Apotheken in Regensburg

Mutmaßlicher Rezeptfälscher packt vor Gericht aus

Remagen/Berlin - 12.07.2017, 07:00 Uhr

Aus der Praxis geklaut und gefälscht: In Regensburg soll ein 28-Jähriger Rezepte geklaut und sie gefälscht haben. (Foto: dpa)

Aus der Praxis geklaut und gefälscht: In Regensburg soll ein 28-Jähriger Rezepte geklaut und sie gefälscht haben. (Foto: dpa)


Vor dem Landgericht Regensburg wird derzeit ein Fall eines Mannes verhandelt, der beschuldigt wird, mehrere Verbrechen mit Arzneimitteln begangen zu haben. Der 28-jährige Drogenabhängige soll Rezepte gefälscht und eine Apotheke überfallen haben, um an Medikamente zu kommen. Vor Gericht hat der Beschuldigte alle seine Taten nun genauestens beschrieben.

Vor dem Landgericht Regensburg muss sich in diesen Tagen ein 28-jähriger Drogenabhängiger verantworten, unter anderem weil er eine Apotheke überfallen haben soll. Aber auch wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung, Diebstahls und Urkundenfälschung steht der Beschuldigte nun vor dem Landgericht. Darüber berichtet die Mittelbayerische Zeitung, die den Prozessbeginn verfolgt hat.

Nähere Einzelheiten zu diesen Vorwürfen liefert die Zeitung aus der Anklageschrift. Die Details zeigen, dass der Mann offenbar gleich auf mehrere Weisen versucht hat, illegal an Arzneimittel zu kommen. Alles soll mit dem Diebstahl einer Arzttasche aus der Praxis eines Regensburger Arztes im Juni 2016 begonnen haben. Der 28-Jährige sei dort Patient gewesen und mit Methadon substituiert worden. Er sei allein im Wartezimmer gewesen, habe der Angeklagte angegeben, und die Rezepte hätten aus einer dort stehenden Arzttasche herausgeschaut. Ohne nachzudenken, habe er sie einfach genommen. Daraufhin habe der Arzt den Drogenabhängigen aus dem Substitutionsprogramm gefeuert, weshalb er nun noch mehr Drogen gebraucht habe.  

Apotheker entlarven dilettantische Fälschungen

In der Folge habe der Regensburger zu Fuß oder mit dem Bus zahlreiche Apotheken in der Stadt und im Landkreis abgeklappert, um mit eigenhändig gefälschten Rezepten an Betäubungsmittel zu kommen. Meist seien die Versuche jedoch erfolglos geblieben, weil die Apotheker sich durch seine „dilettantischen Fälschungen“ nicht hinters Licht führen ließen. Teilweise soll der 28-Jährige die vorgedruckten Inhalte handschriftlich ausgebessert und einmal als Empfänger ausgerechnet den Namen „Florian Silbereisen“ angegeben haben. Ergänzt werde das Konto seiner Straftaten durch Diebstähle von Sportschuhen und Zigaretten und einen versuchten Handtaschendiebstahl.

„Gib mir Bromazepam. Dann passiert nichts.“

Und auch eine Apotheke soll der Beschuldigte überfallen haben. Sehr genau wurde die Tat vor Gericht beschrieben: An einem kalten Morgen im Oktober 2016 habe der junge Mann mit einem Schal um das Gesicht die Jakob-Apotheke in Regensburg betreten, schreiben die Regensburger Nachrichten. Von dem Chef, der um neun Uhr noch allein in der Apotheke gewesen sei, habe der Vermummte mit einem Messer in der Hand gefordert: „Gib mir Bromazepam. Dann passiert nichts.“

Der 69-jährige Apotheker, der sich vor Gericht als nicht ängstlich bezeichnete, habe sich mit einem Tierabwehrspray und einem massiven Stempel „bewaffnet“ und entgegnet: „Du kriegst nichts. Wenn Du jetzt nicht gleich verschwindest, denn sehen wir, wie es weitergeht...“ Daraufhin habe der junge Mann rasch das Weite gesucht, sei aber kurz darauf ganz in der Nähe von der inzwischen verständigten Polizei geschnappt worden.

Mit zunehmender Verzweiflung habe sich der Angeklagte schließlich in besonders desolater Stimmung nach eigenen Angaben bei Plattling auf die Bahnschienen gelegt, um seinem Leben ein Ende zu bereiten, doch der Zug habe rechtzeitig gestoppt. Danach will er noch einen weiteren Suizidversuch begangen haben. „Ich schäme mich und entschuldige mich bei allen“, wird er nun bei Gericht zitiert. Er habe immer wieder vergeblich versucht, einen Therapieplatz zu bekommen, sei mehr tot als lebendig gewesen. „Die Festnahme hat mir das Leben gerettet“, meinte der 28-Jährige. „Sonst wäre ich draufgegangen.“ Er sei froh, dass der Alptraum nun ein Ende habe.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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