Wirtschaft

DAX: Korrektur beendet?

Trendwende zum Besseren bei Rohstoffen und Euro – Anleger bleiben vorsichtig

(hps). Die Schuldenkrise in Europa scheint das Parkett nur vorübergehend aus dem Tritt gebracht zu haben. Die Sorgen um Griechenland verhagelten zwar die Stimmung. Mehrheitlich gehen die Profis jedoch davon aus, dass sie in den Börsenkursen bereits berücksichtigt seien. Dennoch gestaltet sich ein schnelles Comeback für den DAX schwierig. Nach Auslaufen der Berichtssaison klagen Händler über mangelnde Impulse.

Die Marktlage

Nach ein paar Verlusttagen sind die ersten Schnäppchenjäger unterwegs. Die schleppende Erholung der US-Konjunktur und die europäische Schuldenkrise sind zwar nicht vom Tisch, die Erholung bei den Rohstoffen und beim Euro sorgten zuletzt dennoch für etwas freundlichere Mienen am Parkett.

"Sanfte Umschuldung" – oder noch nichtssagender: "Reprofiling" nennt man neuerdings die lebenserhaltenden Maßnahmen für einen hoffnungslos verschuldeten Staat. Im Falle Griechenland denkt man nun laut über die Verlängerung der Laufzeiten von griechischen Staatsanleihen nach – bevor der endgültige Offenbarungseid in Form einer Einstellung von Zins- und Tilgungsleistung erfolgt. Das möchte man den privaten Gläubigern und der Börse vorerst ersparen. Am Parkett wird dies positiv aufgefasst, womit das Griechenland-Debakel nun an der Börse eingepreist zu sein scheint. Auch das Festhalten an der Niedrigzinspolitik durch die amerikanische Notenbank kommt bei den Anlegern gut an. Von Unternehmensseite fielen die letzten Schlussakkorde der Berichtssaison ermutigend aus. So legte PC-Hersteller Dell starke Zahlen vor. Bayer-Aktien profitierten von Studienfortschritten mit dem Krebsmittel Nexavar. Schlechte Nachrichten dagegen aus Japan: Nippon rutschte nach dem verheerenden Erdbeben im ersten Quartal zurück in die Rezession.

Alles in allem scheint sich die Börse langsam dennoch wieder nach oben orientieren zu wollen. Der Markt folgt damit – praktisch im Minutentakt – der Erholung bei den Euro-Notierungen und den Rohstoffen. Damit folgt das Parkett dem alten Schema: Schlechte Nachrichten werden ausgeblendet und die Liquiditätskarte sticht wieder. Zumindest solange die Unternehmensergebnisse einigermaßen vernünftig bleiben und die US-Notenbank die Zinsen niedrig hält.

Bulle & Bär

Immer wenn es mit dem DAX abwärts geht, verschieben Analysten ihren Optimismus auf "mittelfristig". So will die Deka-Bank eine vorübergehende Schwächephase beim DAX nicht ausschließen, bleibt aber mittelfristig optimistisch – was erfahrungsgemäß den Verdacht nahelegt, dass die Korrektur erst gar nicht so wild ausfallen dürfte. Dagegen hält Börsenprofi Bernecker die zweiwöchige Korrektur für ausreichend und sieht den DAX schon bald wieder durchstarten. Ähnlich optimistisch zeigt sich die Deutsche Bank. Sie sieht auf dem gegenwärtigen Niveau gute Einstiegsmöglichkeiten und rät Anlegern zum Kauf. Gleichzeitig hebt sie ihre Prognose für den DAX von 7410 auf 8000 Punkte zum Jahresende an. Die DZ-Bank erwartet 7900 Punkte, Mitte 2012 sogar 8400 Zähler.

