Schwerpunkt Osteoporose

Der rote Faden in der Osteoporose-Therapie

Von Peyman Hadji und Volker Ziller
Die multifaktorielle Erkrankung der Osteoporose beschreibt einen Zustand erhöhter Knochenbrüchigkeit auf der Basis einer reduzierten Knochenmasse und eines gestörten Knochenstoffwechsels. Aufgrund der hohen Inzidenz, der massiven Beeinträchtigung der Lebensqualität der Betroffenen sowie der immensen Kosten für unser Gesundheitssystem besteht die dringende Notwendigkeit zur rationellen Diagnostik, Prävention und Therapie. Der folgende Beitrag fasst die vorhandene Evidenz zur Pharmakotherapie der postmenopausalen Osteoporose auf Grundlage der EBM-S-III-Leitlinie des Dachverbands Osteologie (DVO) unter klinischen Gesichtspunkten zusammen.
Abb.1: Einfluss einer Estrogen-/Gestagentherapie auf die Reduktion osteoporosebedingter Wirbelkörper- und Schenkelhalsfrakturen im Rahmen der WHI-Studie [Quelle: WHI,2002].

Das erhöhte Frakturrisiko im Alter hat starke Auswirkungen auf Lebensqualität, Mortalität und Gesundheitsökonomie. Die Osteoporose – eine multifaktorielle, pathogenetisch heterogene Erkrankung mit ca. 7,8 Millionen betroffenen Patienten im Alter ab 50 Jahren, davon 80% Frauen [Haussler, 2007] – ist nicht nur eine der bedeutendsten Volkskrankheiten in Deutschland, sondern prädisponiert zu eben diesem Frakturrisiko. Die derzeit gültige Definition des Krankheitsbildes beschreibt die Osteoporose als systemische Skeletterkrankung, die durch eine unzureichende Knochenfestigkeit charakterisiert ist. Die Knochenfestigkeit spiegelt dabei primär das Zusammenwirken von Knochendichte und Knochenqualität wider [NIH, 2001].

Insgesamt wird jede dritte Frau nach der Menopause von einer osteoporosebedingten Fraktur betroffen sein, wobei die Inzidenz osteoporosebedingter Wirbelkörper- und Schenkelhalsfrakturen mit dem Alter exponenziell zunimmt. Die Gesamtkosten für medizinische Betreuung, Rehabilitationsmaßnahmen und Pflege betragen nach aktuellen Schätzungen in 2003 ca. 5,4 Mrd. Euro [Haussler, 2007]. Die demographische Bevölkerungsentwicklung, der zunehmende Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung sowie Veränderungen der Lebensgewohnheiten werden in den kommenden Jahren zu einer weiteren Zunahme der Osteoporose führen. Zusammenfassend stellt die Prävention und die Therapie der Volkskrankheit eine gesundheitspolitische Herausforderung höchster Priorität dar [Hadji, 2005; Felsenberg, 1998; Pfeilschifter, 2003].

Evidenzbasierte Präventionsstrategien

Die Prävention der postmenopausalen Osteoporose umfasst die Frakturprophylaxe über

  • eine Beeinflussung von Risikofaktoren bei Frauen ohne bisherige Erkrankung – Primärprävention ,
  • die möglichst frühzeitige Erfassung und Behandlung von Frauen, bei denen eine Osteoporose, aber noch keine Fraktur vorliegt – Sekundärprävention ,
  • und die Verhütung weiterer Frakturen und Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit bei Frauen, die bereits osteoporotische Frakturen erlitten haben – Tertiärprävention .

Ziel einer optimierten Prävention der postmenopausalen Osteoporose ist in jedem Fall die Reduktion der Frakturinzidenz und der Erhalt der Lebensqualität bei betroffenen Frauen. Dieses Ziel sollte möglichst effektiv und – im Hinblick auf begrenzte Ressourcen – auch möglichst effizient erreicht werden.

