Arzneimittel und Therapie

Kein Benefit durch Cetuximab in der Erst-Linien-Therapie

Der Zusatz von Cetuximab zu einer Oxaliplatin-basierten Chemotherapie führte bei der Behandlung des fortgeschrittenen kolorektalen Karzinoms zu keiner wesentlichen Verbesserung. Dieses Ergebnis wurde nicht erwartet und wird unterschiedlich interpretiert.

Die Entwicklung von Wirkstoffen, die sich gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor EGFR (Epidermal growth factor receptor) richten, gehört zu den wichtigen Neuerungen in der Therapie onkologischer Erkrankungen. Durch eine Unterdrückung der Wachstumsfaktoren kann das unkontrollierte Wachstum gehemmt oder zumindest in Schach gehalten werden.

Der monoklonale Antikörper Cetuximab (Erbitux®) ist ein Inhibitor des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors und wird unter anderem bei der Therapie des fortgeschrittenen kolorektalen Karzinoms eingesetzt.

Derzeit besitzt Cetuximab eine Zulassung zur Behandlung therapieresistenter metastasierter kolorektaler Tumore alleine oder in Kombination mit einem Zytostatikum. Der Nachweis des K-Ras-Mutationsstatus muss vor der ersten Cetuximab-Gabe durchgeführt werden, da die Blockade des EGF-Rezeptors nur bei Vorliegen eines Wildtyps sinnvoll ist. Das K-Ras-Gen kodiert ein Protein in der EGFR-Signalkaskade. Es kann normal, das heißt der Wildtyp sein oder in einer mutierten Form vorliegen. Besteht eine Mutation, ist das K-Ras-Protein konstitutiv aktiviert, unabhängig von der Signalwirkung durch EGFR. Weitere, derzeit noch nicht routinemäßig bestimmte Mutationen, betreffen BRAF. Das mutierte BRAF-Protein hat eine erhöhte Kinase-Aktivität und führt zu einer vermehrten Aktivierung mehrerer Signaltransduktionswege, was ebenfalls ein unkontrolliertes Wachstum zur Folge hat.

Die MRC-COIN-Studie

In einer großen randomisierten, multizentrischen Studie (MRC COIN Trial) wurde Cetuximab in der First-line-Therapie in Kombination mit einer Oxaliplatin-haltigen Chemotherapie eingesetzt. Sie ist die bisher größte Studie, die einen EGFR-Antagonisten bei Patienten mit einem bisher unbehandelten, metastasierten kolorektalen Karzinom untersuchte. Für die Studie wurden 1630 Patienten aus Großbritannien und Irland randomisiert und einer der folgenden Behandlungsgruppen zugewiesen:

  • Gruppe 1 mit 815 Teilnehmern: Chemotherapie (Oxaliplatin plus Capecitabin oder Oxaliplatin plus Folinsäure und 5-Fluorouracil) ohne Cetuximab.

  • Gruppe 2 mit 815 Teilnehmern: Chemotherapie (Oxaliplatin plus Capecitabin oder Oxaliplatin plus Folinsäure und 5-Fluorouracil) plus Cetuximab.

Bei 1316 von 1630 Patienten wurden Analysen des Mutationsstatus (K-Ras und weitere) durchgeführt. Bei 43% lagen K-Ras-Mutationen vor.

Primärer Studienendpunkt war das Gesamtüberleben der Patienten mit K-Ras-Wildtyp-Tumoren. Die Auswertung erfolgt mithilfe einer Intention-to-treat-Analyse. Zusätzliche Analysen beurteilten das Therapieergebnis in Abhängigkeit weiterer Parameter wie etwa BRAF-Mutationen und EGFR-Status.

Bei Patienten, bei denen ein K-Ras-Wildtyp vorlag, gab es beim primären Studienendpunkt keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsprotokollen. Patienten der Gruppe 1 (ohne Cetuximab) überlebten im Schnitt 17,9 Monate, Probanden der Gruppe 2 (Zusatz von Cetuximab) 17 Monate (HR 1,04; 95% Konfidenzintervall 0,87 bis 1,23; p = 0,67). Auch im Hinblick auf das progressionsfreie Intervall – je-weils 8,6 Monate – zeigte sich kein Unterschied. Die Ansprechrate stieg unter der Cetuximab-haltigen Therapie von 57% (Chemotherapie allein) auf 64% an (p = 0,049). Unter dem Zusatz von Cetuximab traten mehr Grad-3-Toxizitäten und stärkere Nebenwirkungen an der Haut und im Gastrointestinaltrakt auf. Das Gesamtüberleben war abhängig vom Mutationsstatus, aber unabhängig von dem eingesetzten Therapieregime. Es betrug bei Vorliegen eines kompletten Wildtyps 20,1 Monate, bei K-Ras-Mutationen 14,4 Monate und bei BRAF-Mutationen 8,8 Monate.

Keine Therapieempfehlung

Die Studienautoren kommen zum Schluss, dass die Kombination von Cetuximab mit einer Oxaliplatin-basierten Chemotherapie beim fortgeschrittenen kolorektalen Karzinom als Erstlinien-Therapie nicht empfohlen werden kann. Dieses unerwartete Ergebnis wirft mehrere Fragen auf, unter anderem, ob die idealen Kombinationspartner gewählt wurden oder ob die überlappenden Toxizitäten einen möglichen Benefit unterbanden.

Obwohl das erwartete positive Ergebnis nicht bestätigt werden konnte, kam die Studie zu einer anderen wichtigen Erkenntnis, in dem sie die Bedeutung der verschiedenen Mutationen für die Prognose der Erkrankung aufzeigte. Vielleicht können für diese Subgruppen neue, gezielte Therapeutika entwickelt werden.


Quelle

Maughan T., et al.: Results of the randomised phase 3 MRC COIN trial. Lancet online vom 4. 6. 2011.

Hewish M., et al.: First-line treatment of advanced colorectal cancer. Lancet online vom 4. 6. 2011.

Fachinformation Erbitux, Stand April 2011.


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr



DAZ 2011, Nr. 32, S. 40

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