Arzneimittel und Therapie

Orales Risedronat hilft bei Glasknochenkrankheit

Weniger Knochenbrüche bei Kindern mit Osteogenesis imperfecta

In einer weltweiten Studie wurden Wirksamkeit und Sicherheit einer oralen Gabe von Risedronat bei Kindern mit Osteogenesis imperfecta (Glasknochenkrankheit) untersucht. Die zwölfmonatige Behandlung mit dem Bisphosphonat führte im Vergleich zu Placebo zu einer deutlichen Reduktion der Knochenbrüche.

Bisphosphonate werden seit rund 15 Jahren zur medikamentösen symptomatischen Therapie einer Osteogenesis imperfecta eingesetzt. Sie erhöhen die Knochenmineraldichte, wirken einer Knochenverformung entgegen und senken die Häufigkeit osteoporotischer Frakturen. Üblich sind intravenöse Gaben, die in regelmäßigen Abständen wiederholt werden müssen. Für Kinder ist dieses Prozedere aus mehreren Gründen belastend. Daher wurde in einer internationalen Studie untersucht, ob die osteoprotektiven Effekte von Bisphosphonaten auch durch eine orale Gabe erzielt werden können.

Weltweite Studie

An der randomisierten, doppelblinden, weltweiten und placebokontrollierten Studie nahmen 147 Kinder im Alter zwischen vier und 15 Jahren teil, die an einer meist mild ausgeprägten Form einer Osteogenesis imperfecta erkrankt waren. Sie wurden zwei Gruppen zugeteilt und erhielten zwölf Monate lang einmal täglich entweder ein Placebo (n = 50) oder Risedronat oral (n = 97; 2,5 mg bei einem Körpergewicht zwischen 10 und 30 kg bzw. 5 mg ab 30 kg Körpergewicht). In einer offenen Verlängerung wurden alle Kinder weitere zwei Jahre lang mit Risedronat oral behandelt. Der primäre Studienendpunkt war die Knochenmineraldichte in den Lendenwirbeln nach einem Jahr. Die Auswertung der Studie erfolgt mithilfe einer Intention-to-treat-Analyse, die alle Patienten einschloss, die mindestens eine Therapie erhalten hatten (94 Kinder in der Risedronat-Gruppe und 49 in der Placebo-Gruppe).

Osteogenesis imperfecta: Knochen wie Glas

Die Osteogenesis imperfecta ist durch eine abnorme Knochenbrüchigkeit und Skelettdeformitäten gekennzeichnet, die vorwiegend an Beinen und Armen auftreten. Es ist die häufigste vererbbare Knochenerkrankung. Sie wird in mehrere Subtypen unterteilt. Ihre Prävalenz wird auf ein bis zwei Fälle auf 20.000 Menschen geschätzt. In Deutschland leben etwa 5500, weltweit rund 500.000 Betroffene. Im Volksmund wird die Erkrankung auch als Glasknochenkrankheit bezeichnet, da die Knochen wie Glas brechen - oft ohne Bagatelltrauma - und im Röntgenbild eine durchscheinende Knochenstruktur vorliegt. 20 Frakturen innerhalb eines Jahres sind keine Seltenheit, wobei die Häufigkeit von Frakturen und die Neigung zur Knochenverformung in der Pubertät abnehmen. Die Symptomatik kann unterschiedlich ausgeprägt sein. Der Osteogenesis imperfecta liegt eine seltene, angeborene systemische Erkrankung des Bindegewebes zugrunde, die auf Defekten bei der Kollagenbildung beruht. Die symptomatische Behandlung besteht aus orthopädischen, medikamentösen und physiotherapeutischen Maßnahmen, eine kausale Therapie ist derzeit nicht möglich. Seit rund 15 Jahren werden Bisphosphonate zur medikamentösen Behandlung eingesetzt.

Weniger Knochenbrüche

Die Knochenmineraldichte nahm unter der Risedronat-Gabe um median 16,3% zu. In der Placebo-Gruppe betrug der mediane Zuwachs lediglich 7,6% (Differenz 8,7%; 95% Konfidenzintervall 5,7 bis 11,7%; p < 0,0001). Die verstärkte Mineralisation der Knochen schlug sich auch in einer verringerten Rate an Knochenbrüchen nieder. Diese lag im ersten Jahr in der Risedronat-Gruppe bei 31% und in der Placebo-Gruppe bei 49%. Allerdings zeigte sich der Benefit der Risedronat-Einnahme nur bei den nicht-vertebralen Frakturen. Frakturen der Wirbelkörper traten in der Risedronat-Gruppe sogar häufiger auf. In den Jahren zwei und drei, in denen alle Kinder Risedronat erhielten, kam es bei 53% der ursprünglichen Risedronat-Gruppe und bei 65% der einstigen Placebo-Gruppe zu nicht-vertebralen oder vertebralen Frakturen. Das heißt, der Vorteil einer Risedronat-Gabe zeigte sich auch langfristig. Unerwünschte Wirkungen traten in beiden Gruppen ungefähr gleich häufig auf und waren in ihrer Ausprägung gering.

Symptome einer Osteogenesis imperfecta

  • erhöhte Knochenbrüchigkeit sowie Verminderung der Knochendichte (Leitsymptom)
  • Klein- oder Minderwuchs
  • Verformung von Gliedern, Brustkorb und Kopf
  • Skoliose
  • blaue Lederhaut des Auges
  • Kurzsichtigkeit, kegelförmige Wölbung der Hornhaut
  • Schlaffheit der Muskulatur
  • Überstreckbarkeit der Gelenke
  • Leistenbrüche, Nabelbrüche
  • weiche, durchscheinende Haut
  • Lungen- und Atmungsprobleme
  • Herzfehler, milde Erweiterung der Hauptschlagader
  • Schwerhörigkeit
  • erhöhte Körpertemperatur
  • verstärktes Schwitzen
  • erhöhte Blutungsneigung
  • Brüchigkeit der Zähne (Dentinogenesis imperfecta)

Kommentar

Einem Kommentator zufolge ist die orale Risedronat-Gabe bei Kindern mit einer mild ausgeprägten Osteogenesis imperfecta eine mögliche Therapieoption, um nicht-vertebrale Frakturen zu verhindern. Das Auftreten neuer Wirbelkörperfrakturen konnte nicht verhindert werden. Ob die orale Bisphosphonat-Gabe auch bei schweren Verlaufsformen ausreicht, ist nicht geklärt.  

Quelle

Bishop N et al. Risedronate in children with osteogenesis imperfecta: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet online vom 6. August 2013. http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)61091-0.

Ward L et al. Oral bisphosphonates for paediatric osteogenesis imperfecta? Lancet online vom 6. August 2013. http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)61531-7.

www.clinicaltrial.gov NCT00106028 (Zugriff am 28. August 2013).

Deutsche Gesellschaft für Osteogenesis imperfecta - Betroffene e.V. www.oi-gesellschaft.de

 

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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