei den bis einjährigen Kindern fand das NRZ auch verstärkt das Respiratory Syncytial Virus (RSV).

Kinder sind aktuell nicht mehr gefährdet als üblich

Es leiden derzeit viele Kinder an Grippe. Das bestätigt der Konsultationsindex des RKI. Vor allem Kinder im Alter bis 14 Jahren suchten wegen akuter respiratorischer Erkrankungen in der vergangenen Woche einen Arzt auf. Absolut gesehen, erkranken bis vierjährige Kinder derzeit am häufigsten.

Verglichen mit früheren Grippesaisons, ist die Erkrankungsrate jedoch nicht besorgniserregend höher: „Generell können immer auch Kinder erkranken. Man kann aktuell nicht sagen, dass die Influenza vorwiegend Kinder trifft“, erklärt Susanne Glasmacher vom RKI gegenüber DAZ.online.

Stabil zeigen sich die bundesweiten Senioren. Ihre Arztbesuche aufgrund respiratorischer Erkrankungen sind seit Beginn des Jahres nahezu konstant. Allerdings: 43 Menschen sind in der Grippesaison 2017/18 bundesweit mit einer Influenza-Infektion verstorben, knapp 80 Prozent der Patienten waren über 60 Jahre alt.

Welcher Grippevirus trifft wen?

Bei heftigen Influenza-Verläufen denkt man vornehmlich an betagte, multimorbide Patienten, die die Infektion schwer trifft. Es gibt aber auch Grippewellen, während derer Kinder und junge Erwachsene ebenso unter schweren – teilweise tödlichen Verläufen – leiden.

Der Influenza-Subtyp A(H1N1)pdmo9 ist offenbar ein solcher Kandidat und scheint schwere Verläufe auch bei jüngeren Patienten zu begünstigen: „Bei Grippewellen, in denen Influenza A(H1N1)pdm09-Viren dominierten, war bislang zu beobachten, dass es auch bei jüngeren Erwachsenen und Kindern zu sehr schweren Erkrankungen und Todesfällen gekommen ist, insbesondere beim Vorliegen von Grundkrankheiten", schreibt das RKI. Insgesamt seien solche schweren Verläufe bei jungen Menschen aber selten.

Der Virus Influenza-Subtyp A(H1N1)pdmo9 tauchte schon in früheren Grippesaisons in Deutschland auf, erstmals während der Influenza-Pandemie 2009/10. Somit „bereichert“ der H1N1-Subtyp die hiesigen Influenza-Wellen erst seit geraumer Zeit. Nach einer dominierenden Aktivität in der Influenzasaison 2015/16, löst Influenza A(H1N1) in der akuten Grippewelle gerade knapp ein Viertel aller Infektionen aus.

Influenza B: schwere Verläufe bei Schulkindern

Auch Influenza-B-Viren scheinen Präferenzen für Kinder und Jugendliche zu zeigen – und diese dominieren immerhin fast drei Viertel der aktuellen Grippeerkrankungen. So erkranken nach Aussagen des RKI bei vorherrschender Influenza B-Viruszirkulation vor allem Schulkinder in der Altersgruppe von fünf bis 14 Jahren häufiger. Influenza A-Viren hingegen verursachten eher bereits bei kleineren Kindern im Kindergartenalter die ersten Grippe-Infektionen.

Influenza A(H3N2) zeigt verursacht insbesondere bei älteren Patienten schwere Verläufe. Das bestätigt auch die vergangene Grippesaison 2016/17.Ungeachtet des bei hochbetagten Patienten ohnehin höchsten Risikos für schwere Verläufe und Todesfälle, beobachte man in H3N2-dominierenden Grippejahren „meist auch eine deutliche Übersterblichkeit", heißt es auf der Seite des RKI.

Grippeimpfungen auch jetzt noch möglich

Das RKI betont, der beste Schutz vor einer Grippeinfektion sei nach wie vor die Impfung. Auch jetzt noch. „Die Schwere und der Verlauf einer Grippewelle lässt sich nie vorhersagen, weil sie von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Grippewellen verlaufen von Saison zu Saison und auch von Region zu Region sehr unterschiedlich; wie heftig eine Welle tatsächlich war, weiß man erst am Ende der Welle,“ sagte jüngst eine Sprecherin des RKI auf Nachfrage von DAZ.online. Bis der Körper eine ausreichende Immunität aufgebaut hat dauert es etwa zehn bis 14 Tage.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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