Arzneimittel und Therapie

Kolorektale Tumore: Benefit durch Targeted-Therapien

Mit zunehmender Kenntnis pathophysiologischer Vorgänge bei der Tumorentstehung verfeinert sich die onkologische Therapie. Die Kombination klassischer zytotoxischer Mittel mit spezifisch wirkenden Substanzen führt beim kolorektalen Karzinom zu verbesserten Therapieergebnissen.

Betrachtet man die Ergebnisse der Therapie fortgeschrittener kolorektaler Karzinome, so sind in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren große Fortschritte erzielt worden. Durch die zusätzliche Gabe von Oxaliplatin (Eloxatin®) oder Irinotecan (Campto®) zu der Standardtherapie (5-Fluorouracil und Folinsäure) konnte die Gesamtüberlebenszeit verdoppelt werden.

Jüngste Studien zeigen, dass durch den Einsatz spezifischer Therapien (targeted therapies) Ansprechrate und Gesamtüberleben nochmals erhöht werden können. Im Gegensatz zu herkömmlichen Zytostatika, die kranke und gesunde Zellen zerstören, greifen Targeted-Therapien an tumorspezifischen Strukturen oder Abläufen an. Beim fortgeschrittenen kolorektalen Karzinom kann dies zum Beispiel eine Hemmung der Angiogenese oder eine Hemmung überexprimierter Wachstumsfaktoren sein.

Hemmung von Wachstumsfaktoren

Bei rund 70% aller Kolonkarzinome liegt eine EGFR-Überexpression vor (EGFR = Epidermal Growth Factor Receptor), was mit gehäuftem Zellwachstum, Invasion und Metastasierung verbunden ist. Mit monoklonalen Antikörpern gegen diesen Rezeptor wie zum Beispiel Cetuximab (Erbitux®) sollen die unerwünschten Wirkungen der Wachstumsfaktoren unterbunden werden. Cetuximab ist ein chimärer monoklonaler Antikörper, der selektiv an die externe EGFR-Domäne andockt und dadurch die Bindung des natürlichen Liganden verhindert.

In der Folge wird die Signalkaskade unterbunden. Die unter der Therapie auftretenden akneähnlichen Hautausschläge sind auf das vermehrte Auftreten von EGF-Rezeptoren in der Haut zurückzuführen. Aufgrund des Maus-Antikörpers können allergische Reaktionen auftreten.

In der BOND-Studie wurden Irinotecan (Campto®) und eine Kombination aus Irinotecan plus Cetuximab (Erbitux®) beim fortgeschrittenen kolorektalen Karzinom eingesetzt. Die Kombination führte im Vergleich zur Monotherapie zu einer signifikant verlängerten Zeit bis zum erneuten Progress. Dies ist umso bemerkenswerter, als über die Hälfte der Patienten bereits mehrere erfolglose Therapien hinter sich hatten. Die Schwere einer unter der Cetuximab-Gabe auftretenden Hauttoxizität scheint mit der Effektivität der Therapie zu korrespondieren.

Hemmung der Angiogenese

Ab einer bestimmten Größe benötigen Tumore für ihr Weiterwachstum neue Blutgefäße. Ruhende Endothelzellen werden durch verschiedene, vom Tumor sezernierte Wachstumsfaktoren aktiviert, verändern sich, sprossen aus und bilden eine Verbindung zwischen dem Tumor und dem Gefäßsystem des Organismus. Um dies zu verhindern, werden Hemmstoffe der Angiogenese wie zum Beispiel Bevacizumab (Avastin®) eingesetzt. Bevacizumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen den Rezeptor für den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF). Er bindet an die Rezeptorbindungsstelle aller physiologisch aktiven Formen von VEGF und hemmt Endothelzell-Mitogenese, Gefäßpermeabilität und Angiogenese.

In der Amgen-Studie, einer Phase-III-Studie, wurde eine IFL-Kombination (Irinotecan, Folinsäure und 5-Fluorouracil) mit oder ohne Bevacizumab beim fortgeschrittenen kolorektalen Karzinom geprüft. Durch die zusätzliche Gabe des Angiogenese-Inhibitors konnten die Ansprechrate von 35% auf 45%, die Responsedauer von 7,1 auf 10,4 Monate und das Gesamtüberleben von 15,6 auf 20,3 Monate verlängert werden. Bei 10% aller Studienteilnehmer trat als Nebenwirkung eine ausgeprägte Hypertonie auf.

Die für viele Beobachter überraschend guten Studienergebnisse führten zur Konzeption neuer Studien, in denen Bevacizumab mit einem Folfox-Regime (5-Fluorouracil, Folinsäure und Oxaliplatin) verglichen wird sowie der Angiogenese-Hemmstoff in der adjuvanten Therapie eingesetzt werden soll.

Kolonkarzinom: Möglichkeiten einer Targeted-Therapie

Ziel: Tumorgewebe

  • Hemmung von Wachstumsfaktoren
  • Antikörper gegen den EGFR-Rezeptor
  • Beispiel: Cetuximab (Erbitux®) Ziel: Wirt
  • körpereigene Reaktion des Organismus auf den Krebs
  • Impfung
  • zur Zeit noch nicht realisiert

Ziel: Mikroumgebung

  • Hemmung der Angiogenese
  • Antikörper gegen den VEGF-Rezeptor
  • Beispiel: Bevacizumab (Avastin®)

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