Wirtschaft

Rohertrags-Monitor 1. Quartal 2014

Betriebswirtschaftliche Analyse der Entwicklung des Apothekenhonorars

Seit dem 1. Januar 2004, mit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG), gilt die neue Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel (Rx-FAM), auch Kombimodell genannt. Politisches Ziel dieser Umstellung war es, die Honorierung des Apothekers bzw. der Apotheke vom Preis des Herstellers abzukoppeln, und damit den Berufsstand aufzuwerten.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser neuen Preisbildungssystematik für Apotheken werden – beginnend mit dem Berichtsmonat August 2011 und auf der Grundlage der von Insight Health* zur Verfügung gestellten Daten – regelmäßig für die beiden vorangegangenen Jahre und die bisherigen Monate des aktuellen Jahres im Rohertrags-Monitor fortgeschrieben. Grundsätzliche Bemerkungen zur Umstellung der AMPreisV auf Großhandelsebene (jeweils zum 1.1.2011 und 1.1.2012) und zur Korrektur des Kassenabschlags aus 2010 sind darüber hinaus im Rohertrags-Monitor März 2012 niedergelegt.

*Insight Health ist ein führender Informationsdienstleister im Gesundheitsmarkt mit einem breiten Portfolio datenbasierter Services zur Markt- und Versorgungsforschung. Insight Health bietet individuelle Lösungen für die pharmazeutische Industrie, Krankenversicherungen, Ärztevereinigungen, Behörden, Politik und weitere Entscheider im Gesundheitsmarkt.

Informationen unter www.insight-health.de.

Seit August 2013 wird zusätzlich eine Nacht-und Notdienstgebühr (NG) für jedes abgegebene verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel fällig. Da dieser „Notdienst-Groschen“ von 0,16 Euro pro abgegebenem Rx-FAM von der Apotheke zwar eingezogen, anschließend aber sofort wieder an den Nacht- und Notdienst-Fonds des DAV (NNF) abgeführt wird, findet die NG bei der Ermittlung des Apothekenrohertrags aus verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln ebenso wenig Berücksichtigung wie die Sonderkosten der Beschaffung, die noctu-Gebühr (von 2,50 Euro brutto) usw. Weil nicht bekannt, können auch die Umsatz- und Ertrags-mindernden Retaxationen der Krankenkassen bei der Umsatz- und Rohertragsermittlung an dieser Stelle nicht berücksichtigt werden.

Wegen der überragenden Bedeutung der verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel für öffentliche Apotheken sind die Honorierung des Apothekers und der Rohertrag einer Apotheke in hohem Maße abhängig von der Zahl der abgegebenen verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel (Rx-FAM), von deren Apothekeneinkaufswert, vom gültigen Mehrwertsteuersatz sowie – bei zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM – vom Kassenabschlag (Rabatt nach § 130 SGB V). Dieser Rohertragsmonitor stellt die wirtschaftliche Situation der öffentlichen Apotheken und die Auswirkungen der Preisbildungssystematik auf Grundlage der Daten von Insight Health* dar.

Moderater Rückgang der Verordnungen

In den ersten drei Monaten des Berichtsjahres sind 151,8 Mio. Packungen Rx-FAM zulasten der GKV verordnet worden. Auch wenn gegenüber dem Vorjahresquartal die Zahl der in der GKV Versicherten um 0,4% angestiegen und zusätzlich ein Werktag mehr zu verzeichnen ist, blieb die Zahl der Verordnungen (mit 152,4 Mio. Packungen) um 0,4% hinter dem Vergleichswert des Vorjahres zurück. Daraus auf eine Zurückhaltung der Ärzte bei den Arzneimittelverordnungen zu schließen, wäre falsch, gab es zu Anfang des Vorjahres doch Sondereffekte, die es zu berücksichtigen gilt. Mit Beginn des Jahres 2013 wurde die Praxisgebühr ausgesetzt, so dass viele Patienten ihre für Ende 2012 geplanten Arztbesuche in den Januar 2013 verschoben haben. Damit war der Januar 2013 (mit 54,3 Mio. Packungen an Rx-FAM) der verordnungsstärkste Monat überhaupt seit Einführung des Kombimodells 2004. Dementsprechend wurden im Januar 2014 (mit 52,8 Mio. Packungen) knapp 2,8% weniger Rx-FAM abgegeben als im Januar 2013. Vergleicht man hingegen die Zahl der abgegebenen Rx-FAM-Packungen aus Januar 2014 mit dem Wert aus 2012, so ist zu konstatieren, dass die Packungszahl im ersten Monat des aktuellen Jahres den Vergleichswert aus Januar 2012 um 5,9% übertroffen hat (vgl. Abb. 1). Neben dem Wegfall der Praxisgebühr beeinflusste eine Erkältungs- und Grippewelle zu Anfang 2013, die in 2014 ausgeblieben ist, die Mengenentwicklung sehr stark. Das zeigt sich unter anderem daran, dass der durchschnittliche Abgabepreis je Rx-FAM (hier definiert als Umsatz je Packung) im Januar 2014 um fast 3,5% und im Februar 2014 um mehr als 3,9% über dem Wert des entsprechenden Vorjahresmonats liegt. Im – gegenüber dem Vorjahr verordnungsstärkeren – März 2014 (Packungszuwachs von 2,3%) liegt der durchschnittliche Wert je Packung hingegen nur noch 0,3% über dem Vergleichswert des Vorjahres.