In der Tat spricht wenig dafür, dass die Schuldenproblematik an den Börsen einen größeren Kursrutsch nach sich ziehen wird. Der Kursrückgang beim DAX verläuft geordnet, ja geradezu widerwillig. Auch der Druck auf den Euro dürfte sich in Grenzen halten, nachdem die USA nur noch dank einer Anhebung der Schuldengrenze zahlungsfähig bleiben – und selbst die ist noch nicht gesichert. Dagegen ist Griechenland wohl ein Problem von untergeordneter Bedeutung, so dass es absolut keinen Sinn macht, auf den Greenback zu setzen. Der Euro dürfte bald wieder nach oben drehen und die Börse mitziehen. Das neue Kursziel liegt jetzt bei 1,60 USD. Selbst bei den Rohstoffen ist letztlich kaum etwas angebrannt. Die Lage hat sich schon wieder deutlich beruhigt. China hat immer noch Mühe, sein rasantes Wachstum unter Kontrolle zu bringen, da nutzen Spekulanten jede Möglichkeit, um wieder im Rohstoffkarussell mitfahren zu dürfen. Außerdem deuten die jüngsten Wirtschaftsdaten aus den USA auf ein schwaches Wachstum hin, was eher auf weitere Stützungsmaßnahmen der US-Notenbank hindeutet als auf ein Einstellen der Niedrigzinspolitik. Geld, Geld und noch mehr billiges Geld – das lieben Spekulanten. Fazit: Der Dollar taugt nichts, die Zinsen bleiben niedrig und im Welthandel brummt es. Da dürften die Sorgen um Griechenland oder Herrn Strauss-Kahn wohl bald wieder in den Hintergrund gedrängt werden.

Eckdaten zum 19. Mai 2011 (alle Angaben ohne Gewähr)
DAX (19. 5., 13.00 h)
7394 Punkte
Dow Jones (18. 5. Schluss)
12.560 Punkte
Gold (Feinunze)
1489,90 Dollar
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt)
1,33%
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,06%
1,55% (IKB direkt AG)
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,78%
2,80% (IKB direkt AG)

*Quelle: www.festgeld.de

Starker Dollar = fallende Rohstoffpreise?

Warum führt ein steigender Dollar zu fallenden Rohstoffpreisen? – Fragen Sie bloß nicht!

Seit einigen Wochen sind an den Aktien-, Rohstoff- und Devisenmärkten Bewegungen zu beobachten, die – zumindest aus volkswirtschaftlicher Sicht – keinen Sinn ergeben. Da steigen Aktien, wenn Rohstoffe boomen. Mit Rücksicht auf die Kostenseite eines Unternehmens reiner Mumpitz. Da treiben fallende Dollarnotierungen den DAX nach oben – diese Euphorie wird ein europäischer Exporteur wohl nur schwer teilen können. Unterdessen macht jüngst ein anderes Pärchen Schlagzeilen: Das Comeback des Greenback lässt die Rohstoffpreise in die Tiefe rauschen. Die Profis rangen um Erklärung – und wurden fündig. Erste (magere) Erklärung: Die meisten Rohstoffe werden in Dollar bezahlt. Eine Aufwertung der US-Währung verteuert also die Rohstoffe und lässt die Nachfrage danach sinken. Klingt logisch, berücksichtigt aber nicht die Tatsache, dass die meisten Rohstoffe bereits auf Talfahrt waren, als von einer Dollarstärke weit und breit nichts zu sehen war. Zweiter Erklärungsansatz ohne größeren Nährwert: An den weltweiten Rohstoffbörsen wurden nach den stark fallenden Notierungen die Regeln verschärft und die Spekulanten mussten ihre riskanten Wetten mit mehr Bargeld unterlegen. Da dies üblicherweise in Dollar passiert, lösten die schwächeren Rohstoffpreise eine Dollar-Rallye aus. Dass es hier durchaus nicht um Kleingeld geht, zeigt ein Blick auf die Devisenmärkte. Dort wurden laut der US-Terminmarktaufsicht vor zwei Wochen rund 37 Milliarden Dollar auf Wetten gegen den Dollar gesetzt. Ganz eindeutig ist die Sachlage dennoch nicht, denn noch immer streiten die Experten, ob letztlich schwächere Rohstoffpreise die Dollar-Rallye verursacht oder die Dollar-Rallye den Absturz bei den Rohstoffen herbeigeführt hat. Dritter Lösungsansatz: Die Börse ist inzwischen ein Tollhaus. In den USA und Europa bestimmen längst computergesteuerte Handelssysteme das Parkett. Sie suchen nach Trends und Korrelationen zwischen unterschiedlichen Märkten und nutzen diese aus. Nachdem zum Beispiel die Rohstoffnachfrage über lange Zeit mit einer Dollarschwäche einherging, gehen solche Modelle sofort von fallenden Rohstoffnotierungen aus, sobald der Dollar plötzlich nach oben dreht – im Zweifel völlig losgelöst von jeder Logik. Deshalb wird man sich auch schwer tun, den wirklichen Sinn hinter der Relation schwacher Dollar – steigende Aktiennotierungen zu suchen. Es gibt keinen. Außer, dass die meisten Profis an diese Beziehung glauben …



AZ 2011, Nr. 21, S. 5

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