Arzneimittel und Therapie

TNF-alpha-Blocker schmälern Impfschutz gegen Omikron-Variante

Selbst dritte Impfung schützt nicht ausreichend

Bei Patienten, die aufgrund einer chronisch-entzündlichen Erkrankung mit einem TNF-alpha-Blocker behandelt werden, wirkt eine Impfung gegen SARS-CoV-2 nur begrenzt. So zeigten Mitarbeiter des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), dass die Langzeitwirkung von COVID-19-Impfstoffen bei den Betroffenen deutlich vermindert ist und auch eine dritte Impfung nicht ausreichend vor Omikron-Virusvarianten schützt.

Bereits in früheren Studien wurde ein negativer Einfluss von TNF-α-Blockern auf die immunologische Antwort einer Impfung gegen SARS-CoV-2 beobachtet. Nach anfänglich normaler Immunantwort auf mRNA-Impfstoffe sank bei Patienten unter einer Therapie mit TNF-α-Blocker der Spiegel an neutralisierenden Antikörpern rascher als bei Menschen, die mit anderen antirheumatischen Wirkstoffen behandelt wurden und auch schneller als bei gesunden Vergleichspersonen. Daher sollte der Einfluss einer immunsuppressiven Therapie auf die Entwicklung einer adaptiven Immunität nach einer Impfung gegen SARS-CoV-2 genauer untersucht werden. Dazu wurden drei Kohorten gebildet und zwar mit

  • Patienten, die aufgrund einer chronisch entzündlichen Erkrankung mit einem TNF-α-Blocker behandelt wurden (n = 10),
  • Patienten mit demselben Krankheitsbild, die ein anderes Disease-modifying antirheumatic drug (DMARD) erhielten (n = 12) sowie
  • Probanden einer gesunden Kontrollgruppe (n = 24).

Festgehalten wurden verschiedene immunologische Parameter (unter anderem Qualität und Quantität SARS-CoV-2-spezifischer B-Zellen, T-Zell-Immunantwort, neutralisierende Antikörper, anti-SARS-CoV-2-IgG-Spiegel) zu verschiedenen Zeiten nach der zweiten und dritten Impfung, um mögliche Veränderungen des Impfschutzes gegen die kursierenden Omikron-Virusvarianten zu untersuchen.

Sollten Rheumatiker überhaupt geimpft werden?

Das Robert Koch-Institut (RKI) stellt in seinen Impfempfehlungen ganz deutlich klar, dass Autoimmunerkrankungen oder chronisch-entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis grundsätzlich keine Kontraindikation für Schutzimpfungen darstellen. Dass eine Impfung in ursächlichem Zusammenhang mit einer neu aufgetretenen Autoimmunkrankheit bzw. einer chronisch-entzündlichen Erkrankung oder einem Schub einer bereits bestehenden Erkrankung steht, konnte bisher nicht in Studien gezeigt werden.

Dagegen können bei ungeimpften Personen mit Autoimmunkrankheiten oder chronisch-entzündlichen Erkrankungen entsprechende Infektionen einen Schub auslösen und Morbidität und Mortalität erhöhen. Auch haben diese Personen durch die Grunderkrankung bzw. die notwendige Therapie ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf.

Impfungen können somit das Risiko für symptomatische Erkrankungen durch die jeweiligen Erreger und für infektionsgetriggerte Schübe der Grunderkrankung verringern, so das RKI.

Weniger neutralisierende Antikörper unter TNF-α-Blockern

Bei Patienten unter einer Therapie mit TNF-α-Blockern nahm die humorale Antwort auf eine SARS-CoV-2-Impfung deutlich rascher ab als bei den Probanden der Kontrollgruppen. So waren in der TNF-α-Blocker-Gruppe sechs Monate nach der zweiten Impfung mehrere immunologische Parameter wie die anti-SARS-CoV-2-IgG-Spiegel, die Bindungsstärke (Anti­körperavidität) von SARS-CoV-2-­­IgG-Antikörpern und die Titer neutralisierender Antikörper stärker gesunken als in den zwei anderen Gruppen. Auch nach der dritten Impfung hatten diese Patienten weniger neutralisierende Antikörper. Insbesondere war die Wirksamkeit gegen Omikron-Varianten limitiert. Diese Beobachtung wird von einem Studienautor folgendermaßen kommentiert: „Auch bei gesunden Menschen ist der Schutz gegen Omikron sechs Monate nach der zweiten Impfung herabgesetzt. Eine dritte Impfung verbessert den Schutz aber wieder deutlich. Patientinnen und Patienten unter TNF-α-Blocker-Therapie schützt jedoch selbst diese dritte Impfung nicht ausreichend.“

Für diese vulnerable Patientengruppe empfehlen die Studienautoren eine regelmäßige Messung der anti-SARS-CoV-2-IgG-Werte und der Titer neutralisierender Antikörper, um bei Bedarf eine frühere Booster-Impfung anbieten zu können. Erkranken diese Patienten an einer SARS-CoV-2-Infektion, sollten sie engmaschig überwacht werden, um im Bedarfsfall medikamentös therapiert zu werden. |
 

Literatur

Geisen UM et al. The long term vaccine-induced anti-SARS-CoV-2 immune response is impaired in quantity and quality under TNF-α-blockade. J Med Virol 2022, doi: 10.1002/jmv.28063, Epub ahead of print, PMID: 35945627

Stellen Autoimmunerkrankungen oder chronisch-entzündliche Erkrankungen Kontraindikationen gegen Impfungen dar? Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI), Stand: 16. Juli 2020, www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/AllgFr_Kontraindi/FAQ01.html

Rheuma-Medikament kann Impfschutz gegen Omikron mindern. Pressemitteilung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein vom 24. August 2022, www.uksh.de/Service/Presse/Presseinformationen/2022/Rheuma_Medikament+kann+Impfschutz+gegen+Omikron+mindern-p-195613.html

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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