Fortbildungskongress

Rheuma bei Kindern

Wie Funktionseinschränkungen vermieden werden

In Deutschland leiden etwa 25.000 Kinder und Jugendliche unter rheumatischen Erkrankungen. Auch wenn die Zahl im Vergleich zu betroffenen Erwachsenen gering erscheint, sind mehr Kinder und Jugendliche davon betroffen als von Malignomen oder Diabetes mellitus. Hilfe finden sie in 56 kinderrheumatologischen Versorgungseinheiten, so zum Beispiel dem Deutschen Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie in Garmisch-Partenkirchen. Dessen Chefarzt Prof. Dr. Johannes-Peter Haas berichtete im Rahmen des Pharmacon Davos über die Fortschritte in der Behandlung junger Rheumapatienten.
Prof. Dr. Johannes-Peter Haas Foto: DAZ/du

Juvenile idiopathische Arthritis (JIA) ist nach einer inzwischen international akzeptierten Klassifikation der Oberbegriff für kindlichen Gelenkrheumatismus, der sich vor dem 16. Lebensjahr manifestiert und mit einer über mindestens sechs Wochen anhaltenden Arthritis einhergeht. Die Unterklassifikation basiert auf der klinischen Symptomatik.

Gefürchtet: Das Still-Syndrom

So ist die systemische juvenile idiopathische Arthritis (systemic onset JIA = SoJIA, Morbus Still), charakterisiert durch eine Milzvergrößerung und Serositis, begleitet von Arthritis und Fieber. Im weiteren Verlauf entwickeln bis zu 60% der Betroffenen eine destruierende Polyarthritis, die vor allem proximale Gelenke wie Hüftgelenke betrifft. Die Erkrankung verläuft schubförmig und kann zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen. Gefürchtet ist vor allem das Makrophagen-Aktivierungssyndrom, bei dem Makrophagen im Knochenmark blutbildende Zellen zerstören. Dadurch kommt in kürzester Zeit die Hämatopoese zum Erliegen.

Neben der systemischen Form werden polyartikuläre Formen unterschieden, bei denen mehr als vier Gelenke betroffen sind und die sowohl Rheumafaktor-positiv als auch -negativ sein können.

Weitere Untergruppen sind die oligoarthrikuläre juvenile idiopathische Arthritis mit einer Beteiligung von maximal vier Gelenken, eine Enthesitis-assoziierte JIA, also einer Form, die mit einer Entzündung von Bändern und Sehnen einhergeht, sowie die Psoriasisarthritis.

Die Off-label-Problematik

Die Behandlungsmöglichkeiten wurden durch die Einführung von Biologicals revolutioniert, die jedoch oft off label eingesetzt werden (s. Tab.).

Doch auch wichtige nichtsteroidale Antirheumatika sind nur begrenzt für die Behandlung von Kindern zugelassen. Jeder Einsatz von Ibuprofen unter sechs Monaten, von Indometacin unter zwei Jahren oder Diclofenac unter 14 Jahren erfolgt außerhalb der Zulassung. Ein Kuriosum stellt nach Haas Methotrexat dar. Methotrexat hatte zunächst keine Zulassung bei Kindern, dann sei jedoch Etanercept bei der juvenilen Form der Polyarthritis zugelassen worden unter der Voraussetzung, dass ein MTX-Versagen vorliegt. Das habe dazu geführt, dass die meisten Darreichungsformen bei Kindern ohne entsprechende Zulassungsstudien zugelassen worden sind.

Trainingsprogramme mit Spaß-Faktor

Ziel ist es, die Kinder so zu behandeln, dass sie mit möglichst geringer Funktionseinschränkung das Erwachsenenalter erreichen. Das gelingt nicht alleine mit einer medikamentösen Behandlung. So zeigen Daten, dass zwar in der Zeit von 1998 bis 2008 aktive Erkrankungen von 74% auf 59% zurückgegangen sind, funktionelle Beeinträchtigungen allerdings nur von 52% auf 45%. Sie machen deutlich, dass Krankengymnastik und Ergotherapie weitere wichtige Teile eines erfolgreichen Therapiekonzepts sein müssen, doch Einheiten von 20 Minuten Physiotherapie sind nach Haas zu wenig. Zudem sei es wichtig, dass die Kinder Spaß an der Bewegung haben. In Garmisch-Partenkirchen werden daher anhand einer Analyse der Bewegungsstörungen Trainingsprogramme erarbeitet, die sich in den Alltag integrieren lassen und bei denen die Freude im Mittelpunkt steht.


du



DAZ 2012, Nr. 7, S. 68

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