Arzneimittel und Therapie

Tumor verantwortlich für Tod nach HPV-Impfung

In Großbritannien ist ein 14-jähriges Mädchen kurz nach einer Impfung mit dem HPV-Impfstoff Cervarix® verstorben. Als Ursache wird jetzt von Behördenseite eine schwere Tumorerkrankung angegeben.

Im Rahmen eines Vorsorgeprogramms war das Mädchen zusammen mit weiteren Mitschülerinnen in einer Schule in Coventry mit dem HPV-Impfstoff Cervarix® des Herstellers GlaxoSmithKline geimpft worden und wenige Stunden später verstorben. Auch weitere Mädchen sollen nach der Impfung über Unwohlsein geklagt haben. Die Impfstoffcharge wurde vorsichtshalber aus dem Verkehr gezogen. Eine Autopsie hat nun ergeben, dass das Mädchen an einer schweren Tumorerkrankung gelitten hat. Sie soll für den Tod verantwortlich gewesen sein. Vor der Impfung soll das Mädchen jedoch einen gesunden Eindruck gemacht haben.

Drei Todesfälle in Deutschland

In Deutschland sind bislang drei Todesfälle in zeitlichem Zusammenhang mit einer HPV-Impfung aufgetreten, einer im Jahr 2006, ein weiterer im Jahr 2008 und ein dritter im August 2009. In allen Fällen wurde mit Gardasil® geimpft. Vonseiten des Paul Ehrlich Instituts wird jedoch betont, dass in keinem Fall die Impfung verantwortlich war. Der erste Fall ist als "plötzlicher ungeklärter Todesfall" eingestuft worden. Im zweiten Fall wird der Tod auf eine durch eine Virusinfektion hervorgerufene Myokarditis zurückgeführt, im dritten Fall auf eine Kohlenmonoxidvergiftung.

Streit um Nutzen und Risiken

Über Nutzen und Risiken der HPV-Impfung mit den beiden Impfstoffen Gardasil® und Cervarix® wird schon seit Längerem gestritten. Für Aufsehen hatte ein im November 2008 veröffentlichtes Statement mehrerer deutscher Wissenschaftler gesorgt, in dem der Nutzen der HPV-Impfung angezweifelt und eine umgehende Neubewertung durch die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) gefordert worden war (s. DAZ 49/2008; S. 40 – 42). In einer daraufhin im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses G-BA durchgeführten aktuellen Bewertung war die STIKO im August 2009 erneut zu dem Schluss gekommen, dass die HPV-Impfung mit Gardasil® und Cervarix® als sicher einzustufen ist [1]. Unter dem Punkt Sicherheit wird ausgeführt, dass von Gardasil® weltweit mehr als 40 Millionen Dosen und von Cervarix® europaweit etwa 7,5 Millionen Dosen verabreicht worden sind. Die Sicherheit der Impfstoffe werde durch verschiedene länderspezifische Systeme überwacht. In Deutschland melden beispielsweise Ärzte die Nebenwirkungen über die zuständigen Gesundheitsämter an das Paul Ehrlich Institut. In den USA gibt es mit dem VAERS (Vaccine Adverse Event Reporting System) ein Erfassungssystem, an das auch medizinische Laien Impfnebenwirkungen melden können. Die Meldungen erfolgen auf freiwilliger Basis. Bis zum 1. Mai 2009 sind in den USA von Gardasil® mehr als 24 Millionen Dosen verabreicht worden (Cervarix® ist dort noch nicht zugelassen). Bis zu diesem Zeitpunkt seien dem VAERS 13.758 unerwünschte Wirkungen in zeitlichem Zusammenhang mit der Gardasil® -Impfung gemeldet worden. Von diesen wurden 7% als schwer eingestuft. Insgesamt kommt die STIKO aber zu dem Schluss, dass beide HPV-Impfstoffe eine vergleichbare Sicherheit wie andere seit Langem verwendete Impfstoffe, besitzen, beispielsweise Impfstoffe gegen Hepatitis B, Tetanus oder Diphtherie.

Nebenwirkungen wie unter anderen Impfungen ...

Etwas differenziertere Angaben zu den vom VAERS erfassten Nebenwirkungen sind einer Veröffentlichung in der Zeitschrift JAMA vom 7. August 2009 zu entnehmen. Hier wurden die gemeldeten Nebenwirkungen nach einer Gardasil® -Impfung ausgewertet, die das VAERS in der Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Dezember 2008 erhalten hatte. Bis Ende 2008 waren 12.424 Meldungen eingegangen, was einer Rate von 53,9 Meldungen pro 100.000 abgegebenen Gardasil® -Dosen entspricht. Von diesen Meldungen wurden 772 (6,2%) als schwerwiegend eingestuft. Dazu zählten auch 32 Todesfälle, die jedoch nicht mit der Impfung in Verbindung gestanden haben sollen. Pro 100.000 Gardasil® -Dosen ist danach

  • in 8,2 Fällen mit dem Auftreten von Synkopen zu rechnen,
  • in 3,1 Fällen mit einer Hypersensitivitätsreaktion,
  • in 2,6 Fällen mit einer Urtikaria,
  • jeweils in 0,2 Fällen mit einem venösen thromboembolischen Ereignis, einer Autoimmunerkrankung oder einem Guillain-Barré-Syndrom,
  • jeweils in 0,1 Fällen mit einer anaphylaktischen Reaktion oder Tod,
  • jeweils in 0,04 Fällen mit einer transversen Myelitis oder einer Pankreatitis sowie
  • in 0,009 Fällen mit einer Motoneuronerkrankung.

... bis auf Synkopen und venöse Thromboembolien

Auch hier kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die meisten nach der Impfung beschriebenen Nebenwirkungen sich in Größenordnungen bewegen, die auch bei anderen Impfungen zu verzeichnen sind. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen, die jedoch auch nicht mit der HPV-Impfung in Verbindung gebracht werden: das Auftreten von Synkopen und das von venösen Thromboembolien. Über sie wurde häufiger als unter anderen Impfungen berichtet. Die Synkopen werden mit einer bei Mädchen häufig auftretenden Angst vor Spritzen erklärt, das Auftreten von venösen Embolien mit Risikofaktoren wie der Einnahme von oralen Kontrazeptiva.

 

 

Quelle

[1] Impfung gegen HPV – Aktuelle Bewertung der STIKO. Epidemiol Bull 2009; 10. August 2009.

[2] Slade BA et al: Postlicensure Safety Surveillance for Quadrivalent Human Papillomavirus Recombinant Vaccine. JAMA 2009; 302:750 – 757.

 

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