Wirtschaft

Rohertrags-Monitor April 2013

Betriebswirtschaftliche Analyse der Entwicklung des Apothekenhonorars

Zum 1. Januar 2004, mit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG), ist die ehemals degressiv ausgestaltete Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) umgestellt worden; seitdem gilt für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel (Rx-FAM) das sogenannte Kombimodell. Mit dieser Umstellung sollte der Berufsstand aufgewertet werden, indem man die apothekerliche Vergütung für die Beratung und Abgabe von Rx-FAM nur noch marginal an den (Herstellerabgabe-)Preis gekoppelt (kaufmännische Komponente von 3 Prozent auf den Apothekeneinkaufspreis) und ergänzend einen Festzuschlag (Honorar) je abgegebener Rx-FAM-Packung eingeführt hat. Im Ergebnis sollte die Apotheke bei der Abgabe von Rx-FAM durchschnittlich zu 90 Prozent für ihre heilberufliche (Beratungs-)Leistung honoriert werden, 10 Prozent sollten als kaufmännische Komponente anfallen (vgl. DAZ 2011, Nr. 4, S. 61).

Der Rohertrags-Monitor verfolgt das Ziel, die Entwicklung der abgegebenen Mengen (Packungen) und der damit verbundenen Leistungen/Kosten auf den einzelnen Wertschöpfungsstufen – vom Hersteller, über den Großhandel und die Apotheken (unter Berücksichtigung des Kassenabschlags) bis hin zum Staat (Mehrwertsteuer) – für zulasten der GKV abgegebene Rx-FAM im Zeitablauf seit 2004 darzustellen.


Durchschnittliches
GKV-Rx-FAM
2004
(1)
April 2013
(2)
Jan. –
April 13 (3)
(3) – (1)

(4)
(4) in % (1)

(5)
Verkaufspreis laut AMPreisV
42,19 €
52,00 €
50,86 €
8,67 €
20,5%
./. Kassenabschlag**
2,00 €
1,75 €
1,75 €
-0,25 €
-12,5%
= GKV-Abrechnungspreis
(brutto)
40,19 €
50,25 €
49,11 €
8,92 €
22,2%
./. Mehrwertsteuer
5,54 €
8,02 €
7,84 €
2,30 €
41,4%
= GKV-Abrechnungspreis
(netto)
34,65 €
42,23 €
41,27 €
6,62 €
19,1%
Apo.-Rohertrag
aus Festzuschlag
6,38 €
6,88 €
6,88 €
0,50 €
7,9%
Apo.-Rohertrag,
kfm. Komponente
0,82 €
1,03 €
1,00 €
0,18 €
21,6%
./. Apo.-Rohertrag insges. (gem. AMPreisV)
7,20 €
7,91 €
7,88 €
0,68 €
9,5%
= Apothekeneinkaufswert
27,45 €
34,32 €
33,39 €
5,94 €
21,6%
./. Großhandelsmarge
*
1,61 €
1,57 €
*
*
= ApU (Abgabepreis des
pharm. Untern.)
*
32,71 €
31,82 €
*
*
* ApU (bzw. HAP) liegt für 2004 nicht vor; ** 2013 mit einem seitens des DAV festgesetzten Kassenabschlag von 1,75 Euro je Rx-FAM; Quelle: Insight Health und eigene Berechnungen; Hü. ©

Kräftiger Anstieg bei den Verordnungen – entsprechend höherer Beratungsaufwand

Nachdem die Zahl der abgegebenen Rx-FAM bereits im Januar, dem ersten Monat (seit 2004) ohne Praxisgebühr, mit 54,3 Mio. Packungen ein Allzeithoch erreicht hat, notiert der April mit 53,1 Mio. Packungen ein Monatsallzeithoch seit Umstellung der AMPreisV auf das Kombimodell. Damit sind im Berichtsmonat gut 9,7 Prozent mehr Packungen zulasten der GKV abgegeben worden als im Vorjahresmonat (vgl. Abb. 1). (Außerhalb der GKV lag der vergleichbare Zuwachs an abgegebenen Rx-FAM-Packungen im April bei knapp 6,4 Prozent.)


