Neue Arzneimittel

Antiepileptikum Lacosamid

Konstanz - 02.08.2009, 14:42 Uhr


Die Aminosäure Lacosamid (Vimpat®) ist ein neues Antiepileptikum zur Zusatzbehandlung (add-on) von Epilepsie-Patienten ab 16 Jahren, die fokale Anfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung haben.

Lacosamid verstärkt selektiv die langsame Inaktivierung der Natriumkanäle und dämpft so die überschießenden Nervenreaktionen, ohne die normale Kommunikation der Nervenzellen zu stören. Außerdem moduliert Lacosamid das Collapsing response mediator protein 2 (CRMP-2). Dieses Protein ist im zentralen Nervensystem an der Differenzierung von Nervenzellen und am Aussprossen von Axonen beteiligt.

Lacosamid wird zweimal täglich unabhängig von der Nahrung eingenommen. Die Therapie beginnt einschleichend mit zweimal 50 mg täglich und wird schrittweise gesteigert; die empfohlene Tageshöchstdosis liegt bei 400 mg. Nach peroraler Gabe ist Lacosamid fast vollständig bioverfügbar. Ist die Einnahme vorübergehend nicht möglich, kann Lacosamid auch infundiert werden.

Lacosamid wird renal ausgeschieden, zum Teil als unverändertes Molekül (40%) oder in Form des unwirksamen O-Desmethyl-Hauptmetaboliten (<30%). Die Eliminationshalbwertszeit beträgt etwa 13 Stunden. Da Lacosamid die Enzyme des Cytochrom-P450-Systems nicht beeinflusst und nicht über p-Glykoprotein transportiert wird, sind kaum Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln zu erwarten. Dennoch ist Vorsicht geboten, wenn Lacosamid mit Stoffen wie Carbamazepin, Lamotrigin und Pregabalin kombiniert wird, da diese ebenso wie Lacosamid die PR-Zeit im EKG verlängern können. Bei Personen, die einen AV-Block zweiten oder dritten Grades aufweisen, darf Lacosamid nicht angewendet werden.

Lacosamid wurde als Zusatztherapie bei Patienten mit therapierefräktären fokalen Anfällen in drei großen multizentrischen randomisierten Studien mit insgesamt 1308 Patienten untersucht. Die Patienten, die trotz Therapie mit meist zwei bis drei anderen Antikonvulsiva immer wieder Anfälle hatten, erhielten zusätzlich Lacosamid in unterschiedlichen Dosen oder Placebo. In diesen Studien verringerte Lacosamid in einer Dosis von 200 oder 400 mg täglich die Anfallshäufigkeit wirksamer als Placebo: Bei 40% der Patienten, die 400 mg Lacosamid täglich als Zusatzbehandlung erhielten, verringerte sich die Anfallshäufigkeit um mindestens 50%, in der Placebogruppe dagegen nur um 22%. Die 600-mg-Dosis war genauso wirksam wie die 400-mg-Dosis, führte aber zu mehr Nebenwirkungen.

Die häufigsten Nebenwirkungen von Lacosamid (bei mehr als 1 von 10 Patienten) waren Schwindel, Kopfschmerz, Diplopie und Übelkeit. 12% der Studienteilnehmer brachen die Behandlung wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen, vor allem wegen Schwindelgefühl und Übelkeit, ab.

Lacosamid wurde und wird außerdem zur Behandlung der diabetischen Neuropathie, der Fibromyalgie, der Osteoarthitis und zur Migräneprophylaxe in klinischen Studien getestet.


Bettina Hellwig