Herzinfarkt und Schlaganfall

Abwarten und Tee trinken? Viele wissen nicht, was im Notfall zu tun ist

Stuttgart - 17.09.2013, 15:00 Uhr


Beim Herzinfarkt und beim Schlaganfall zählt jede Minute. Voraussetzung für schnelles Handeln ist allerdings, dass man die Symptome erkennt und dann auch das Richtige tut. Eine Studie deckt überraschende Diskrepanzen zwischen Symptom- und Handlungswissen auf.

Einen Tee oder ein Schluck Wasser trinken oder sich ins Bett legen und einfach abwarten. Diese Empfehlung würden laut einer Befragung 28% der Deutschen geben, wenn sie bei einer anderen Person einen Schlaganfall vermuten. Lediglich ein Drittel der befragten Deutschen würde das einzig Richtige tun, nämlich einen Krankenwagen rufen. Das Paradoxe: Geht es darum, Symptome eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls zu erkennen, schneiden die Deutschen im europäischen Vergleich am besten ab.

Für die Studie legten Forscher vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung 10.228 Personen aus Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden, Großbritannien, Russland und Polen eine Liste mit verschiedenen Symptomen vor. Aus dieser Liste sollten die Probanden die Anzeichen auswählen, die sie für typisch für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt hielten. Von sechs Herzinfarktsymptomen erkannten die Deutschen im Schnitt 3,2. Italiener, Spanier, Polen und Russen identifizierten weniger als zwei Symptome. Insgesamt kennen etwa acht Prozent der Europäer kein einziges Symptom für einen Herzinfarkt. Das einzige Symptom, das deutlich mehr als die Hälfte kennt, ist Brustschmerz. Bei Kurzatmigkeit und Schmerzen in Arm oder Schulter denken bereits weniger als 50% an einen Herzinfarkt. Noch schlechter sieht die Sache beim Schlaganfall aus: Hier gaben 19% der Befragten an, keinerlei Symptome zu kennen. Auch hier erkannten Deutsche mit 5 von 14 Symptomen im europäischen Vergleich die meisten. Polen und Russen identifizierten im Schnitt nur 2,2 Symptome richtig. Allerdings wussten in diesen Nationen immerhin zwei Drittel, dass sie beim Auftreten von Schlaganfallsymptomen sofort einen Notarzt rufen müssen.

„Die Diskrepanz zwischen Symptom- und Handlungswissen ist vor allem in Deutschland überraschend“, kommentierten die Autoren vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung die Studienergebnisse. „Selbst Menschen mit Bluthochdruck oder Übergewicht, die ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall haben, sind nur wenig besser informiert. Wir reden über mehr Geld und bessere Technologie im Gesundheitswesen. Aber was wir am meisten bräuchten, sind mehr Bürger mit Gesundheitskompetenz und Ärzte, welche die Zeit haben, ihre Patienten zu informieren. Gesundheit ist zuallererst auch ein Bildungsproblem.“

Mata J, et al. Symptom recognition of heart attack and stroke in nine European countries: a representative survey; Health Expect. 2012 Mar 6. doi: 10.1111/j.1369-7625.2011.00764.x. [Epub ahead of print]


Julia Borsch


Das könnte Sie auch interessieren

Umgang mit Schmerzmitteln in Europa

Zurückhaltend bis sorglos

Internationale Umfrage

Viel Unwissen über Alzheimer

Progenerika veröffentlicht Übersicht über Produktionsstätten

Wo die Antibiotika herkommen

Die EM-Kandidaten und ihre Nachbarn im Vergleich

Wer ist Europameister der Gesundheit?