Osteoporose-Einteilung

Das Ergebnis der Knochendichtemessung wird anhand des T-Wertes angegeben. Der T-Wert bezeichnet die Differenz des gemessenen Patientenwertes zum Mittelwert gesunder junger Erwachsener in Standardabweichungen. Je niedriger der T-Wert ist, desto höher ist das Risiko, einen Knochenbruch zu erleiden.

  • T-Wert bis -1,0: Normalbefund

  • T-Wert -1,0 bis -2,5: Der Knochenmineralgehalt ist vermindert, man spricht von einer Osteopenie.

  • T-Wert unter -2,5: Es liegt densitometrisch eine Osteoporose vor.

Basistherapie zur Vorbeugung

Entsprechend der multifaktoriellen Genese der Osteoporose liegen die Ansatzpunkte für die Osteoporose-Prävention in der Beeinflussung der Risikofaktoren. Hierbei steht die Motivation zur individuellen, eigenverantwortlichen Prävention durch eine knochenstoffwechselgesunde Ernährungsweise bzw. Lebensstil, regelmäßige körperliche Aktivität sowie die Reduktion von Alkohol- und Nicotinkonsum im Vordergrund.

Ab einem Lebensalter von 70 Jahren oder nach dem ersten Sturz wird eine jährliche Sturzanamnese empfohlen. Bei einem hohen Sturzrisiko bedarf es einer Abklärung der Ursachen und einer Behebung vermeidbarer Sturzursachen. Medikamente, die Stürze begünstigen, wie Sedativa, orthostatisch wirkende Medikamente oder Antidepressiva, sollten regelmäßig in Bezug auf Dosis und Notwendigkeit überprüft werden. Gegebenenfalls können adaptierte Hilfsmittel und Hüftprotektoren eingesetzt werden [DVO, 2006)].

Grundsätzlich ist es wichtig, im Rahmen der Osteoporoseprävention bei prämenopausalen Frauen eine Calciumzufuhr von 800 mg bis 1200 mg/Tag sowie eine Vitamin-D-Zufuhr von 600 IE bis 1000 IE/Tag sicherzustellen. Bei postmenopausalen Frauen liegt ein erhöhter Calciumbedarf vor, so dass die Calciumzufuhr auf 1500 mg/Tag und die Vitamin-D-Zufuhr auf 800 IE/Tag erhöht werden sollte. Bei institutionalisierten und/oder in ihrer Mobilität eingeschränkten Frauen über 65 Jahren ist eine Supplementierung mit 1500 mg Calcium + 800 IE genuinem Vitamin D3 p. o. täglich zu empfehlen.

Eine englische placebokontrollierte Doppelblindstudie aus dem Jahr 2005 konnte allerdings zeigen, dass bei Männern und Frauen in höherem Alter (≥ 70), mit bereits bestehenden osteoporotischen Brüchen, eine Calcium- und Vitamin-D-Supplementierung alleine oder in Kombination nicht ausreicht, um weitere Frakturen zu verhindern [Grant, 2005]. Es sollte aber jede spezifische medikamentöse Therapie der Osteoporose in Kombination mit einer ausreichenden Calcium- und Vitamin-D-Zufuhr erfolgen (Tab. 1 – 3).

Tab. 1: Therapieempfehlungen nach der DVO-Leitlinie

Umsetzung von Basismaßnahmen

Bei Frakturen: Schmerztherapie und funktionelle Verbesserung

  • Medikamentöse Schmerztherapie (WHO-Schema), schnellstmögliche Mobilisierung, ggf. Stabilisierung durch eine Orthese

  • ambulante/stationäre Rehabilitation, Physiotherapie, Funktionstraining, psychosoziale Betreuung, ggf. qualifizierte Selbsthilfegruppe

  • Vertebro/Kyphoplastie: bei therapieresistenten Schmerzen durch Wirbelkörper-Frakturen nach in der Regel mehr als dreimonatigem, konservativem, multimodalem Therapieversuch und nach überprüfbarer interdisziplinärer Begutachtung und konsensueller Indikationsstellung

Weitere Abklärung und Therapie sekundärer Ursachen bei klinischen und/oder laborchemischen Hinweisen auf sekundäre Ursachen einer hohen Frakturgefährdung, ggf. in Absprache mit dem Fachspezialist (B–D).

