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"BfArM im Umbruch"

BERLIN (diz). Seit einem Jahr ist Priv.-Doz. Dr. Walter Schwerdtfeger Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), der deutschen Arzneimittelzulassungsbehörde. Er ist derzeit auf dem Weg, seine 1100-Mann-starke Behörde "umzukrempeln", wie er in seiner Ansprache auf der Jahrestagung des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) am 28. September in Berlin sagte.
Foto: DAZ/diz
Priv.-Doz. Dr. Walter Schwerdtfeger, Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Das BfArM hat eine gute Reputation.

Dem mitunter geäußerten Vorwurf, das BfArM arbeite zu langsam und zu schwerfällig, stellte sich Schwerdtfeger. Er sehe durchaus noch Potenzial, Effizienzreserven zu heben, um die Zulassungsarbeit, insbesondere im generischen Bereich, zu beschleunigen: "Wir sind da dran." Man habe bereits die Fachgebiete beim BfArM für einen besseren Austausch untereinander vergrößert. Zudem habe er auch Führungskräfte ausgetauscht mit der Hoffnung, ein frischer Wind bringe neue Denkansätze, um Strukturen zu verbessern. Potenzial zur Verbesserung der Arbeit sehe er auch in der Verschlankung von Arbeitsabläufen. Er sei zuversichtlich, dass sich die Veränderungen schon bald auswirken werden, vor allem wenn es um die Bewertung von Arzneimitteln gehe, die bereits in anderen Mitgliedstaaten zugelassen seien. Hoffnung auf mehr Personal beim BfArM machte Schwerdtfeger allerdings nicht. Angesichts der finanziellen Lage sei man froh, wenn man den Personalbestand halten könne.

BfArM in Europa gut vernetzt

Schwerdtfeger stellte zudem die stärkere Vernetzung mit anderen europäischen Zulassungsbehörden heraus. Hier spiele die Reputation des BfArM eine Rolle – "und die sieht gar nicht schlecht aus". Bei der Beteiligung in den Verfahren für die dezentrale Zulassung stehe Deutschland bereits auf dem ersten Platz. Aufholbedarf sieht Schwerdtfeger allerdings noch beim Vergleich der europäischen Zulassungsbehörden insgesamt. In Anbetracht der Größe und Bedeutung des BfArM komme Deutschland der erste Platz zu, derzeit belege man allerdings Platz drei.

Absage an Dachmarken-Ausbau

Eine deutliche Absage erteilte Schwerdtfeger Bestrebungen der Industrie, Dachmarken von Präparaten so auszubauen, dass auch andere als mit dem Markennamen in Verbindung gebrachte Inhaltsstoffe enthalten sind. Dies führe zu einer Irreführung des Verbrauchers und zu Verwechslungen. Unter diesen Strategien leidet die Arzneimittelsicherheit.

Mit Blick auf die Klinischen Prüfungen sieht der BfArM-Präsident die Aufgaben des Amtes auch darin, strenger auf die Modalitäten der Durchführung zu achten. Der Todesfall eines Probanden, der sich vor Kurzem im Rahmen einer klinischen Prüfung ereignete, gibt Anlass, die Vorgaben zur Auswahl der Probanden stringenter zu fassen.

Knapp 100 Monographien bis Jahresende

Eine positive Entwicklung nimmt die BfArM-Abteilung für Besondere Therapierichtungen, wie Schwerdtfeger berichten konnte. Ende des Jahres werde man bereits knapp 100 Monographien vorweisen können. Bemerkenswert sei die zunehmende Akzeptanz der Besonderen Therapierichtungen auch in Staaten, die nicht so eine lange Tradition darin haben wie Deutschland. Mit Sorge blickt der BfArM-Präsident allerdings auf die Abgrenzung zwischen Arzneimittel und Lebensmittel. Manche Hersteller berufen sich auf traditionelle Anwendungen im Gesundheitsbereich, die es rechtfertigen könnten, den Lebensmitteln gesundheitsbezogene Merkmalen zuzuordnen. Schwerdtfeger: "Käme es soweit, bestünde die Gefahr, dass sich die Abgrenzung der Bereiche verwischen – das liegt nicht in unserem Sinne."

Sicherheit an erster Stelle

Auch bei den Medizinprodukten – neben den Arzneimitteln das zahlenmäßig sogar noch größere Gebiet, mit dem sich das BfArM befassen muss – steht für Schwerdtfeger die Sicherheit an erster Stelle. Wie im Arzneimittelbereich müssen die Risiken dieser Produkte gemeldet und bewertet werden.



DAZ 2011, Nr. 40, S. 28

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