Signalmolekül

HMGB1 tötet Hirntumorzellen

05.11.2010, 06:41 Uhr


Das Protein HMGB1, das als körpereigenes Alarmsignal wirkt, löst in bösartigen Hirntumorzellen eine noch unbekannte Art des Zelltods aus. Charakteristisch daran ist, dass die sterbenden Zellen riesige Mitochondrien bilden, wie

Gesunde Gehirnzellen dagegen sind resistent gegen diese Form des Zelltods - das Alarmprotein könnte daher möglicherweise die Behandlung gefährlicher Hirntumoren verbessern.

Entdecken Ärzte im Blut ihres Patienten hohe Konzentrationen des Proteins HMGB1, so bedeutet dies normalerweise nichts Gutes: Der körpereigene Alarmstoff weist auf ernste Erkrankungen hin, wie eine Blutvergiftung oder Malaria im Endstadium. Absterbende Zellen setzen HMGB1 frei. Das Protein kann an verschiedene Rezeptoren von Immunzellen andocken und setzt so entzündliche Prozesse in Gang oder aktiviert die Immunabwehr.

Heidelberger Forscher entdeckten nun eine bisher unbekannte Wirkung des Alarmstoffs: Werden bösartige Hirntumorzellen mit gentechnisch hergestelltem HMGB1 behandelt, so sterben sie ab - und zwar auf eine Weise, die Wissenschaftler bislang noch nie beobachtet hatten. Typisches Kennzeichen dieses neu beschriebenen Zelltods ist ein enormes Anschwellen der Mitochondrien. Diese kleinen Zellorgane versorgen normalerweise die Zelle mit Energie. Im Verlauf des durch HMGB1 ausgelösten Zelltods zersetzen sich sowohl die Proteine der Mitochondrien als auch deren eigenes Erbmaterial.

Besonders aufmerksam wurden die Forscher, als sie entdeckten, dass gesunde Gehirnzellen (Astrozyten) resistent gegen den HMGB1-bedingten Zelltod sind. HMGB1 wirkt darüber hinaus nicht nur in der Kulturschale: Bei Mäusen, denen Hirntumoren übertragen worden waren, ließ eine Behandlung mit HMGB1 den Krebs schrumpfen. Wissenschaftler waren bislang davon ausgegangen, dass HMGB1 durch seine immunstimulierende Wirkung dem Körper bei der Krebsbekämpfung helfen könnte. Eine direkte tödliche Wirkung auf Krebszellen war aber noch nicht bekannt.

Die Wissenschaftler können allerdings noch nicht erklären, warum eine äußerliche Gabe von HMGB1 das Absterben der Hirntumorzellen bewirkt - nicht aber das HMGB1, das jede Zelle ohnehin selbst bildet. Der durch HMGB1 ausgelöste Zelltod ist tumorspezifisch. Die Wissenschaftler prüfen nun, ob das Alarmprotein die Behandlung der gefährlichen Glioblastome verbessern kann. Gerade bei diesen Hirntumoren stehen bis heute kaum wirksame Therapien zur Verfügung.

Quelle: Gdynia, G., et al.: Cancer Research 2010, Online-Veröffentlichung DOI: 10.1158/0008-5472.CAN-10-0204.


Dr. Bettina Hellwig