Wirtschaft

Rohertrags-Monitor September 2011

Betriebswirtschaftliche Analyse der für das Apothekenhonorar relevanten (Entwicklungs-)Zahlen

Die mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) neu gestaltete Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel (Rx-FAM), auch Kombimodell genannt, gilt vom Prinzip her seit Inkrafttreten des GMG (zum 1. Januar 2004) unverändert; sie ist seitdem nicht dynamisiert worden. Die betriebswirtschaftlichen Konsequenzen dieser "Inaktivität der Politik" für die Jahre 2004 bis 2010 können dem Beitrag "Der Rohertrags-Monitor" (siehe hierzu DAZ, 2011, Nr. 45) entnommen werden.

Beginnend mit dem Berichtsmonat August 2011 (siehe AZ Nr. 47/11) werden die relevanten (Entwicklungs-)Zahlen – auf der Grundlage der von Insight Health* zur Verfügung gestellten Daten – im Zeitablauf monatlich für die beiden vorangegangenen Jahre und die bisherigen Monate des aktuellen Jahres im Rohertrags-Monitor fortgeschrieben.


*Insight Health ist ein führender Informationsdienstleister im Gesundheitsmarkt mit einem breiten Portfolio datenbasierter Services zur Markt- und Versorgungsforschung. Insight Health stellt individuelle Lösungen für die pharmazeutische Industrie, Krankenversicherungen, Ärztevereinigungen, wissenschaftliche Institute, Behörden, Politik und weitere Entscheider im Gesundheitsmarkt bereit. Weitere Informationen über Insight Health finden Sie unter www.insight-health.de.


Dabei sind für die Honorierung der apothekerlichen Leistung, respektive für den Rohertrag der Apotheken bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln zulasten der GKV, relevant:

  • Zahl der abgegebenen Rx-FAM-Packungen,
  • Apothekeneinkaufswert (Umsatz zu Einstandspreisen) der Rx-FAM,
  • Kassenabschlag (nach § 130 SGB V),
  • Mehrwertsteuersatz.

Damit die Entwicklung im Zeit verlauf möglichst gut nachverfolgt werden kann, wird als Basis für alle verwendeten Kennziffern, so nicht ausdrücklich anders beschrieben, der entsprechende (Monats-)Durchschnitt des Jahres 2004 mit 100% angesetzt.


Mehrwertsteuer-Satz. Im Jahre 2004 wurden Rx-FAM mit einem MwSt.-Satz von 16% belegt. Dieser Satz wurde zum 1. Januar 2007 auf 19% angehoben. Das entspricht einer Erhöhung von 18,75%.


Kassenabschlag (gemäß § 130 SGB V). Der Kassenabschlag ist seit 2004 mehrfach geändert worden (eine entsprechende Übersicht ist dem o. g. Beitrag "Der Rohertrags-Monitor" in DAZ 2011, Nr. 45, S. 75 – 78, Tabelle 3, zu entnehmen). Die Änderungen erfolgten zum einen aufgrund von Schiedsstellenentscheidungen (für 2009, folgend 2010), ansonsten durch den Gesetzgeber. Der Kassenabschlag ist für 2009 den Apotheken mit 1,75 Euro, für die ersten vier Monate 2010 mit 2,30 Euro und für die restlichen acht Monate des Jahres 2010 mit 1,75 Euro je Rx-FAM-Packung in Rechnung gestellt und entsprechend in den Apotheken-Bilanzen verbucht worden. Dabei gilt der Abschlag von 1,75 Euro (für die Jahre 2009, 2010) vorbehaltlich einer abschließenden gerichtlichen Klärung, hat doch der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen Widerspruch gegen die Schiedsstellenentscheidung eingelegt. Für das Jahr 2011 beträgt der Kassenabschlag ganzjährig gemäß Gesetzgebung (AMNOG) 2,05 Euro.


Abb. 1: Entwicklung der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen in den Monaten Januar 2009 bis September 2011 (Monatsdurchschnitt 2004 = 100).

Entwicklung der Zahl der GKV-Rx-FAM-Packungen, September 2011. Nach einem, bedingt durch die Ferienzeit traditionell schwachen August, ist die Zahl der abgegebenen Rx-FAM-Packungen im September wieder angestiegen, und zwar von 46,6 Mio. Packungen (August 2011) auf 48,6 Mio. Packungen im September 2011. Das entspricht einem Zuwachs (an Packungen und an Beratungsaufwand) von gut 4,4%. Die Zahl der abgegebenen Rx-FAM-Packungen erreichte damit im Berichtsmonat auch wieder den Stand des Vorjahresmonats. Dabei sind in den ersten neun Monaten des Berichtsjahres (mit 435,7 Mio. abgegebenen Rx-FAM-Packungen) geringfügig (2,8 Mio., oder 0,6%) mehr Packungen abgegeben worden als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (mit 432,9 Mio. Rx-FAM-Packungen).

Auf der Basis des Monatsdurchschnitts 2004 = 100 ist damit in den ersten neun Monaten 2011 ein Zuwachs bei der Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM von gut 10% zu verzeichnen. Dies ist – natürlich – auch mit einem entsprechend höheren (Beratungs-)Aufwand (betriebswirtschaftlich betrachtet: Kostenanstieg) in den Apotheken verbunden.


