Wirtschaft

DAX: Liquiditätsrallye

US-Notenbank bekennt sich weiter zur lockeren Geldpolitik

(hps). Der DAX feierte letzten Donnerstag mit 7465 Punkten den höchsten Stand seit mehr als drei Jahren. Die Anleger würdigen damit den Umstand, dass ihnen die gefürchtete expansive Geldpolitik in den USA bis auf Weiteres erspart bleibt. Zudem sorgten erfreuliche Unternehmenszahlen für gute Stimmung. Und das Beste soll noch kommen: viele Profis kehren erst noch aus den Osterferien zurück und hätten noch Investitionsbedarf.

Die Schuldenkrise ist inzwischen nicht mehr länger nur ein Problem südeuropäischer Staaten. Nach der Absenkung des Ausblicks durch die Ratingagentur Standard & Poor‘s (S&P) stehen nun auch ganz offiziell die USA auf der Liste der zweifelhaften Schuldner. Am Devisenmarkt zeigte dieses Misstrauensvotum gegen die US-Haushaltspolitik deutlich Wirkung. Der Euro strebt in Richtung der magischen Marke von 1,50 Dollar. Die Aktienmärkte dagegen waren nur kurzzeitig irritiert. Nach einer Schrecksekunde drehten die Börsen wieder kräftig nach oben. Die Berichtssaison verläuft nach anfänglichen Problemen bislang ganz manierlich, wobei von den heimischen Werten insbesondere Bayer, Volkswagen und Deutsche Bank überzeugten. SAP dagegen fielen trotz guter Zahlen in Ungnade. Das Softwareunternehmen konnte die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen und wurde von Händlern zum Teil auf "underperform" zurückgestuft. Doch die wirklich treibende Kraft hinter dem Kursaufschwung scheint die Liquidität zu sein. Als die US-Notenbank letzten Mittwoch bekanntgab, dass sie sich mit dem Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik noch Zeit lassen wolle, kam es an den Weltbörsen zu einem Kursfeuerwerk. Die Profis bringen die Ausgangslage am Parkett auf einen einfachen Nenner: Festverzinsliche Wertpapiere sind uninteressant, Rohstoffe und Edelmetalle inzwischen zu teuer. Was bleibt also? Aktien – mangels Anlagealternativen. Dass dabei allerdings auch Skepsis mitschwingt, zeigt der Goldpreis. Mit Preisen von über 1500 Dollar je Feinunze feiert das gelbe Edelmetall einen neuen Rekord, ohne sich dabei auch nur das geringste Anzeichen von Schwäche zu leisten.

Bulle & Bär

Der Optimismus für Aktien ist unter den Profis zurzeit derart hoch, dass sich so manches Bankhaus bemüht, die Euphorie der Anleger ein wenig in Grenzen zu halten. Die Weberbank sorgt sich besonders um die Auswirkungen von haussierenden Rohstoffpreisen und Eurokursen auf die Gewinnmargen der Unternehmen. Überwiegend wird aber das billige Geld in Kombination mit guten Unternehmenszahlen als Traumkonstellation für Anleger gesehen. Einzig ein stärkerer Dollar, so scheint es, könnte den Optimisten den Wind aus den Segeln nehmen. Denn die freiwerdenden Mittel aus den massiven Dollarverkäufen werden als Triebfeder des Kursaufschwungs angesehen. Der Greenback macht indes einen robusten Eindruck, so dass nach herrschender Meinung auch weiterhin von steigenden Aktiennotierungen ausgegangen werden kann. Der einzige Schönheitsfehler: Den Rohstoffen scheint die Puste auszugehen. Einzig Aluminium präsentiert sich noch in alter Stärke. Der Rest der Industriemetalle tendiert bereits nach unten, was sich schon häufig als richtungsweisend für Aktien bewahrheitet hat. Möglicherweise bahnt sich hier eine Korrektur am Aktienmarkt an, zumal der Euro als maßgebliche Kraft hinter dem Kursaufschwung kurz vor der 1,50er Marke steht und sich eine Auszeit nehmen dürfte.