Abb. 1: Entwicklung der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen in den Monaten Januar 2011 bis April 2013 (Monatsdurchschnitt 2004 = 100).
Quelle Grafiken: Insight Health und eigene Berechnungen

Dieser außergewöhnliche Anstieg kann einerseits mit einer weiteren Zunahme an GKV-Versicherten begründet werden (April: + 0,3%); in absoluten Zahlen ausgedrückt: Die Zahl der GKV-Versicherten ist in den ersten vier Monaten des Jahres Monat für Monat um durchschnittlich knapp 160.000 Personen angestiegen. Andererseits ist ein wesentlicher Grund für die Verordnungszunahme die größere Zahl an Werktagen (25 im April des Jahres, gegenüber 23 im Vorjahresmonat). Rein rechnerisch verbliebe somit im Berichtsmonat ein Zuwachs an Rx-FAM-Packungen aufgrund der demografischen Entwicklung (hier gleichbedeutend mit einem höheren Arzneimittelbedarf) von etwa 0,6 Prozent.

Im ersten Tertial 2013 liegt die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM damit um 3,6 Prozent über dem Wert des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Dabei ist eine größere Zahl an zulasten der GKV abgegebenen Packungen zwangsläufig mit einem höheren Beratungsaufwand (gleichbedeutend mit höheren Personalkosten) verbunden. Und der stark Kommunikations-bedürftige Anteil an rabattbegünstigten Rx-FAM-Packungen liegt auch im April wieder bei rund 60 Prozent.

Aufgrund des "Kombimodells" führt eine größere Zahl an zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM konstruktionsbedingt, und logisch, zu einem höheren apothekerlichen Honorar (= Rohertrag aus Festzuschlag).

Apothekeneinkauf wächst – nach Ende der Grippewelle – wieder überproportional

Einer Veränderung an verordneten Packungen folgt quasi zwangsläufig ein veränderter Wareneinsatz (hier: Apothekeneinkauf der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen in Mio. Euro) in etwa gleicher Größenordnung. In den beiden ersten Monaten des Jahres war der Anstieg bei den zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM – bedingt durch die Grippewelle – allerdings etwas deutlicher als der beim Wareneinsatz. Im März und April dagegen waren die Entwicklungen wieder leicht gegenläufig; so stand im Berichtsmonat einem Anstieg der Packungszahl von annähernd 10 Prozent ein Zuwachs beim Einkauf von etwas über 10 Prozent gegenüber. Über die ersten vier Monate ist die Zahl der verordneten Packungen um 3,6 Prozent gestiegen, während der zugehörige Apothekeneinkaufswert bisher nur um gut 2,5 Prozent angewachsen ist, Auswirkungen der oben erwähnten Grippewelle.

Der Rohertrag aus kaufmännischer Komponente beträgt bei den Apotheken nach wie vor 3% des Apothekeneinkaufswertes. Ein Blick auf Abb. 2 zeigt, dass der durchschnittliche Einkaufswert (lt. AMPreisV) für die ersten vier Monate 2013 um 27,3 Prozent über dem entsprechenden Vergleichswert des Ausgangsjahres (Basisjahr 2004) liegt. Im selben Zeitraum ist die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen um 17,1 Prozent gestiegen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Apothekeneinkaufswert je Rx-FAM im betrachteten Zeitraum immer noch bedeutend schneller (um 8,7 Prozent) gewachsen ist als die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Packungen. So wird bereits an dieser Stelle deutlich, dass die Apotheken von der (Preis-)Dynamik des Arzneimittelmarktes abgekoppelt sind.


Abb. 2: Entwicklung der Apotheken-Einkaufswerte der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM in den Monaten Januar 2011 bis April 2013 (Monatsdurchschnitt 2004 = 100).

Apothekenrohertrag bleibt im April 2013 wieder deutlich unter dem Niveau von 2011

Trotz des gegenüber 2011 und 2012 reduzierten Kassenabschlags von 1,75 Euro (für das erste Halbjahr 2013) und der Anpassung des Festzuschlags um 0,25 Euro je zulasten der GKV abgegebenem Rx-FAM seit 1. Januar 2013 ist der Rohertrag in Prozenten des Umsatzes (= Betriebshandelsspanne) im ersten Tertial des Jahres Monat für Monat unter dem entsprechenden Vergleichswert aus dem Jahre 2011 (vgl. Abb. 3) geblieben; für April lauten die Vergleichszahlen 15,21% (2013) gegenüber 15,43% (2011), für das erste Tertial 15,49% (2013) gegenüber 15,65% (2011). Auch angesichts der jüngsten Entscheidungen steht zu befürchten, dass die Talfahrt bei der Rohertragsentwicklung noch längst nicht beendet ist. Bei einem Vergleich mit dem Basisjahr (Betriebshandelsspanne 2004: 17,9 Prozent) muss außerdem bedacht werden, dass die zwischenzeitlich gesetzlich angeordneten Beschränkungen in Bezug auf die "verhandelbaren Einkaufsvorteile" (vgl. z. B. die Kürzungen der Großhandelsmarge und die Beschränkungen von § 7 HWG) bei dieser Betrachtung noch völlig außen vor sind.


