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(K)ein Garant für Kostensenkungen?

Der Patentablauf vieler Biopharmazeutika steht an – über die Folgen scheiden sich die Geister

BERLIN (ks) | In den nächsten Jahren werden viele gentechnisch hergestellte Arzneimittel ihren Patentschutz verlieren. Gemeinhin bedeutet der Patentauslauf einen Preissturz – schließlich schießt die generische Konkurrenz rasch aus dem Boden. Doch anders als chemische Moleküle lassen sich Biopharmazeutika nicht problemlos kopieren. Generika gibt es in diesem Markt daher gar nicht; da die Moleküle ihrem Original stets nur ähneln können, spricht man von Biosimilars. Während Biosimilarhersteller, die in die Entwicklung ihrer Produkte viel Geld investieren, sich von der Politik wünschen, dass ihren Präparaten der Marktzugang erleichtert wird, schrauben die forschenden Pharmaunternehmen Hoffnungen herunter, mit diesen ließe sich viel einsparen.

Biopharmazeutika haben die Behandlung von schweren Erkrankungen wie multiple Sklerose, Krebs und Rheuma entscheidend vorangebracht. Doch dieser Fortschritt hat seinen Preis. Die gentechnisch hergestellten Präparate kosten die Krankenkassen viel Geld. Daher ist es verständlich, wenn Kostenträger überlegen, wie hier gespart werden kann. So gibt es etwa in den KV-Bereichen Sachsen und Bremen vertragliche Regelungen, dass neueingestellten Patienten grundsätzlich Biosimilars zu verordnen sind – außer es sprechen medizinische Gründe dagegen. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Ärzten, ist zu beachten, dass diese Vorgaben eingehalten werden. Tatsächlich schwanken die Biosimilar-Quoten in den verschiedenen Bereichen der Kassenärztlichen Vereinigungen beachtlich. Bei Epoetin lagen sie 2010 etwa zwischen rund 16 Prozent im Saarland und 69 Prozent in Bremen (Quelle: Barmer GEK-Arzneimittelreport 2011).

Bislang ist der Biosimilarmarkt allerdings überschaubar. Die Nachahmerpräparate gibt es überhaupt erst für drei Arzneimittelgruppen: bei den Epoetinen, den G-CSF-Präparaten (Filgrastimen) und den Somatropinen. Wie sich diese im Markt entwickelt haben, haben nun Mitarbeiter von IMS Health im Auftrag von vfa bio untersucht. Der vfa bio ist die Interessenvertretung von 31 in der Biotechnologie aktiven Unternehmen im Verband Forschender Pharma-Unternehmen (vfa).

IMS-Studie zu Biosimilars

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich die drei Arzneimittelgruppen, in denen es die Biosimilar-Konkurrenz gibt, höchst unterschiedlich entwickelten – sowohl nach Absatz als auch nach Umsatz. Während der Gesamtabsatz der Epoetine im Zeitraum zwischen 2003 und 2012 relativ kontinuierlich leicht sank, stieg er bei den G-CSF seit der Einführung der Biosimilars an. Der Somatropin-Absatz ging sogar deutlich nach oben – diesen Effekt erklären die Autoren mit einer erhöhten Dosis während der Pubertät und Indikationserweiterungen. Was den Preis betrifft, so ist das Bild ebenfalls heterogen: Bei den Filgrastimen stieg er nach Markteintritt von Biosimilars, bei den Epoetinen fiel er deutlich ab – um mehr als die Hälfte – und bei Somatropinen bleibt er relativ konstant.

Die Autoren verweisen weiterhin darauf, dass Original-Biopharmazeutika nicht nur mit Nachahmern im Wettbewerb stehen. Denn die Forschung und Entwicklung geht bekanntlich weiter – zum Patentablauf stehen zuweilen bereits bessere neue Präparate zur Verfügung. Diese Weiterentwicklungen konnten ihren Absatz auch nach dem Markteintritt von Biosimilars meist weiter steigern und ihren Preis weitgehend konstant halten.

vfa: Keine Markteingriffe zugunsten von Biosimilars

„Biosimilars haben ihre Berechtigung im Pharmamarkt, sind allerdings kein Garant für substanzielle Therapiekosten-Senkungen“, erklärt Dr. Siegfried Throm, Geschäftsführer vfa bio mit Blick auf eine aktuelle Untersuchung. Er rät zur Skepsis, wenn etwaige Einsparpotenziale durch Biosimilars prognostiziert werden – auch im Hinblick auf die künftigen biosimilaren monoklonalen Antikörper. „Und deshalb sollten auch keine Markteingriffe zugunsten von Biosimilars vorgenommen werden“, schlussfolgert Throm. Gegen die immer wieder geforderten festen Biosimilar-Quoten spricht für ihn auch noch anderes: „Es hat seinen Grund, dass die weiterentwickelten Biopharmazeutika durch die Biosimilars in der Regel nicht unter Druck geraten: Ärzte wissen, dass sie mit diesen ihre Patienten oftmals besser behandeln können.“ Es wäre deshalb medizinisch inakzeptabel, ihre Verordnung durch Pflichtverordnungsquoten zu rationieren.

Pro Generika: Mit Biosimilars bleibt Versorgung bezahlbar

Eine andere Haltung hat man bei Pro Generika. Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Branchenverbands, konstatiert: „Die Kosten für patentgeschützte Biopharmazeutika bringen unser Gesundheitssystem an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit.“ Er ist jedoch überzeugt, dass sich mit dem bevorstehenden Patentablauf moderner Biopharmazeutika ein Fenster für Biosimilars öffnet. Diese seien die Voraussetzung für Preiswettbewerb. „Und Preiswettbewerb ist die Voraussetzung dafür, dass wir in Deutschland zu einer bezahlbaren Arzneimittelversorgung in diesem wichtigen Bereich der Hightech-Medizin kommen,“ so Bretthauer. Er verweist auf Berechnungen des Berliner IGES-Instituts, wonach das deutsche Gesundheitssystem durch Biosimilars rund 12 Mrd. Euro sparen könne – vorausgesetzt, Benachteiligungen von Biosimilars in Deutschland werden abgebaut. 

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