Wirtschaft

Rohertrags-Monitor Februar 2012

Betriebswirtschaftliche Analyse der Entwicklung des Apothekenhonorars

Die Diskussion über die gesetzlich vorgesehene Anpassung des Apotheken-Festzuschlags (von 8,10 Euro) nimmt – öffentlich wahrnehmbar – endlich an Fahrt auf. Zur Erinnerung: Die mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) neu gestaltete Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel (Rx-FAM), auch Kombimodell genannt, gilt seit Inkrafttreten des GMG (zum 1. Januar 2004) vom Prinzip her unverändert; der Festzuschlag (von 8,10 Euro) ist seitdem nicht angepasst worden. Die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen dieser bis heute unveränderten Honorierungssystematik apothekerlicher Leistungen für die Jahre 2004 bis 2010 können u. a. dem Beitrag "Der Rohertrags-Monitor" (s. DAZ Nr. 45/2011) entnommen werden.

Beginnend mit dem Berichtsmonat August 2011 (s. AZ Nr. 47/11) werden die Zahlen – auf der Grundlage der von Insight Health* zur Verfügung gestellten Daten – im Zeitablauf monatlich für die beiden vorangegangenen Jahre und die bisherigen Monate des aktuellen Jahres im Rohertrags-Monitor fortgeschrieben.


Umstellung der GH-AMPreisV. Zum 1. Januar des Jahres ist die Arzneimittelpreisverordnung im Großhandelsbereich umgestellt worden. Die bis dato degressiv ausgestaltete Aufschlagsregelung wurde – wie bei den öffentlichen Apotheken bereits 2004 vollzogen – durch ein Kombimodell abgelöst. Auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens (ApU) hat der Großhandel für jedes Rx-FAM einen (rabattfähigen) Höchstaufschlag von 3,15% zu erheben, zuzüglich eines (nicht rabattfähigen) Festzuschlags von 0,70 Euro je Packung. Dabei gilt der Höchstzuschlag von 3,15% bis zu einem ApU von 1200 Euro; darüber hinaus ist der Höchstzuschlag auf 37,80 Euro limitiert. Mit dieser Umstellung der AMPreisV im GH-Bereich ist die mit dem AMNOG zum 1. Januar 2011 in Kraft gesetzte Verpflichtung des Großhandels abgelöst worden, den Apotheken für jedes Rx-FAM einen Abschlag von 0,85% auf den ApU zu "gewähren". Wiewohl diese Umstellung von 2011 auf 2012 – konstruktionsbedingt – kosten- und ertragsneutral verlaufen sollte, haben die Großhandlungen zu Anfang 2012 eine weitere Kürzungsrunde bei den Einkaufskonditionen der Apotheken eingeläutet. Diese Maßnahme begründet der Großhandel damit, dass er einerseits die gesetzlich verordneten Kürzungen seiner Marge nicht durch entsprechende Kostenreduktionen habe auffangen können, und andererseits selbst massive Kürzungen seiner Einkaufskonditionen – aufgrund der Intensivierung der Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V zwischen Krankenkassen und Herstellern – habe hinnehmen müssen. Von daher sei er gezwungen, einen (weiteren) Teil dieser Kürzungen an seine Kunden weiterzugeben.


Korrektur des Kassenabschlags aus 2010. Im Januar wurde publik, dass die Krankenkassen den für die ersten Monate des Jahres 2010 einbehaltenen Kassenrabatt (von 2,30 Euro je Rx-FAM) aktuell auf der Basis der Entscheidung der Schiedsstelle (von 1,75 Euro je Rx-FAM) "verrechnet" haben, so dass den Apotheken für das Gesamtjahr 2010 jetzt ein (bisher allerdings nicht gerichtsfester) Kassenabschlag von 1,75 Euro je abgegebenem Rx-FAM in Rechnung gestellt worden ist. Diese per Gerichtsbeschluss angeordneten Rückzahlungen sind – rückwirkend – in die Tabelle eingearbeitet worden, und finden in der Berichterstattung Berücksichtigung.


Abb. 1: Entwicklung der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen in den Monaten Januar 2010 bis Februar 2012 (Monatsdurchschnitt 2004 = 100).

Umsatzzuwachs weiter hoch, Anstieg der Packungszahlen dagegen moderat, … Nachdem der Apothekenumsatz mit zulasten der GKV verordneten Rx-FAM im Januar 2012 gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat um mehr als 7,2% gestiegen war, legte er auch im Februar (mit + 6,9%) ordentlich zu. Damit ist er in den ersten beiden Monaten des Jahres gegenüber dem Vergleichswert des Vorjahres um 7,1% angewachsen. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass beide Monate jeweils einen Werktag mehr aufzuweisen haben als im Vorjahr – das entspricht einem Plus von 4,1%.

Die Zahl der abgegebenen Rx-FAM-Packungen blieb auch im Februar (mit + 1,7%; vgl. Abb. 1) wieder weit hinter der Umsatzentwicklung zurück. Folglich ist die Strukturkomponente im Berichtsmonat um gut 5,1% gewachsen. Dies bedeutet im Ergebnis, dass – wie im Januar – auch im Februar 2012 wieder mehr größere und/oder teurere Packungen verordnet worden sind.


… Anstieg des Apotheken-Honorars ebenfalls moderat. Aufgrund des "Kombimodells" führt eine höhere Zahl an zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM zu einem entsprechend höheren Honorar (= Rohertrag aus Festzuschlag). Dieser Zuwachs beim Honorar (identisch mit der prozentualen Entwicklung der Zahl der abgegebenen Rx-FAM-Packungen) von – aufgrund eines zusätzlichen Werktages nur - 1,7% ist verbunden mit einem mindestens so hohem Mehr an Beratungsaufwand und -leistung, steigt der Anteil der rabattbegünstigten (und damit außerhalb der rein pharmazeutischen Beratung zusätzlich kommunikationsbedürftigen) Fertigarzneimittel weiter stetig an.

