Wirtschaft

DAX: Warmer Geldregen von der US-Notenbank

Frisches Geld soll US-Konjunktur auf die Sprünge helfen – starker Euro entwickelt sich zum Sorgenkind

(hps). Die Demokraten haben im US-Kongress keine Mehrheit mehr und die US-Notenbank (FED) wirft erneut die Druckerpresse an und flutet die Geldmärkte mit 600 Milliarden Dollar. Experten bewerteten indes beide Ereignisse als wenig überraschend. So gingen die Börsen – mit leicht positiver Grundstimmung – schnell wieder zur Tagesordnung über. Wesentlich heftiger fiel dagegen die Reaktion an den Devisenmärkten aus. Der Euro bricht nach oben aus.

Die Marktlage

Die Entscheidung der amerikanischen Notenbank, weitere 600 Milliarden Dollar in den Markt zu pumpen, konnte die Händler am Börsenparkett nicht mehr überraschen. Erwartet wurden 500 Milliarden. Auch der Erfolg der Republikaner bei den Kongresswahlen wurde lediglich abgenickt. Präsident Obama muss sich nun auf eine Blockadepolitik der Konservativen einstellen. Im Ergebnis dürfte dies den Stillstand in der US-Wirtschaftspolitik bedeuten. Doch auch das wird am Parkett nur mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen. Ein Indiz dafür, wie stark sich die Weltwirtschaft bereits von den USA abgenabelt hat.

Mit der FED-Entscheidung sind die Würfel also nun endlich gefallen. Doch was nun? Die Hessische Landesbank sieht nun den Punkt erreicht, an dem die Euphorie in Ernüchterung umschlagen wird, während die überwiegende Mehrheit der Analysten in der neuerlichen Öffnung der Geldschleusen ein positives Signal erkennt. Die Geldanlage in Aktien sei nun quasi konkurrenzlos, nachdem sich die Kapitalmärkte längerfristig auf ein Niedrigstzinsniveau einstellen müssen. Das klingt nach zwingender Logik, lässt aber offensichtlich die psychologische Komponente beim Geldanlegen außer Betracht. Die Amerikaner ziehen jedenfalls seit 2008, dem Jahr der Lehman-Pleite, netto zunehmend mehr Mittel aus den Aktienmärkten ab, wie der Branchenverband ICI erst kürzlich veröffentlichte. Der Aderlass bei den US-Aktienfonds erreichte im August und September fast 30 Milliarden Dollar, während sich Rentenfonds über Zuflüsse freuen dürfen – trotz Niedrigzinsen. Unterdessen haben die Weltbörsen erfreut auf den Geldsegen der US-Notenbank reagiert. Die Aktien erhalten Auftrieb – allerdings ziehen der Euro und die Rohstoffpreise mit. Die Chinesen, aber auch etliche Experten befürchten hier das Entstehen einer Vermögensblase, die irgendwann zwangsläufig platzen müsse.

Bulle & Bär

Nach dem Beschluss der US-Notenbank ist die Zuversicht unter den Börsenexperten gestiegen. Ein Test der psychologisch wichtigen 7000er Marke im DAX gilt für die meisten nun als ausgemachte Sache. Neben charttechnischen Erwägungen berufen sich viele Optimisten auf die attraktive Dividendenrendite von vier bis sieben Prozent bei europäischen Aktien. Auch zeigen sich die Experten davon überzeugt, dass ein Teil der durch die FED geschaffenen zusätzlichen Liquidität den Weg an die Aktienmärkte finden und dem DAX bis zum Jahresende noch Rückenwind verschaffen werde.

Unterdessen bleibt es vorerst noch bei dem friedlichen Nebeneinander von steigendem Euro und haussierenden Rohstoffen einerseits sowie höheren Aktiennotierungen andererseits. Es gäbe eben nicht viele Orte, wohin das Geld aus dem Dollar hingehen könne, wird ein Börsenhändler zitiert. Absehbar ist dabei aber auch, dass an einem gewissen Punkt die negativen Einflüsse, die von einem starken Euro und überteuerten Rohstoffen ausgehen, von der Realwirtschaft und Börse nicht mehr zu ignorieren sind. Größere Kurssprünge nach oben sind daher eher unwahrscheinlich. Stattdessen dürfte es beim DAX bei der Schleichfahrt Richtung 7000 Punkte bleiben. Ein relativ langsamer Kursaufschwung – und vor allem sehr fragil.