Abb. 2: Entwicklung der Apotheken-Einkaufswerte der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM in den Monaten Januar 2009 bis September 2011* (Monatsdurchschnitt 2004 = 100).

Entwicklung des Apotheken-Einkaufswertes bei GKV-Rx-FAM, September 2011. Während die Rezeptzahl im September 2011 gegenüber dem Vormonat um 4,4% zugelegt hat, stieg das Volumen des Apotheken-Einkaufswertes im selben Zeitraum um 5,8%. Und das, obwohl gemäß Artikel 11b, AMNOG, die Abgabepreise der pharmazeutischen Hersteller (ApU) gegenüber dem Vorjahr um 0,85% abgesenkt werden mussten. Diese Absenkung dürfte zusammen mit der Verpflichtung der Apotheken, vermehrt rabattbegünstigte Fertigarzneimittel (nach § 130a Abs. 8 SGB V) abgeben zu müssen, der Grund dafür sein, dass das Apotheken-Einkaufsvolumen im September 2011 allerdings minimal (um 0,5%) hinter dem des Vergleichsmonats des Vorjahres zurückgeblieben ist. In den ersten neun Monaten des Berichtsjahres hat das Apotheken-Einkaufsvolumen gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um fast 1,3% zugelegt, und damit – trotz gesetzlich festgelegter Absenkung des ApU um 0,85% – in stärkerem Umfang als die Zahl der im selben Zeitraum zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen (+ 0,6%). Der durchschnittliche Abrechnungspreis einer zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packung ist also weiter gestiegen; und das, obwohl der Anteil der Generika am GKV-Gesamtabsatz, also Packungs-bezogen, immer noch zunimmt.

Abb. 2 kann die Entwicklung der monatlichen Apotheken-Einkaufsvolumen gegenüber dem Monatsdurchschnitt des Ausgangsjahres 2004 entnommen werden. Dabei haben die Herstellerrabatte (gemäß § 130a Abs. 1, 2 und 8 SGB V) nicht Eingang in diese Berechnung gefunden, da die entsprechenden Daten nicht verfügbar sind.


Entwicklung des Apotheken-Rohertrages aus zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM, September 2011. Da sowohl die Packungszahlen (vgl. Abb. 1) als auch die Einkaufsvolumina (vgl. Abb. 2) im September 2011 deutlich über den entsprechenden Werten des Vormonats August liegen, konnte der Apothekenrohertrag (nach AMPreisV) ebenfalls zulegen, und zwar um 4,6% gegenüber dem Vormonat. Damit blieb er aber immer noch um 3,3% hinter dem entsprechenden Wert des Vorjahresmonats (September 2010) zurück! So erzielten die Apotheken in den ersten neun Monaten des Jahres 2011 bei einer um 0,6% gestiegenen Packungszahl und einem um rund 1,3% höheren Einkaufsvolumen beim (absoluten) Rohertrag (nach AMPreisV) aus zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM nur einen Zuwachs von 0,1%. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass der Kassenabschlag zum Jahresanfang von 1,75 Euro (für den Zeitraum Mai bis Dezember 2010, nach 2,30 Euro im Zeitraum von Januar bis April 2010) auf 2,05 Euro je Rx-FAM-Packung ganzjährig in 2011 angehoben worden ist. Dieser für die Apotheken besonders negative Trend ist ab Mai 2011 besonders deutlich zu erkennen.


Abb. 3: Betriebshandelsspanne aus zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM in % des Bruttoumsatzes in den Monaten Januar 2009 bis September 2011* (Vergleich: Jahresdurchschnitt 2004).

Entwicklung der Apotheken-Handelsspanne aus zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM, September 2011. Im September 2011 hat die Handelsspanne (nach AMPreisV) für zulasten der GKV abgegebene Rx-FAM in % des Bruttoumsatzes mit 14,66% einen erneuten Tiefstand erreicht; sie liegt dabei um fast 0,4 Umsatzprozentpunkte unter dem entsprechenden Wert des Vorjahresmonats (vgl. Abb. 3). Damit muss konstatiert werden: Der Aufwand in den Apotheken wird – auch aufgrund leicht gestiegener Packungszahlen – größer, aber der Rohertrag in % des Bruttoumsatzes sackt immer weiter ab. Auch wenn für die letzten drei Monate des Jahres, aus der Analyse der Vorjahre abgeleitet, noch eine leichte Verbesserung erhofft werden darf, wird sich die negative Ent wicklung bei der Betriebshandelsspanne in % des Umsatzes wohl fortsetzen, so der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber nicht reagiert. Dabei wäre die Politik gemäß § 78 Abs. 2 (unter Berücksichtigung von § 78 (1) Ziffer 3) an sich gefordert, den Festzuschlag (von 8,10 Euro) endlich entsprechend anzupassen, zu erhöhen.


Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, Unternehmensberater, langjähriger Geschäftsführer des Apothekerverbandes Nordrhein e.V., Essen, E-Mail: uwe.huesgen@web.de



AZ 2011, Nr. 49, S. 2

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