Gesundheitspolitik

Unzulässige Absprache

Novartis und Roche vor dem EuGH

BERLIN (ks) | Obwohl Avastin® – anders als Lucentis® – für keine augenheilkundliche Indikation zugelassen ist, kommt es off-label breit zur Anwendung. Die Hersteller, Roche und Novartis, wollten dies unterbinden. Die ­italienische Wettbewerbsbehörde intervenierte. Nun hat der Europäische Gerichtshof über den Fall befunden (Rs.: C 179/169).

Ausgangspunkt war ein Streit zwischen der italienischen Wettbewerbsbehörde AGCM sowie Novartis und Roche. Im Jahr 2014 hatte die AGCM gegen beide Konzerne ­jeweils eine Geldbuße von rund 90 Mio. Euro verhängt. Der Grund: Sie sollen sich abgesprochen haben, eine künstliche Unterscheidung zwischen Avastin® und Lucentis® vorzunehmen. Die beiden monoklonalen Antikörper wurden einst von Genentech hergestellt, einer Roche-Tochter. Mit einer Lizenzvereinbarung überließ Genentech die gewerbliche Verwertung von Lucentis® jedoch Novartis. Avastin® wird hingegen von Roche vertrieben.

Die AGCM war der Auffassung, dass die beiden Präparate gleichwertig augenheilkundlich eingesetzt werden können. Doch die Firmen hätten sich abgesprochen, in der Öffentlichkeit Bedenken hervorzurufen, ob das deutlich günstigere Avastin® in dieser Indikation tatsächlich sicher ist. Durch eine Verlagerung der Nachfrage zu Lucentis® sollen dem italienischen Gesundheitswesen allein im Jahr 2012 Mehrkosten in Höhe von etwa 45 Mio. Euro entstanden sein.

Der EuGH stellt in seinem Urteil zunächst fest, dass Avastin® und Lucentis® zum selben Markt ge­hören und daher miteinander im Wettbewerb stehen. Zudem könne die Absprache zwischen Roche und Novartis nicht als eine zulässige Nebenabrede zu ihrer bestehenden Lizenzvereinbarung gerechtfertigt werden. Denn diese Absprache habe darauf abgezielt, das Verhalten Dritter, insbesondere von Ärzten, zu beeinflussen. Das könne eine „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung sein. Eine solche liege vor, wenn konkurrierende Unternehmen eine Absprache treffen, um irreführende Informationen über die Nebenwirkungen eines Medikaments zu verbreiten, um den Wettbewerbsdruck auf ein anderes Arzneimittel zu senken. Ob die Informationen tatsächlich irreführend sind, hat nun das italienische Gericht zu überprüfen. |

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