Arzneimittel und Therapie

Telomerasehemmer Imetelstat bei Hirntumoren wirksam?

Imetelstat wird bereits in klinischen Studien als Wirkstoff gegen Brust- und Lungenkrebs untersucht. Er könnte aber auch gegen Hirntumore wirksam sein. Die Substanz hemmt die Aktivität der Telomerase. Dieses Enzym gilt als ein möglicher Schlüsselfaktor bei der Krebsentstehung. Im Tierversuch konnten US-Wissenschaftler jetzt zeigen, dass Imetelstat im Gegensatz zu anderen potenziellen Wirkstoffen die Blut-Hirn-Schranke überwindet und somit auch zur Therapie von Glioblastomen und anderen bösartigen Hirntumoren eingesetzt werden könnte [1].

Das Glioblastom wird aufgrund der sehr schlechten Prognose nach der WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems als Grad IV eingestuft. In Deutschland erkranken jährlich etwa 6000 Menschen an diesem bösartigen primären Hirntumor. Die konventionelle Therapie besteht in einer operativen Reduktion der Tumormasse, Bestrahlung und Chemotherapie. Eine endgültige Heilung kann derzeit nicht erreicht werden, und die mittlere Überlebenszeit liegt in einer Größenordnung von wenigen Monaten.

Wie wirkt der Telomerasehemmer?

Bei jeder Zellteilung verkürzen sich die Enden der Chromosomen, die als Telomere bezeichnet werden, und zwischen 50 und 100 Basenpaare gehen verloren. Ab einer bestimmten Teilungszahl können sich die Chromosomen dann nicht mehr replizieren und die Zellen absterben. Das Enzym Telomerase kann dann diese Endstücke, die Telomerkappen, wiederherstellen und die Telomere verlängern. Von dieser zunächst positiv klingenden Funktion profitieren allerdings vor allem entartete, sich schnell teilende Krebszellen und in 80 bis 90 Prozent der menschlichen Krebszellen ist eine Telomerase-Überproduktion nachweisbar.

Aus früheren Studien war bekannt, dass Imetelstat als Telomerasehemmer wirkt. In der jetzt durchgeführten Studie zur Entstehung des Glioblastoms bei Mäusen konnten US-Wissenschaftler zeigen, dass Imetelstat sowohl in Tumorstammzellen als auch in den Tumorzellen selbst die Aktivität der Telomerase hemmt. Dies stoppt die weitere Zellteilung und führt schließlich zum Absterben der Krebszellen. Gerade Tumorstammzellen beeinflussen offensichtlich Entstehung und Wachstum der Hirntumore ganz entscheidend. Die Stammzellen sind zudem häufig resistent gegen herkömmliche Krebstherapien wie Bestrahlung und Chemotherapie. Darüber hinaus konnten die Forscher nachweisen, dass der Wirkstoff nach einer Implantation von Tumorstammzellen und anschließender Behandlung auch die Blut-Hirn-Schranke überwinden und im Gehirn die Telomerase-Aktivität dosisabhängig hemmen kann.

Die Behandlung mit Imetelstat über einen längeren Zeitraum führte zu einer progressiven Verkürzung der Telomere, eine Verringerung der Proliferationsrate und schließlich zum Zelltod der krebsauslösenden Glioblastomzellen. Eine Kombinationstherapie mit Bestrahlung und dem Zytostatikum Temozolomid war besonders erfolgreich: Die Zahl der krebsauslösenden Zellen wurde deutlich gesenkt und DNA-Reparaturmechanismen aktiviert.

Da die Wirkungsweise von Telomerase-Inhibitoren in einen für die Genese von vielen Krebsarten wichtigen Prozess eingreift, sollten entsprechende Therapiemöglichkeiten grundsätzlich geprüft werden. So konnten jetzt auch Prostatakrebs-Stammzellen mit Imetelstat erfolgreich bekämpft werden [2].


Quellen

[1] Shay, J.; et al.: The Telomerase Antagonist, Imetelstat, Efficiently Targets Glioblastoma Tumor-Initiating Cells Leading to Decreased Proliferation and Tumor Growth. Clin. Cancer Res. 2010; 16(1): 154 – 163.

[2] Marian, C.O.; et al.: The effects of telomerase inhibition on Prostate tumor-initiating cells. Intern. J. Cancer; doi.10.1002/ ijc.25043, 11. November 2009.


Dr. Hans-Peter Hanssen

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