Abb. 3: Betriebshandelsspanne aus zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM in % des Bruttoumsatzes in den Monaten Januar 2011 bis April 2013 (Vergleich: Jahresdurchschnitt 2004).
Quelle: Insight Health und eigene Berechnungen

Kostentreiber Mehrwertsteuer

Der durchschnittliche Preis der im Jahresdurchschnitt 2004, im April d. J. und in den ersten vier Monaten 2013 zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen sowie die wertmäßigen Anteile der Wertschöpfungsstufen und deren Entwicklung seit 2004 sind der Tabelle zu entnehmen. Bei einem Zuwachs des Apothekeneinkaufswertes je abgegebener Rx-FAM-Packung von 21,6% (bzw. um 5,94 Euro) im ersten Tertial 2013 stieg der GKV-Abrechnungspreis (ohne MwSt.) um 19,1% (bzw. um 6,62 Euro). Dabei ist die Apothekenmarge innerhalb von gut neun Jahren gerade einmal um nur 9,5% (bzw. um 68 Cent) gegenüber 2004 angewachsen. Kostentreiber Nummer eins ist nach wie vor die Umsatzsteuer, die im Vergleichszeitraum um 2,30 Euro (bzw. um 41,4% – und damit mehr als viermal so schnell wie der Apothekenrohertrag) gestiegen ist.

Da der Festzuschlag erstmalig seit 2004 zu Anfang des Jahres um 0,25 Euro angepasst worden ist und der Kompromiss zur Änderung des Kassenabschlags (bis auf Gremienvorbehalt) als vereinbart gelten kann, wird der Rohertrags-Monitor in Zukunft nur noch quartalsweise erscheinen.



Rohertrags-Monitor


Die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der Honorierungssystematik apothekerlicher Leistungen für die Jahre 2004 bis 2010 sind nachfolgendem Beitrag zu entnehmen:

Der Rohertrags-Monitor

Beginnend mit August 2011 werden die Zahlen auf der Basis der von Insight Health* zur Verfügung gestellten Daten regelmäßig fortgeschrieben. Sie finden den Rohertrags-Monitor …

August 2011 in AZ 2011, Nr. 47, S. 2
September 2011 in AZ 2011, Nr. 49, S. 2
Oktober 2011 in AZ 2011, Nr. 51– 52, S. 2
November 2011 in AZ 2012, Nr. 1– 2, S. 2
Dezember 2011 n AZ 2012, Nr. 7, S. 6
Januar 2012 in AZ 2012, Nr. 13, S. 3
Februar 2012 in AZ 2012, Nr. 17, S. 4
März 2012 in AZ 2012, Nr. 19, S. 2
(Enthält auch grundsätzliche Bemerkungen zur Umstellung der AMPreisV auf Großhandelsebene (zum 1.1. 2011 bzw. zum 1.1. 2012) und zur Korrektur des Kassenabschlags im Jahre 2010.)
April 2012 in AZ 2012, Nr. 23, S. 4
Mai 2012 in AZ 2012, Nr. 28, S. 4
Juli 2012 in AZ 2012, Nr. 36, S. 4
August/September 2012 in AZ 2012, Nr. 49, S. 4
Oktober 2012 in AZ 2012, Nr. 51/52, S. 4
November 2012 in AZ 2013, Nr. 3, S. 4
Dezember 2012 in AZ 2013, Nr. 6, S. 4
Januar/Februar 2013 in AZ 2013, Nr. 16, S. 6
März 2013 in

* Insight Health ist ein führender Informationsdienstleister im Gesundheitsmarkt mit einem breiten Portfolio datenbasierter Services zur Markt- und Versorgungsforschung. Der Erfolg von Insight Health liegt in der Bereitstellung individueller Lösungen für die pharmazeutische Industrie, Krankenversicherungen, Ärztevereinigungen, wissenschaftliche Institute, Behörden, Politik und weitere Entscheider im Gesundheitsmarkt.

Weitere Informationen über Insight Health finden Sie unter www.insight-health.de.


Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, langjähriger Geschäftsführer des Apothekerverbandes Nordrhein e.V., Essen, E-Mail: uwe.huesgen@web.de

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