Abb. 1: Entwicklung der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungenin den Monaten Januar 2012 bis März 2014 (Monatsdurchschnitt 2004 = 100).

Da im ersten Quartal 2014 die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen um 0,4% zurückgegangen ist und der Kassenabschlag mit 1,80 Euro je Packung in dieser Zeit um 5 Cent höher liegt als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, bleibt das Packungs-bezogene Honorar in den Monaten Januar bis März 2014 um 1,0% (oder um gut 10,5 Mio. Euro) hinter dem Vergleichswert des Vorjahres zurück.

Gerade angesichts der demografischen Entwicklung, einer weiterhin feststellbaren Zunahme der Zahl der GKV-Versicherten und der zunehmenden Möglichkeiten, Krankheiten vermehrt in der ambulanten Versorgung durch den Einsatz von Medikamenten zu behandeln, dürften – mittel- bis langfristig betrachtet – die Verordnungszahlen eher weiter anwachsen. Zentrale Aufgabe der Apotheke wird damit sein, in Zukunft eine noch größere Verantwortung im Rahmen der Arzneimitteltherapiesicherheit zu übernehmen.

Apothekeneinkauf wächst überdurchschnittlich

Auch wenn die Zahl der Verordnungen von Rx-FAM zulasten der GKV im ersten Quartal leicht gesunken ist, hat das zugehörige Einkaufsvolumen deutlich, und zwar um mehr als 7,2%, zugelegt (vgl. Abb. 2). Betrug der Anstieg im Januar fast 5,8%, so legte das Einkaufsvolumen im Februar um annähernd 9,0% zu; mit einem Plus von fast 7,2% wurde im März in etwa der Durchschnittswert des ersten Quartals erreicht. Bedingt durch die Erkältungswelle zu Anfang 2013 wurden im ersten Quartal des Berichtsjahres folglich wieder mehr höherpreisige Arzneimittel verordnet.Am Zuwachs des Apothekeneinkaufswertes partizipieren die Apotheken unverändert mit 3%; im Ergebnis bedeutet dies für die ersten drei Monate 2014 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres einen Rohertragszuwachs aus kaufmännischer Komponente von ebenfalls knapp 7,2% (bzw. in absoluten Zahlen von 10,9 Mio. Euro).

Abb. 2: Entwicklung der Apotheken-Einkaufswerte der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM in den Monaten Januar 2012 bis März 2014 (Monatsdurchschnitt 2004 = 100).

Ein Blick auf Abb. 2 zeigt, dass der durchschnittliche Einkaufswert (lt. AMPreisV) für die ersten drei Monate 2014 um 33,7% über dem entsprechenden Vergleichswert des Ausgangsjahres (Basisjahr 2004) liegt. Im selben Zeitraum ist die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen um 15,4% gewachsen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Apothekeneinkaufswert je Rx-FAM im betrachteten Zeitraum mehr als doppelt so schnell gewachsen ist wie die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Packungen.

Apothekenrohertrag bleibt unter Niveau von 2011

Die zentrale Größe für die Höhe des Apothekenrohertrages aus Leistungen zugunsten von Versicherten der GKV ist die Zahl der abgegebenen Rx-FAM. Diese ist im Berichtszeitraum wie geschildert um 0,4% gefallen. Verbunden mit dem gegenüber dem Vorjahreszeitraum höheren Kassenrabatt (von 1,80 Euro je Packung, gegenüber 1,75 Euro in den Monaten Januar bis Juni 2013) ist der Rohertrag aus Packungen um 1,0% gesunken. Der außergewöhnlich hohe Zuwachs beim Apothekeneinkaufswert (von 7,2%) hat dazu geführt, dass der Gesamtrohertrag der Apotheken aus Rx-FAM im Berichtszeitraum um gerade einmal 0,03% gestiegen ist, also quasi stagniert.

Bedenkt man, dass im ersten Quartal 2014 der Apothekeneinkaufswert um gut 7,2% zugelegt hat, Brutto- wie Netto-Umsatz ebenso wie die Mehrwertsteuer um 5,8% gestiegen sind, so sind es wieder die Apotheken, die an dieser Entwicklung nicht partizipieren konnten.

