Astrozytome

Neuer Tumormarker kennzeichnet Resistenz

Heidelberg/Konstanz - 05.09.2009, 06:13 Uhr


Bösartige Hirntumore sprechen häufig nicht auf vielversprechende, neue Medikamente an. Ein „Todesrezeptor“ kann Hinweise darauf geben, wie groß die Erfolgschancen einer Chemotherapie sind. Gleichzeitig bietet er einen neuen Ansatz für eine erfolgversprechende Therapie von Hirntumoren.

Dr. Wolf Müller, Heidelberg, und sein Team konnten zeigen, dass bestimmte Hirntumore (Astrozytome) ein entscheidendes Protein auf ihrer Zelloberfläche, den so genannten Todesrezeptor, stilllegen können. An diesen Rezeptor docken die Medikamente an und bringen dadurch die Zellen zum Absterben. Ein intakter "Todesrezeptor" kann deshalb als Marker dafür dienen, ob eine Therapie Erfolgschancen hat. Die Studie wurde mit Fördermitteln des Tumorzentrums Heidelberg/Mannheim erstellt und in der Zeitschrift "Clinical Cancer Research" veröffentlicht.

Primäre Hirntumore, die sich aus Gehirnzellen entwickeln, insbesondere das bösartige Glioblastom, haben häufig eine schlechte Prognose. Obwohl die verschiedenen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft werden, sterben die Patienten mit einem Glioblastom in der Regel innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Diagnose. Deshalb arbeiten die Forscher mit Hochdruck daran, die Biologie dieser Tumoren besser kennen zu lernen, um effizientere Therapien zu entwickeln.

Die Heidelberger Wissenschaftler untersuchten verschiedene primäre Hirntumore, Astrozytome, zu denen auch das Glioblastom gehört, und stellten fest, dass das Gen für den Todesrezeptor DR4 in bis zu 75 Prozent der Fälle durch eine so genannte "Promoter-Methylierung" abgeschaltet war. Dies bedeutet, dass sich Methylgruppen an den Abschnitt des Gens anlagern, der für seine Aktivität, seine Expression, ausschlaggebend ist. Damit kann die Information des Gens nicht mehr abgelesen werden; das Gen ist stillgelegt.

Der Todesrezeptor DR4 ist ein attraktives Ziel für eine gezielte rezeptorspezifische Therapie. Der Antikörper Mapatumumab bindet direkt an den Rezeptor und kann den Zelltod auslösen. Der Antikörper wird zurzeit in einer Reihe von klinischen Studien der Phase II bei anderen soliden Tumoren, zum Beispiel Lungenkrebs, getestet.

Bei Gliomen erscheint die Behandlung mit Mapatumumab besonders interessant, da der Todesrezeptor in der Regel nur auf Tumorzellen, jedoch nicht auf anderen Gehirnzellen zu finden ist. Da Gliome besonders invasiv in das Gehirngewebe einwachsen, ist ihre chirurgische Entfernung unmöglich und eine Chemotherapie besonders schwierig. Mit Mapatumumab könnten chemotherapeutisch alle Tumorzellen erreicht und in den Zelltod getrieben werden, während gesunde Hirnzellen ohne Rezeptor geschont würden.

In Zellkulturversuchen konnten die Forscher die Methylierung bereits rückgängig und den "Todesrezeptor" wieder funktionstüchtig machen: Die Tumorzellen reagierten auf die Arzneimittel und starben ab. Wurde das Ablesen wieder unterdrückt, waren die Zellen erneut resistent.

"Bisher ist es noch nicht möglich, therapeutisch ausschließlich einzelne Gene gezielt durch diese Manipulationen anzuschalten. Die Kenntnis der Tumormarker kann jedoch richtungweisend für die Entwicklung neuer Therapien sein, die diese Genmanipulation zum Ziel hat", erklärte Dr. Wolf Müller. Durch gezielte Untersuchungen am Tumorgewebe vor einer solchen Therapie könnten nun die Patienten mit einem intakten Todesrezeptor identifiziert werden. Diese hätten dann gute Voraussetzungen, um von der erfolgversprechenden Therapie zu profitieren, während anderen Patienten zumindest die Nebenwirkungen einer aussichtslosen Therapie erspart blieben.

Literatur: Agnes Elias, Markus D Siegelin, Albert Steinmüller, Andreas von Deimling, Ulrike Lass, Bernhard Korn, Wolf Mueller: Epigenetic silencing of death receptor 4 mediates tumor necrosis factor-related apoptosis-inducing ligand resistance in gliomas. Clinical Cancer Research 2009, Epub ahead of print.


Bettina Hellwig