Computermodelle

Neuer Ansatz für die Bekämpfung resistenter Tumoren

Saarbrücken - 07.07.2012, 10:38 Uhr


Krebserkrankungen sind schwer zu behandeln, weil sich Tumore in jedem Patienten anders verhalten und im Laufe der Zeit verändern. Mehr Erfolg ist daher von Therapien zu erwarten, bei denen mehrere Wirkstoffe miteinander kombiniert werden. Dafür müssen die molekularen Besonderheiten des jeweiligen Tumors bestimmt werden.

Diesen Ansatz verfolgt Thomas Lengauer, Direktor am Max-Planck-Institut für Informatik. Gemeinsam mit Christoph Bock zeigt er jetzt Perspektiven auf, wie eine personalisierte Krebsbehandlung in Zukunft aussehen könnte.

HIV-infizierte Patienten müssen sich im Laufe ihres Lebens mehrfach einem Therapiewechsel unterziehen, da einzelne Therapien nach einer gewissen Zeit unwirksam werden. Das liegt daran, dass sich das Virus im Patienten laufend verändert und gegen einzelne Medikamente Resistenzen entwickelt. Ein ähnliches Muster ist bei Krebs zu beobachten.

Auf der Basis der Analyse des viralen Genoms kann man mithilfe des Computers Resistenzen erkennen und vielversprechende Therapien gegen das HI-Virus vorschlagen. Am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken wurde nun für eine Anzahl von viralen Infektionen, vornehmlich HIV/AIDS, die Software Geno2pheno entwickelt, die frei im Internet verfügbar ist. Diese schätzt das Maß der Resistenz gegen die einzelnen Wirkstoffe anhand der im Patienten gefundenen Virusvarianten. Sie ordnet dann die Wirkstoffkombinationen nach der Wahrscheinlichkeit, wie sie am besten gegen das Virus helfen.

Grundlage für diesen neuartigen Ansatz sind mathematische Modelle, die in der Datensammlung verborgene Muster und Zusammenhänge entdecken. Dieser systematische statistische Ansatz ist eine wichtige Alternative zu bisherigen Methoden der Resistenzbestimmung, die allein auf klinischer Expertise basieren.

Die neuen Methoden können sich möglicherweise auch auf die Behandlung von Krebs übertragen lassen. Am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin in Wien werden bereits mehrere Projekte in diese Richtung verfolgt. Hier werden unter anderem die Genome von Tumoren sequenziert und dann patientenspezifische Therapien entwickelt.

Literatur: Bock, C., T. Lengauer T: Nat. Rev. Cancer 2012, Online: doi: 10.1038/nrc3297


Dr. Bettina Hellwig


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