Otologika aus der Apotheke

„Wenn Nasenspray, dann richtig“

Berlin - 19.03.2016, 12:11 Uhr

Fachapotheker und „Top beraten“-Autor Christian Schulz stellte auf der INTERPHARM Apothekern Tipps für die   Beratung vor. (Foto: Alexander Schelbert)

Fachapotheker und „Top beraten“-Autor Christian Schulz stellte auf der INTERPHARM Apothekern Tipps für die Beratung vor. (Foto: Alexander Schelbert)


Patienten mit Otitis media sind meistens Kinder. Bei ihnen ist die Arzneimitteltherapie immer eine Herausforderung. Studien zufolge machten 40 Prozent der Eltern bei der Dosierung der Arzneimittel Fehler. Tipps, wie die Apotheke zum Gelingen der Therapie beitragen kann, gab Apotheker Christian Schulz auf der INTERPHARM 2016.

Sind kleinere Kinder krank, ist man in der Apotheke in der Regel mit den Eltern konfrontiert. Diese sind dann oft unter Stress und wenig zugänglich für Informationen, berichtet Christian Schulz in seinem Vortrag auf der INTERPHARM im Berliner CityCube. Hier sei die Apotheke gefragt. Sie muss sicherstellen, dass das richtige Arzneimittel, in der richtigen Dosierung ausreichend lange verabreicht wird.

Ein Krankheitsbild, das bei Kindern häufig auftritt, ist die akute Otitis media. Hier kommen vor allem drei Arzneistoffklassen zum Einsatz: Analgetika, abschwellende Nasensprays und Antibiotika.

40 Prozent dosieren falsch

Besondere Schwierigkeiten scheint die richtige Dosierung zu bereiten. Studien zufolge machten 40 Prozent der Eltern hier Fehler, erzählt Schulz. Einige Stolperfallen zählte er auf. So könnte die Dosierungsangabe „ml“ für Milliliter leicht für „ML“ ­– also Messlöffel – gehalten werden.

Außerdem seien die Zahlenangaben auf den Dosierlöffeln mit transparenter Schrift auf transparentem Grund schlecht lesbar. Schulz empfiehlt daher, auf Präparate mit Dosierspritze zurückzugreifen. Auch ein entsprechender Vermerk in der Software habe sich seiner Erfahrung nach als hilfreich erweisen.

Die verordnete Dosierung sollte direkt auf der Flasche vermerkt werden, rät Schulz. Macht man das, wie in vielen Fällen üblich, auf dem Umkarton, besteht die Gefahr, dass der Dosierungshinweis gemeinsam mit der Verpackung im Altpapier landet, erklärt der Apotheker. Am besten verwendet man dabei ein Etikett mit dem Logo und der Telefonnummer der Apotheke. So ruft man sich als Apotheke vor Ort bei jeder Anwendung ins Gedächtnis und die Eltern wissen sofort, wen sie bei Problemen kontaktieren können.  

Bei Kindern Geschmackssache

Ein weiterer Aspekt, der bei Kindern nach Ansicht von Schulz nicht vernachlässigt werden darf, ist der Geschmack. Für einen Erwachsenen steht die Wirkung eines Arzneimittels im Vordergrund, erklärt Schulz. Ein kleines Kind könne das gar nicht erfassen. Schmeckt ein Arzneimittel nicht, wird es es ablehnen.

Die meisten Antibiotika- und Fiebersäfte sind in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen auf dem Markt. Bei Kindern, die zum wiederholten Male erkranken, sind Vorlieben und Abneigungen bekannt. Wenn nötig sollten Apotheker dann pharmazeutische Bedenken geltend machen, um eine Präparat abgeben zu können, dass das Kind akzeptiert. Das gelte nicht nur beim Geschmack, sondern auch bei Darreichungsformen. Manchmal werden Nasentropfen besser angenommen als Spray oder umgekehrt. 

Bei Ohrenschmerzen Nasenspray?

Bei Letzteren beiden sei es wichtig, den Eltern zu erklären, warum bei Ohrenschmerzen ein nasal angewendetes Arzneimittel zur Unterstützung es Sekretabflusses wichtig und hilfreich ist. Zumindest auf der Seite des betroffenen Ohres sollten Nasensprays oder -Tropfen eingesetzt werden. Und zwar ausreichend lange und ausreichen oft. Darauf weist Schulz explizit hin. „Wenn schon, dann richtig.“ Dreimal täglich über einen Zeitraum von fünf bis sieben Tagen, so seine Empfehlung. 

Wann zum Arzt?

Um einzuschätzen, wann man die Eltern mit dem Kind zum Arzt schicken muss oder ob eine Selbstmedikation möglich ist, empfiehlt Schulz die 24/7-Regel. Bei anhaltendem Schmerz, der länger als eben einen Tag andauert, oder eingeschränktem Hörvermögen über einen Zeitraum von sieben Tagen hinaus, ist ein Arztbesuch angezeigt. Weiter Indikationen sind hohes Fieber über 39 Grad oder Nackensteifigkeit. Diese Symptome können auf eine Meningitis hindeuten. Auch wenn die Beschwerden schlimmer werden oder neue Symptome auftreten, rät Schulz zum Arztbesuch. In anderen Fällen ist eine OTC-Therapie möglich.  


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