Feuilleton

Warum nur Englisch und Französisch?

Die Diskussionen um die Frage, ob ein EU-Kommissar unbedingt Englisch sprechen können muss, werfen für die Benutzer des Europäischen Arzneibuchs (EuAB) eine weitere, alte und berechtigte Frage auf, die bis heute auf politischer Ebene kaum diskutiert, geschweige denn beantwortet wurde.
In Europa Flagge zeigen, auch für die deutsche Sprache!
Foto: DAZ/Sket

Die offiziellen Sprachen für das EuAB sind Englisch und Französisch, weil die Amtssprachen des Europarats Englisch und Französisch sind.

Die Redaktionskonferenz für die amtliche deutschsprachige Fassung des Europäischen Arzneibuchs besteht aus offiziellen und inoffiziellen Vertretern der deutschsprachigen Länder Deutschland, Österreich und Schweiz. Die von den Arzneibuch-Kommissionen dieser Länder in deutscher Sprache verfassten, ins Englische oder Französische übersetzten, an die Europäische Arzneibuch-Kommission eingereichten Monographieentwürfe werden in Straßburg zerpflückt, demokratisch überarbeitet und nach gehörigem Hick-Hack zu offiziellen Texten ernannt. Sie kommen dann an die oben genannte Redaktionskonferenz zurück und müssen dort wieder unter Berücksichtigung beider Fremdsprachen ins Deutsche rückübersetzt werden. Dabei zeigt sich, dass die Übersetzung des englischen Textes nicht immer mit der Übersetzung des französischen Textes übereinstimmt, besonders bei so kniffeligen Monographien wie Impfstoffe, Immunsera oder bei biologischen Wertbestimmungen. Man muss sich also auch hier zusammenraufen, um einen Text zu finden, der zu einer in allen drei Staaten verwendeten einheitlichen deutschsprachigen und verbindlichen Fassung führt.


Liebe Frau Bundeskanzlerin Merkel,

wäre es nicht jetzt, 65 Jahre nachdem Deutschland den Krieg verloren hat, an der Zeit, der deutschen Sprache in Europa eine dem Englischen und dem Französischen adäquate Bedeutung zu verschaffen?

Dann brauchte auch der wackere Schwabe als EU-Kommissar kein Englisch zu lernen, sondern könnte sich auf ein verständliches Deutsch konzentrieren ("Sie wisset scho, mir kennat elles außer Hochdeitsch"). Unsere sinnvolle, leistungsfähige, ursprüngliche, schöpferische, von Dichtern und Denkern geliebte und einfallsreiche Sprache müsste dann auch nicht "auf das Private, die Familie und die Freizeit", wie er meinte, beschränkt werden.

Hätte Frankreich den Zweiten Weltkrieg verloren und die Amtssprachen des Europarates wären Deutsch und Englisch, dann hätte Sarkozy seiner Muttersprache schon längst zur Gleichberechtigung verholfen.

Ihr ergebener Hermann J. Roth

P.S.: Kritische Leser dieser Zeilen, die erklären möchten, warum die deutsche Sprache keine Chance hat, europäische Amtssprache zu werden, haben ihrerseits keine Chance für mein Verständnis.

Mit den besten Wünschen für ein friedliches Europa von einem Zeitzeugen, der zweieinhalb Jahrzehnte lang einen beachtlichen Teil seiner kostbaren Zeit dem Deutschen und dem Europäischen Arzneibuch gewidmet hat.


Prof. Dr. rer. nat. Dr. h. c. Hermann J. Roth

Friedrich-NaumannStr. 33, 76187 Karlsruhe

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