Rheumatoide Arthritis

Neues Therapie-Target entdeckt

01.06.2015, 09:45 Uhr

Neue Hoffnung für Patienten mit rheumatoider Arthritis? (Bild: fotodo/Fotolia)

Neue Hoffnung für Patienten mit rheumatoider Arthritis? (Bild: fotodo/Fotolia)


Remagen – Kalifornische Forscher haben eine neue Zielstruktur für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis identifiziert. Sie befindet sich an den Zellen, die direkt für die Knorpelschäden in den betroffenen Gelenken verantwortlich sind. Die Erkenntnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift „Science Translational Medicine“ veröffentlicht. Sie könnten die Tür zu einer völlig neuen Klasse von Medikamenten öffnen, die Gelenkschäden spezifisch verhindern.

„Leider sind die derzeitigen Immuntherapien für rund 40 Prozent der Patienten nicht ausreichend, um die Krankheit zu einer kompletten Remission zu bringen“, sagt der leitende Studienautor Dr. Nunzio Bottini, Associate Professor am La Jolla Institut für Allergie und Immunologie und außerordentlicher Professor für Medizin an der Universität von Kalifornien in San Diego. „Wenn wir ein Medikament finden könnten, das auf ein anderes Ziel wirkt, ohne die Immunsuppression zu steigern, könnte das sehr wertvoll sein.“

Was passiert bei rheumatoider Arthritis?

Die rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung, die zu steifen, deformierten Gelenken und oft lähmenden Schmerzen führt. Entzündliche Prozesse aktivieren die fibroblastartigen Synoviozyten (FLS), spezialisierte Zellen, die das Innere der Gelenke auskleiden, für deren Geschmeidigkeit sorgen und Gelenkverletzungen reparieren.

Einmal mobilisiert, dringen die ansonsten „ruhigen“ FLS in den umgebenden Knorpel ein und sezernieren Enzyme, die das feste, gummiartige Gewebe, das die Knochen bepolstert, abbauen. Außerdem lösen sie die Zerstörung der Knochen aus. „Obwohl die Synoviozyten bei der rheumatoiden Arthritis als die wichtigsten Effektoren von Knorpelschäden gelten, gibt es bislang keine Therapie gegen sie“, erklärt Bottini.

Das Verhalten der FLS wird durch intrazelluläre Signal-Kaskaden gesteuert. Die Signalübertragung hängt vom Vorhandensein (oder Fehlen) kleiner Phosphatgruppen ab. Die Änderung des Phosphorylierungsstatus eines Signalmoleküls löst spezifische Veränderungen im Aktivierungszustand aus.

Natürliche Bremse nutzen

Die Erstautorin der Publikation, Dr. Karen M. Doody vom La Jolla Institut für Allergie und Immunologie, hat Proben von Patienten mit rheumatoider Arthritis hinsichtlich der Expression von Phosphatasen gescreent und dabei entdeckt, dass das Enzym Rezeptor-Protein-Tyrosin-Phosphatase-Sigma (RPTPσ) auf der Oberfläche der FLS in hohem Maße exprimiert ist. Es wird normalerweise durch seine Wechselwirkung mit Proteoglykanen auf der Zell-Oberfläche über den so genannten Proteoglykan-Switch reziprok reguliert.

Tritt RPTPσ in Aktion, so schwächt es die Fähigkeit der arthritischen Synoviozyten, aggressiv in den Gelenk-Knorpel einzudringen. Diese natürliche Bremse wollen sich die Forscher zunutze machen. „Die Möglichkeit, RPTPσ zu aktivieren gibt uns ein spezielles Tool, mit dem die Migration und die Aggressivität der Synoviozyten reguliert werden kann“, sagt Doody.

Sie testet derzeit in präklinischen Modellen, ob die Kombination entsprechender Agentien mit anderen, bekannten Therapien zu wirksameren Behandlungen der rheumatoiden Arthritis führt. „Das ultimative Ziel ist es, Präparate, die an den Synoviozyten angreifen, mit Behandlungen, die das Immunsystem unterdrücken, wie Methotrexat oder anti-TNF, zu kombinieren. Damit würden alle drei Aspekte der rheumatoiden Arthritis bekämpft, die geschwollenen Gelenke als Folge der Entzündung, die Knorpelschäden und die Knochenschäden“, so Bottini.

Quelle: Doody KM et al. Targeting phosphatase-dependent proteoglycan switch for rheumatoid arthritis therapy. Sci Transl Med. 2015 May 20;7(288):288ra76.


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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