Dollar: Die Leitwährung wird langsam zum Problem

Der Greenback fällt und fällt. Von den Börsianern wird dieser Umstand bejubelt. Denn es gilt die Kausalkette: Die Dollarverkäufe setzen Kapital frei, das sich nun seinen Weg in Edelmetalle, Rohstoffe und eben auch in Aktien bahnt. Dass sich dieser Prozess aber nicht linear zu Ende denken lässt, liegt auf der Hand. Steigende Rohstoffpreise und ein Euro, der sich der 1,50 Dollar-Grenze nähert, drücken zunehmend auf die Margen der europäischen Exportwerte.

Der Argwohn gegenüber dem Dollar ist berechtigt. Nach dem Negativausblick für US-Staatsanleihen durch die Ratingagentur S & P sind die Anleger misstrauisch geworden. Börsenguru Marc Faber bezeichnet den Greenback inzwischen als "Konfettiwährung", US-Staatsanleihen ("Treasuries") könne man seiner Ansicht nach bereits abschreiben. Diese Ansicht liegt damit voll auf der Linie von Bill Gross, Chef des weltgrößten Anleihenfonds Pimco. Gross hatte sich bereits vor ein paar Wochen von sämtlichen US-Treasuries getrennt. Auch andere Großanleger wie milliardenschwere Pensionskassen reagieren verschreckt und bauen solche Positionen ab. Unterdessen zeigt sich die US-Politik unfähig, sich auf glaubhafte Sparpläne zu einigen. Präsident Obama steht unter Handlungsdruck, aber die Konservativen mauern. Am Parkett werden nun drei Szenarien durchgespielt. Die unwahrscheinlichste Variante: Die Konservativen verweigern Obama eine Anhebung der Verschuldungsgrenze von 14,3 Billionen Dollar und alle Räder stehen still. Das würde die Kreditwürdigkeit der USA und damit den Dollar wohl ins Bodenlose fallen lassen. Dieses Risiko werden die Kongress-Abgeordneten nicht eingehen. Die mögliche Variante: Beide Seiten einigen sich auf einen Haushaltskompromiss und gleichen das Defizit von 6% vom US-Bruttoinlandsprodukt aus. Das entspräche einer Einsparung von 900 Mrd. Dollar. Auf diese Weise bliebe der Status quo gewahrt – nur damit sich die Lage nicht weiter verschlechtert. Wenn indes 900 Mrd. der Wirtschaft entzogen würden, hätte dies ernste Konsequenzen für die gesamte Weltwirtschaft. Schließlich wird jedes vierte Gut der weltwirtschaftlichen Produktion in die USA exportiert. Die wahrscheinlichste Variante ist also: Das Schuldenlimit wird vorübergehend angehoben und die Entschuldungsfrage bis auf Weiteres vertagt. Die Unsicherheiten über die amerikanische Haushaltspolitik dürften zunehmen und den Dollar weiter zusetzen. Ein Überschreiten der 1,50er Marke gegenüber dem Euro wäre wohl unvermeidlich. Gleichgültig welches Szenario auch eintritt – die Strategie der Börsianer, für Unternehmensergebnisse und Staatsschulden, die vielerorts bereits über 100% vom Bruttoinlandsprodukt ausmachen, zwei separate Rechnungen aufzumachen, kann mittelfristig nicht aufgehen.

Eckdaten zum 28. April 2011 (alle Angaben ohne Gewähr)
DAX (28. 4., 13.30 h)
7429 Punkte
Dow Jones
(27. 4. Schluss)
12.691 Punkte
Gold (Feinunze)
1531,80 Dollar
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt)
1,30%
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,04%
1,55% (IKB direkt AG)
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,74%
2,80% (IKB direkt AG)

*Quelle: www.festgeld.de



AZ 2011, Nr. 18, S. 5

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