Dollar: Wird die US-Währung zum weltweiten Problem?

Das Szenario wäre noch vor ein paar Jahren undenkbar gewesen: Die Weltbörsen schütteln die Ängste um die US-Konjunktur, den amerikanischen Häusermarkt und die horrende Arbeitslosigkeit ab und ziehen mit den Kursen nach oben. Die neue Lokomotive der Weltwirtschaft heißt Asien. Nach ihr richtet sich alles aus, die Zuwachsraten im Handel mit China und Indien lassen die Beobachter der Berichtssaison jubeln. Der Wachstumspfad verläuft derart steil, dass die Finanzkrise in der Retrospektive beinahe schon das Prädikat "Light" verdiente. Wenn da nicht diese Unmengen an frisch gedrucktem Geld wären, die die USA unverdrossen in den Kreislauf pumpen. Aber das sei ja nichts Neues, argumentieren einige Experten. Schließlich hatte der ehemalige Chef der US-Notenbank Alan Greenspan bereits vor Jahren schon einmal die amerikanische Wirtschaft mit billigem Geld aus der Krise herausgepaukt. Doch dieser Vergleich hinkt.

Das Vertrauen in die amerikanische Wirtschaftspolitik und in den Dollar scheint aufgebraucht, es schwindet zusehends. Daher muss die FED Staatsanleihen kaufen, weil das Interesse der Anleger an den Schuldtiteln sinkt und ihr Marktwert abzurutschen droht. Fänden die Anleihen zu wenig Abnehmer, wäre die Folge ein Renditeschub, der den Amerikanern vor dem Hintergrund der immensen Verschuldung das Genick brechen könnte. Und das will die FED unter allen Umständen vermeiden.

Aber unter den ausländischen Investoren verstärkt sich der Eindruck, die USA wollten sich ganz gezielt durch Abwertung und Inflationierung ihrer Staatsschulden entledigen. Verstetigt sich dieser Verdacht, wären die Konsequenzen fatal. Zu befürchten wäre ein Abverkauf von auf Dollar lautenden Wertpapieren. Die Renditen würden anspringen, der Greenback durchsacken. Und diese Entwicklung scheint bereits eingesetzt zu haben. Die Investoren flüchten in Gold und in den Euro. Auch Australien und Indien gelten als attraktive Fluchtburgen. Dank der ultra lockeren Geldpolitik der Amerikaner wissen sich beide Länder nicht mehr gegen den Aufwertungsdruck zu wehren und haben wegen der enormen Kapitalzuflüsse und der damit verbundenen Teuerung ihre Zinsen erhöht. Ein Dilemma, denn nun flüchten noch mehr renditehungrige Anleger aus dem Dollar nach Indien und Down Under. Inzwischen liegt die australische Währung gegenüber dem Dollar auf dem höchsten Niveau seit 28 Jahren. Das Währungspaar wird jetzt 1:1 gehandelt. Für den Euro sieht Bill Gross, Chef des weltgrößten Anleihenfonds PIMCO, aktuell ein Aufwertungspotenzial von rund 20 Prozent. Das entspräche einem Eurokurs von etwa 1,70 USD. Die USA wären dann wieder wettbewerbsfähig. Und nicht wenige vermuten, dass genau das der Masterplan der US-Regierung und der FED ist. Ob nun ein derart geschundener Dollar den Amerikanern beim Export tatsächlich helfen würde, ist noch unklar. Sicher ist indes, dass Kurse über 1,60 USD für den Euro bei den europäischen Exporteuren alles andere als Jubel auslösen würde.

Eckdaten zum 4. November 2010 (alle Angaben ohne Gewähr)
DAX (4. 11., 13.00 h)
6720 Punkte
Dow Jones (3. 11. Schluss)
11.215 Punkte
Gold (Feinunze)
1362,10 Dollar
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt)
1,11%
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
0,85%
1,30% (ING-DiBa)
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,34%
1,75% (SWK-Bank)

*Quelle: www.festgeld.de

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