Medikamentöse Therapie entsprechend der Tabelle 2, wenn keine Änderung des Risikos durch Basismaßnahmen und Behandlung sekundärer Ursachen zu erwarten ist.

Postmenopausale Hormonersatztherapie

Die Wirksamkeit einer Hormonersatztherapie (HRT) zur Primärprophylaxe osteoporotischer Frakturen war bereits in der Vergangenheit durch eine Reihe von großen Fall-Kontrollstudien belegt. Die Ergebnisse der Women’s Health Initiative (WHI) haben erstmalig im Rahmen einer placebokontrollierten, randomisierten Doppelblindstudie eine signifikante Reduktion von Schenkelhals- und Wirbelkörperfrakturen aufzeigen können (Abb. 1). Eine HRT kann jedoch nicht generell empfohlen werden.

Bei postmenopausalen Frauen, die primär wegen vasomotorischer Symptome mit Estrogenen therapiert werden, ist in der Regel keine weitere spezifische Osteoporose-Therapie erforderlich. Außerhalb der Indikation der vasomotorischen Symptome kann eine Kombinationstherapie mit Estrogenen und Gestagenen bei postmenopausalen Frauen mit hohem Frakturrisiko bei individuell positivem Nutzen-Risiko-Verhältnis zur Frakturprävention empfohlen werden. Der Estrogen-Mono-Arm der WHI-Studie bestätigte die Ergebnisse der Kombinationsstudie in Bezug auf den frakturreduzierenden Effekt. Auch wenn das generelle Nutzen-Risiko-Verhältnis einer Estrogen-Monotherapie bei hysterektomierten Patientinnen ausgeglichen ist, so sollte vor einer Therapieeinleitung auch hier immer eine individuelle Nutzen-Risiko-Bewertung erfolgen [DVO, 2006; Jackson, 2006].

Tab. 2: Empfehlungen für eine spezifische medikamentöse Therapie
Alter Jahre
T < -2,0
T < -2,5
T < -3,0
T < -3,5
T < -4,0
Frau
Mann
50 – 60
60 – 70
X X X X -
60 – 65
70 – 75
X X X - -
65 – 70
75 – 85
X X - - -
70 – 75
80 – 85
X - - - -
> 75
> 85
- - - - -
WK-Fraktur
- - - - -
Multiple WK-Frakturen

("X": Therapie erforderlich; &qout;-" keine Therapie; QK = Wirbelkörper; T-Wert siehe Kasten)

Spezifischemedikamentöse Therapie

Ziel der spezifischen medikamentösen Therapie der Osteoporose ist die Senkung des Frakturrisikos (Tab. 2). Weitere Parameter wie die Steigerung der Knochenmineraldichte oder Auswirkungen auf Knochenstoffwechselmarker sind für die Bewertung der Therapieeffizienz als Surrogatparameter nur von zweitrangiger Bedeutung. Die in Bezug auf eine Fraktursenkung am besten belegten medikamentösen Therapieoptionen bei der postmenopausalen Frau sind Estrogene, Alendronat, Risedronat, Ibandronat, Zoledronat, Raloxifen, Strontiumranelat und Teriparatid.

Für alle genannten Präparate ist eine Verminderung von Wirbelkörperfrakturen nach drei Jahren in ähnlichem Umfang nachgewiesen. Für Estrogene, Alendronat, Risedronat, Zoledronat, Strontiumranelat und Teriparatid ist auch eine Verminderung peripherer Frakturen nachgewiesen (Tab. 3).

