Wirtschaft

DAX: Kurseinbruch

Libyen-Krise drückt die Stimmung – Ölpreis auf höchstem Stand seit Herbst 2008

(hps). Der schier grenzenlose Optimismus am Parkett erhielt einen empfindlichen Dämpfer. Nur allzu gerne hätten die Profis nach den Unruhen in Ägypten den Steigflug wieder aufgenommen. Doch mit der Krise in Libyen scheint sich der Ölpreis nun doch längerfristig über der 100 Dollar-Grenze pro Barrel etablieren zu wollen. Skeptiker sehen bereits den globalen Wirtschaftsaufschwung gefährdet.

Die Marktlage

Schon seit einiger Zeit signalisierten zahlreiche Stimmungsindikatoren einen übertriebenen Optimismus der Anlegerschaft, der auch nicht vor den Unruhen in der arabischen Welt zurückschreckte. Aus Sicht vieler Profis ein Kontraindikator. Und in der Tat scheint die heile Börsenwelt der Optimisten nicht mehr intakt zu sein. Wie einige Marktbeobachter feststellten, ist die Strategie des "Buy-on-Dips" – also das Nachkaufen, sobald sich ein Kursrückgang ereignet – letzte Woche erstmals seit Langem nicht mehr aufgegangen. Das Blatt kann sich an der Börse eben auch schnell wenden. Die Analysten befürchten, dass der Ölpreis nun zum Risiko für den globalen Aufschwung werden könnte. Das würde bedeuten, dass sich die Gewinnschätzungen für die Unternehmen nicht halten ließen. Und je nach Ausmaß der Gewinnrevision könnte dann auch das hoch gepriesene – weil günstige – Kurs-Gewinn-Verhältnis der DAX-Werte plötzlich teuer aussehen. Die Bullen am Parkett mögen zwar dann immer noch das billige Geld der Notenbanken, das nach attraktiven Anlagemöglichkeiten sucht, als Kaufargument ins Feld führen. Doch nur deshalb an Aktien zu glauben, weil das Vertrauen in Staatsanleihen fehlt, klingt selbst in den Ohren von Optimisten nicht nach einer allzu überzeugenden Anlagestrategie.

Außerdem wird die Gewinndynamik der Unternehmen zunehmend angezweifelt. Skeptiker weisen darauf hin, dass die Möglichkeiten für weitere Sparmaßnahmen nun weitgehend ausgereizt sein dürften. Bislang erfreuten sich Unternehmen relativ billiger Rohstoffpreise und profitierten von Kostenkürzungen durch einen breit angelegten Stellenabbau. Inzwischen steigen Löhne und Rohstoffpreise aber stark an, die Gewinnmargen dürften daher sinken. Das liebgewonnene Ritual, dass die niedrig angesetzten Gewinnschätzungen der Analysten von den Unternehmen mit Leichtigkeit getoppt werden, könnte einer Phase von Enttäuschungen weichen. Eine deutliche Kurskorrektur wäre die Folge.

Immerhin wies selbst die Internationale Energieagentur (IEA) vergangene Woche darauf hin, dass sich die Wirtschaftskrise von 2008 wiederholen könnte, sollte es längerfristig bei über 100 Dollar pro Barrel Brent-Öl bleiben. Doch trotz aller Bedenken hinsichtlich der Libyen-Krise scheinen die meisten Experten noch davon überzeugt, dass es zu keinem nachhaltigen Kursrutsch an der Börse kommen werde. Die Mehrheit glaubt nicht an einen Flächenbrand und sieht in den nachgebenden Kursen günstige Kaufgelegenheiten. Sollte sich dies allerdings als Fehleinschätzung erweisen, dürften die voll investierten Profis ein Debakel erleben.

Bulle & Bär

"Nur eine Verschnaufpause, keine Korrektur" – war noch zu Beginn der letzten Woche von vielen Experten zu hören. Der Glaube an weiter gute Unternehmensergebnisse und an das im Durchschnitt günstige Kurs-Gewinn-Verhältnis deutscher und amerikanischer Aktien lässt die Strategen aus den Häusern von MM Warburg bis JP Morgan auf wieder steigende Kurse spekulieren. Zu den wenigen Pessimisten gehört nach wie vor die Hessische Landesbank, der insbesondere der hohe Investitionsgrad der institutionellen Anleger Sorge macht und daher zu einer defensiven Anlagestrategie rät. Mit dem haussierenden Ölpreis wackelt indes inzwischen die Front der Optimisten. Zunehmend mehr Marktteilnehmer sehen die Weltbörsen nun doch auf dem Weg in eine deutliche Korrektur.

Unterdessen ist am Parkett Ernüchterung eingetreten. Der schnelle Kursrückgang lässt auf größere Positionsauflösungen schließen, von denen derzeit der Anleihenmarkt und das Gold profitieren. Sichere Werte sind also angesagt, auch wenn man noch vor ein paar Wochen von amerikanischen Staatsanleihen nicht mehr allzu viel gehalten hatte. Ausgedient hat währenddessen der Dollar als "sicherer Hafen". Der Euro bewegt sich auf 1,40 Dollar zu und dürfte langsam zum Sorgenkind für die europäische Exportwirtschaft werden.

Misstrauen gegenüber Wirtschaftswachstum

Land unter auch bei den Rohstoffen, wo die Preise – mit Ausnahme von Rohöl – deutlich rückläufig sind. Ein Misstrauensvotum gegen das globale Wirtschaftswachstum. Mutige Investoren mögen die Situation für Neuengagements nutzen, weil sie die Krise in Libyen als Sonderfall werten. So wie Tunesien oder Ägypten. Doch spricht vieles dafür, dass die Anleger am Parkett noch längere Zeit mit diesem Thema beschäftigt sein werden und sich der DAX nun eine Auszeit nimmt.

Nächstes Kursziel beim DAX dürfte daher die magische 7000er Marke sein.

Eckdaten zum 24. Februar 2011 (alle Angaben ohne Gewähr)
DAX (24. 2., 11.50 h)
7114 Punkte
Dow Jones (23. 2. Schluss)
12.105 Punkte
Gold (Feinunze)
1414,55 Dollar
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt)
1,19%
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
0,90%
1,30% (ING-DiBa)
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,50%
2,00% (SWK-Bank)

*Quelle: www.festgeld.de



AZ 2011, Nr. 9, S. 4

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