Abb. 2: Entwicklung der Apotheken-Einkaufswerte der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM in den Monaten Januar 2010 bis Februar 2012 (Monatsdurchschnitt 2004 = 100).

GKV-Rx-FAM-Ausgaben werden vom Einkaufspreis getrieben. Die Umsatzzuwächse in den zwei ersten Monaten des Berichtsjahres sind der Tatsache geschuldet, dass der Wert der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM zu Apothekeneinkaufspreisen gegenüber dem Vorjahresmonat – nach rund 8,3% im Januar – um 7,9% im Februar angestiegen ist (vgl. Abb. 2).


Apothekenrohertrag bleibt weiter hinter allgemeiner wirtschaftlicher Entwicklung zurück. Der gesamte Rohertrag der öffentlichen Apotheken (als Summe aus Festzuschlag und kaufmännischer Komponente) hat – nach weniger als 2,8% im Januar – im Februar 2012 um rund 2,5% gegenüber dem Vorjahresmonat zugenommen. Für die ersten beiden Monate des Jahres ergibt dies einen saldierten Zuwachs gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 2,6%. Unter Berücksichtigung des Mehraufwandes aufgrund der Zunahme bei den zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen (von 1,8% in den ersten zwei Monaten) entspricht dies einem "Inflationsausgleich" von exakt 0,8% – und damit wesentlich weniger als der Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten (von rund 2,2% in den beiden ersten Monaten des Jahres).

Die Ausgaben-dämpfende Ausgestaltung der AMPreisV insbesondere auf der Apotheken-Stufe hat ursächlich dazu geführt, dass der Umsatz mit Rx-FAM zulasten der GKV auch im Februar 2012 (mit + 6,9%) signifikant geringer angestiegen ist als der Apothekeneinkaufswert (mit + 7,9%). Das bedeutet im Ergebnis, dass der Rohertrag der Apotheken, bezogen auf den Bruttoumsatz, in diesem wesentlichen Marktsegment mit der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung im Arzneimittelmarkt wieder einmal nicht Schritt halten konnte. 

Abb. 3: Betriebshandelsspanne aus zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM in % des Bruttoumsatzes in den Monaten Januar 2010 bis Februar 2012 (Vergleich: Jahresdurchschnitt 2004). Quelle Grafiken: Insight Health und eigene Berechnungen

Fazit

In den Apotheken wird der Aufwand (an Beratungsintensität, -umfang und -kosten) – nicht zuletzt aufgrund leicht steigender Packungszahlen und der vermehrten Verpflichtung zur Abgabe von rabattbegünstigten Rx-FAM zulasten der GKV – größer. Der Rohertrag in Prozenten des Bruttoumsatzes nimmt immer weiter ab. So fiel die Handelsspanne aus GKV-Rx-FAM in Prozenten des Bruttoumsatzes gemäß AMPreisV von 16,22% (Februar 2010) über 15,76% (Februar 2011) auf 15,11% im Februar 2012 (vgl. Abb. 3), und damit innerhalb von zwei Jahren um mehr als 1,1 Umsatzprozentpunkte! Im ersten Jahr der Umstellung auf das Kombimodell (2004) lag sie noch bei 17,91%.

Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber nach mehr als acht Jahren andauernder "Inaktivität" endlich tätig wird, und das federführende Wirtschaftsministerium gemäß § 78 Abs. 2 AMG dafür Sorge trägt, dass der Festzuschlag (von zurzeit eingefrorenen 8,10 Euro) endlich den wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst wird!

Der durchschnittliche Preis der im Februar 2012 zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packung sowie die wertmäßigen Anteile der Wertschöpfungsstufen sind Tabelle 1 zu entnehmen.

Durchschnittliches GKV-Rx-FAM
Feb. 2012
Verkaufspreis laut AMPreisV
50,93 €
./. Kassenabschlag
2,05 €
= GKV-Abrechnungspreis (brutto)
48,88 €
./. Mehrwertsteuer
7,80 €
= GKV-Abrechnungspreis (netto)
41,08 €
Apo.-Rohertrag aus Festzuschlag
6,38 €
Apo.-Rohertrag, kfm. Komponente
1,01 €
./. Apo.-Rohertrag insges. (gem. AMPreisV)
7,39 €
= Apothekeneinkaufswert
33,69 €
./. Großhandelsmarge
1,57 €
= ApU (Abgabepreis des pharm. Untern.)
32,12 €
Quelle: INSIGHT Health und eigene Berechnungen; Hü. ©

*Insight Health ist ein führender Informationsdienstleister im Gesundheitsmarkt mit einem breiten Portfolio datenbasierter Services zur Markt- und Versorgungsforschung. Der Erfolg von Insight Health liegt in der Bereitstellung individueller Lösungen für die pharmazeutische Industrie, Krankenversicherungen, Ärztevereinigungen, wissenschaftliche Institute, Behörden, Politik und weitere Entscheider im Gesundheitsmarkt. Weitere Informationen über Insight Health finden Sie unter www.insight-health.de.


Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, Unternehmensberater, langjähriger Geschäftsführer des Apothekerverbandes Nordrhein e.V., Essen, E-Mail: uwe.huesgen@web.de



AZ 2012, Nr. 17, S. 4

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