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Nationale Kohorte startet bald

Ein riesiger medizinischer Datenschatz soll helfen, Krankheiten besser zu verstehen

BERLIN (ks). Anfang nächsten Jahres startet die bislang größte medizinische Gesundheitsstudie Deutschlands – die sogenannte "Nationale Kohorte". Bundesweit sollen 200.000 Männer und Frauen medizinisch untersucht und nach ihren Lebensumständen befragt werden – und das über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren. So will die Wissenschaft Erkenntnisse gewinnen, wie genetische Faktoren, Umweltbedingungen, soziales Umfeld und Lebensstil die Entstehung von Volkskrankheiten wie Diabetes, Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs beeinflussen. An dem von Bund, Ländern und der Helmholtz-Gemeinschaft geförderten Projekt sind 23 Universitäten und Forschungseinrichtungen beteiligt.

400.000 zufällig aus dem Melderegister ausgewählte Bürgerinnen und Bürger zwischen 20 und 69 Jahren erhalten demnächst eine Einladung. Wer mitmachen will, wird in einem der deutschlandweit 18 Studienzentren untersucht: Neben der Befragung zu den Lebensgewohnheiten und Lebensumständen werden eine Vielzahl medizinischer Daten erhoben und Bioproben genommen. Nach vier bis fünf Jahren laden die Studienzentren alle Probanden zu einer zweiten Untersuchung ein.

Die Wissenschaft verspricht sich durch die Kohorte Antworten auf wichtige Fragen: Wodurch entstehen chronische Krankheiten? Gibt es Faktoren, die ihre Entstehung begünstigen? Wie können diese Krankheiten frühzeitig erkannt werden? Und wie können wir uns besser schützen? Die teilnehmenden Wissenschaftler sind überzeugt, mit der Kohorte einen "unermesslichen Schatz" – nicht zuletzt für die nachfolgenden Generationen – anzulegen. Mehrere Millionen Gesundheitsdaten sollen gesammelt werden, hinzu kommen Blut-, Urin-, Stuhl- und Speichelproben. Allein in München sollen zentral rund 21 Millionen Proben in einem Kühllager beherbergt sein. Der Datenschutz ist dabei den Verantwortlichen zufolge kein Problem: Die dafür notwendigen Maßnahmen seien in einem Datenschutz- und IT-Sicherheitskonzept erarbeitet und festgelegt worden, heißt es aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Das Konzept sei vom Bundesdatenschutzbeauftragten positiv bewertet worden.

Die Teilnahme an der Studie ist freiwillig und wird in Form der Einwilligungserklärung dokumentiert. Die Teilnehmer können jederzeit aussteigen. Bevor es losgeht, legen sie fest, ob sie über Ergebnisse der Untersuchungen informiert werden wollen. Es sollen zwar Gesunde untersucht werden – aber es ist nicht auszuschließen, dass dabei gefährliche genetische Anlagen entdeckt werden. Das muss der Studienteilnehmer nicht zwingend erfahren – nur wenn er dies zuvor so bestimmt hat. Das Recht auf Nichtwissen werde gewahrt, betont Bundesforschungsministerin Johanna Wanka. Ein unabhängiger Beirat soll die Einhaltung der ethischen Standards überwachen. Wanka erhofft sich nun eine hohe Teilnahmebereitschaft in der Bevölkerung.

Die Studie gehört zur Hightech-Strategie des BMBF. Das Ministerium selbst stellt 105 Millionen Euro hierfür bereit. Weitere 35 Millionen kommen aus den 14 beteiligten Bundesländern. Mit 70 Millionen Euro ist zudem die Helmholtz-Gemeinschaft dabei – somit summiert sich die Förderung auf 210 Millionen Euro – für die nächsten zehn Jahre, dann wird man erneut über die Finanzierung nachdenken müssen.


Infos im Web


Weitere Informationen finden Sie unter: www.nationale-kohorte.de

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