Aufgrund des konstatierten Umsatzzuwachses ist der Rohertrag in Prozenten des Umsatzes (= Betriebshandelsspanne) im Januar (mit 15,21%), im Februar (mit 15,25%) und im März (mit 15,36%) deutlich unter den entsprechenden Vergleichswerten aus 2013 geblieben (vgl. Abb. 3). Eine Annäherung an die desaströsen Werte des Jahres 2012 steht zu befürchten. Berücksichtigt man zusätzlich die Roherträge aus zulasten der PKV verordneten Rx-FAM, so ist bei der Betriebshandelsspanne (gemäß AMPreisV) das Niveau von 2012 sogar teilweise schon unterschritten.Die Not- und Nachtdienstgebühr bleibt im Rahmen dieser Analyse unberücksichtigt, stellt sie doch nur einen (zudem unzureichenden) Ausgleich für einen Dienst an der Allgemeinheit dar, der seit August 2013 nicht mehr quasi komplett umsonst verrichtet werden muss, sondern nur weniger defizitär ausfällt. Berücksichtigt man diese Gebühr (von durchschnittlich maximal 6000 Euro

Abb. 3: Betriebshandelsspanne aus zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM in Prozenten des Bruttoumsatzes in den Monaten Januar 2010 bis März 2014 (Vergleich: Jahresdurchschnitt 2004 = 100).

je Apotheke p.a.), so bleibt weiterhin zu konstatieren, dass die Anpassung des Festzuschlags zum 1.1.2013 auf 8,35 Euro auch nicht annäherungsweise die Voraussetzungen schafft, das Rohertragsniveau der Apotheken aus dem Ausgangsjahr des Kombimodells, dem Jahre 2004, zu erreichen.

Mehrwertsteuer bleibt Kostentreiber

Der durchschnittliche Preis der im Jahresdurchschnitt 2004, im März d.J. und in den ersten drei Monaten 2014 zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen sowie die wertmäßigen Anteile der Wertschöpfungsstufen und deren Entwicklung seit 2004 sind der Tabelle zu entnehmen. Bei einem Zuwachs des Apothekeneinkaufswertes je abgegebener Rx-FAM-Packung von aktuell 29,7% (bzw. um 8,14 Euro) stieg der GKV-Abrechnungspreis (ohne MwSt.) um 28,8% (bzw. um 11,57 Euro). Dabei ist die Apothekenmarge innerhalb von 10 Jahren gerade einmal um nur 9,9% (bzw. um 71 Cent) gegenüber 2004 angewachsen. Kostentreiber Nummer eins ist nach wie vor die Umsatzsteuer, die im Vergleichszeitraum um 49,1% (bzw. um 2,72 Euro) – und damit annähernd fünfmal so schnell wie der Apothekenrohertrag – gestiegen ist.

Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, langjähriger Geschäftsführer des Apothekerverbandes Nordrhein e.V., Essen, E-Mail: uwe.huesgen@web.de

 

Rohertrags-Monitor

Die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der Honorierungssystematik apothekerlicher Leistungen für die Jahre 2004 bis 2010 sind nachfolgendem Beitrag zu entnehmen:


Der Rohertrags-Monitor, DAZ 2011, Nr. 45, S. 75


Beginnend mit August 2011 werden die Zahlen auf der Basis der von Insight Health* zur Verfügung gestellten Daten regelmäßig fortgeschrieben. Sie finden den Rohertrags-Monitor …


... August 2011 in AZ 2011, Nr. 47, S. 2

... September 2011 in AZ 2011, Nr. 49, S. 2

... Oktober 2011 in AZ 2011, Nr. 51/52, S. 2

... November 2011 in AZ 2012, Nr. 1/2, S. 2

... Dezember 2011 in AZ 2012, Nr. 7, S. 6

... Januar 2012 in AZ 2012, Nr. 13, S. 3

... Februar 2012 in AZ 2012, Nr. 17, S. 4


... März 2012 in AZ 2012, Nr. 19, S. 2

(Enthält auch grundsätzliche Bemerkungen zur Umstellung der AMPreisV auf Großhandelsebene (zum 1.1. 2011 bzw. zum 1.1. 2012) und zur Korrektur des Kassenabschlags im Jahre 2010.)


... April 2012 in AZ 2012, Nr. 23, S. 4

... Mai 2012 in AZ 2012, Nr. 28, S. 4

... Juni 2012 in AZ 2012, Nr. 33/34, S. 6

... Juli 2012 in AZ 2012, Nr. 36, S. 4

... August/September 2012 in AZ 2012, Nr. 49, S. 4

... Oktober 2012 in AZ 2012, Nr. 51/52, S. 4

... November 2012 in AZ 2013, Nr. 3, S. 4

... Dezember 2012 in AZ 2013, Nr. 6, S. 4

... Januar/Februar 2013 in AZ 2013, Nr. 16, S. 6

... März 2013 in AZ 2013, Nr. 21, S. 4

... April 2013 in AZ 2013, Nr. 25, S. 4

... Juni 2013 in AZ 2013, Nr. 33/34, S. 4

... Dezember 2013, Teil 1 in AZ 2014, Nr. 7, S. 6

... Dezember 2013, Teil 2 in AZ 2014, Nr. 8, S. 4

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