Tab. 3: Arzneistoffe zur Osteoporose-Therapie von Frauen und Männern
Frau
Alendronat, Ibandronat, Estrogene**, Raloxifen, Risedronat, Strontiumranelat, Teriparatid*

für alle Präparate ist eine Verminderung von Wirbelkörperfrakturen nachgewiesen (A)
für Alendronat (A), Estrogene (A), Risedronat (A), Strontiumranelat (A), Teriparatid (B) ist auch eine Verminderung peripherer Frakturen nachgewiesen
* Zulassung nur bei manifester Osteoporose; ** in der Regel nur, wenn vasomotorische Beschwerden der Haupteinnahmegrund sind
Mann
Alendronat*, Teriparatid

* Verminderung von WK-Frakturen nachgewiesen (A)
Dauer der medikamentösen Therapie: min. 3 – 5 Jahre (A – B), anschließend Reevaluation anhand der Leitlinie und Entscheidung über eine Weitertherapie aufgrund des vorhandenen Risikos (D).
Bei Teriparatid ist die Therapiedauer auf 18 Monate begrenzt.
A – D: Grad der Empfehlung; A = höchste Empfehlungsstufe

Raloxifen mit höchster Empfehlungsstufe

Bei Raloxifen handelt es sich um das erste, seit 1998 für die Prävention und Therapie der postmenopausalen Osteoporose zugelassene Präparat aus der Gruppe der selektiven Estrogenrezeptor-Modulatoren (SERM, selective estrogen receptor modulators). Ziel der Entwicklung der SERM war es, über die physiologische Signalkette des Estrogenrezeptors, gewebsspezifische Estrogen-agonistische Wirkungen am Knochenstoffwechsel, sowie Estrogen-antagonistische Wirkungen am Uterus und an der Brustdrüse zu erzielen. Es konnte gezeigt werden, dass Raloxifen, ebenso wie Tamoxifen, in der Lage ist, das Risiko für ein Estrogenrezeptor-positives Mammakarzinom bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko signifikant zu senken [Vogel, 2006]. Am Knochen kommt es über eine Hemmung der Osteoklasten zu einer Umkehrung des progredienten Knochenmasseverlustes. Unter einer Therapie mit Raloxifen kommt es zu einer signifikanten Senkung des Risikos für das Auftreten klinischer vertebraler Frakturen von 68% bereits im ersten Jahr der Therapie. Nach einer Therapiedauer von drei Jahren zeigte sich im Rahmen der MORE-Studie (Multiple Outcomes of Raloxifene Evaluation) bei Frauen mit Osteoporose eine signifikante Reduktion des Risikos für das Auftreten einer morphometrischen Wirbelkörperfraktur von 55%. Dieser Effekt hielt auch im vierten Jahr der Behandlung an. Raloxifen erhielt daher, äquivalent zu den Bisphosphonaten der zweiten und dritten Generation, die höchste Empfehlungsstufe (A) bei der Therapie der postmenopausalen Osteoporose. Die häufigsten Nebenwirkungen in der klinischen Praxis sind die leicht erhöhte Rate von Hitzewallungen und Wadenkrämpfen. Als Kontraindikation zu beachten sind bestehende oder in der Vorgeschichte aufgetretene Thromboembolien, da unter der Therapie die Inzidenz thromboembolischer Ereignisse erhöht ist.

Gut beraten!

Beratungshinweise für Bisphosphonate

  • Das Arzneimittel muss auf nüchternen Magen nach dem ersten täglichen Aufstehen mindestens 30 Minuten vor dem ersten Essen, Getränk oder Einnehmen von Arzneimitteln für den Tag eingenommen werden.

  • Das Arzneimittel soll mit einem vollen Glas Wasser (mindestens 200 ml) geschluckt werden.

  • Zur Einnahme darf nur Leitungswasser verwendet werden, da andere Getränke (einschließlich Mineralwasser), Nahrungsmittel und bestimmte Arzneimittel möglicherweise die Resorption der Bisphosphonate beeinträchtigen können.

  • Antazida dürfen nur mit einem Mindestabstand von 2 h eingenommen werden

Bisphosphonate hemmen Knochenumbau

Bisphosphonate sind potente Hemmer der osteoklastären Knochenresorption. Die Verminderung des Knochenumbaus führt zu einer Verbesserung der Knochenarchitektur und zu einer verstärkten Mineralisation des Knochengewebes. Bisphosphonate werden nur schlecht aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert. Hierbei werden nur ca. 1 bis 3% des Bisphosphonates aufgenommen. Hiervon binden etwa 40 bis 50% der resorbierten Substanz an die Knochenmatrix, während der Rest unverändert mit dem Urin ausgeschieden wird [Cremers, 2005]. Die Einahmevorschriften sind daher von enormer Bedeutung für die Wirksamkeit, da beispielsweise bei nicht nüchterner Einnahme praktisch keine enterale Resorption mehr erfolgt (s. Kasten). Bezüglich der Senkung des Frakturrisikos ist die Effektivität von Alendronat, Risedronat, Ibandronat und Zoledronat für vertebrale Frakturen gut dokumentiert. Bei postmenopausalen Frauen mit einer geringen Knochenmineraldichte und mit oder ohne prävalente Fraktur konnte in randomisierten klinischen Studien (RTCs) für alle Bisphosphonate eine signifikante Reduktion von Wirbelkörperfrakturen von ca. 50% nachgewiesen werden [Adami, 2004; Cummings, 1998; Delmas, 2006; Harris, 1999; Miller, 2005].

Risedronat senkt die Rate an Schenkelhalsfrakturen bei 70- bis 79-jährigen postmenopausalen Frauen mit einer deutlich erniedrigten Knochendichte im Bereich des Femurhalses um ca. 40% (relatives Risiko (RR) 0,6), aber nicht bei Frauen, die 80 Jahre und älter sind und auf der Basis nicht-skelettale Risikofaktoren für Schenkelhalsbrüche aufweisen [McClung, 2001].

Für Alendronat und Risedronat in der wöchentlichen sowie für Ibandronat in der monatlichen oralen Dosierung liegen keine Studien mit einer Fraktur als primärem Endpunkt vor. Bioäquivalenzstudien konnten jedoch vergleichbare Ergebnisse in Bezug auf die Steigerung der Knochendichte sowie den Veränderungen der Knochenumbauparameter zeigen. Somit sind auch vergleichbare Frakturrisikoreduktionen zu erwarten. Dies gilt auch für die dreimonatliche intravenöse Applikation von Ibandronat.

Zoledronat, als ein einmal jährlich verabreichtes Bisphosphonat für Frauen mit postmenopausaler Osteoporose, senkte über einen Zeitraum von drei Jahren signifikant das Risiko neuer Wirbelkörperfrakturen um 70%, das Risiko von Hüftfrakturen um 41% und führte bei Patientinnen nach Hüftfraktur zu einer signifikanten Reduktion der Sterblichkeit [Lyles, 2007, Black, 2007]. Die europaweite Zulassung zur Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko erfolgte im Oktober 2007 und Zoledronat wurde daher noch nicht in den aktuell gültigen Leitlinien (2006) berücksichtigt.

Teriparatid

Antiresorptive Substanzen wie die Bisphosphonate oder SERM hemmen den Knochenabbau und verbessern dadurch die Skelettarchitektur. Das N-terminale Fragment 1-34 des humanen Parathormons (rhPTH, Teriparatid) stimuliert als einmal tägliche subkutane Applikation dagegen die osteoblastäre Neubildung des Knochens. Im Rahmen eines Hyperparathyreoidismus führen dauerhaft erhöhte Spiegel des intakten Parathormons 1-84 zu einer Stimulation der Osteoklasten und somit zu einem kontinuierlichen Knochenabbau. Die intermittierende Applikation dagegen führt in erster Linie zur Stimulation der Osteoblasten und zu einer Zunahme der trabekulären Knochenmasse [Jiang, 2003]. Mit Teriparatid (1-34 rhPTH) konnte erstmals eine osteoanabole Substanz mit nachgewiesener fraktursenkender Wirkung zur Verfügung gestellt werden. Teriparatid wirkt mechanisch günstig auf mehrere unabhängige Determinanten der Knochenfestigkeit. So konnte die Rate neuer röntgenologisch nachweisbarer Wirbelfrakturen mit 20 µg Teriparatid täglich und nach einer mittleren Therapiedauer von 21 Monaten bei 65% der Patienten in der Therapiegruppe gesenkt werden. Das Risiko für extravertebrale Frakturen sank um 53%, das Risiko für mittelschwere oder schwere Frakturen sogar um 90% [Neer, 2001]. Das Risiko für Frakturen konnte hierbei unabhängig von der Zahl und Schwere der vorbestehenden Frakturen reduziert werden. Diese Befunde sprechen dafür, dass mit Teriparatid die Progredienz auch der schweren postmenopausalen Osteoporose wirkungsvoll unterbrochen werden kann [Gallagher, 2005]. Seit 2008 ist Teriparatid auch für die Behandlung der Osteoporose des Mannes sowie der Glucocorticoid-induzierten Osteoporose zugelassen.

Strontiumranelat

Strontiumranelat besteht aus zwei Atomen Strontium und einem Molekül Ranelicsäure (syn. Ranelinsäure). Strontium hat eine hohe Affinität zum Knochengewebe. Es hemmt in vitro dosisabhängig die Differenzierung und die Resorptionsfähigkeit osteoklastärer Zellen. Strontiumranelat führt bei postmenopausalen Frauen zu einem Anstieg der Aktivität der alkalischen Phosphatase im Serum und vermindert die Ausscheidung von Knochenabbauprodukten [Reginster, 2003]. Die fraktursenkende Wirkung von Strontiumranelat wurde in zwei randomisierten, kontrollierten Studien in einer Dosis von 2 g bei postmenopausalen Frauen mit einer manifesten Osteoporose getestet. In der SOTI-Studie fand sich bei einer Gabe von 2 g Strontiumranelat bei Frauen mit einem durchschnittlichen Alter von 70 Jahren über drei Jahre eine 41%ige Senkung des vertebralen Frakturrisikos im Vergleich zur Placebo-Gruppe [Compston, 2005; Meunier, 2004]. In der TROPOS-Studie war der primäre Endpunkt die Reduktion nicht-vertebraler Frakturen. Es fand sich bei älteren osteoporotischen Frauen mit einem durchschnittlichen Alter von 77 Jahren über drei Jahre ein Rückgang nicht-vertebraler Frakturen um 16% gegenüber Placebo. In der Gesamtgruppe war die Reduktion der Hüftfrakturen nicht signifikant (RR 0,85) [Reginster, 2005]. Strontium verbessert die Knochendichte. Da das in den Knochen eingelagerte Strontium selbst die Messwerte der DXA-Messungen aber nach oben beeinflusst, müssen die Anstiege der Knochendichte für die veränderte Absorption korrigiert werden. Allerdings kann bei einer inhomogenen Strontiumverteilung im Knochengewebe nur ein Näherungswert erreicht werden, und eine Korrektur für die Messung am Schenkelhals liegt nicht vor [DVO, 2006].

Weitere Osteoporose-Therapeutika

Außer den oben genannten Präparaten gibt es mehrere zusätzliche Osteoporosetherapeutika, die zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose zugelassen sind, deren Wirkung in Bezug auf eine Senkung von Wirbelkörperfrakturen aber mit einem niedrigeren Evidenzgrad belegt ist, als dies bei den oben genannten Medikamenten der Fall ist. Zu diesen Präparaten zählen: Alfacalcidol, Calcitonin, Etidronat, Fluoride und Nandrolon Decanoat.


Literatur beim Verfasser


Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. Peyman Hadji

Philipps-Universität Marburg

Leiter des Schwerpunkts Gynäkologische Endokrinologie,

Reproduktionsmedizin und Osteologie

Baldingerstraße

35033 Marburg

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