Arzneimittel und Therapie

Claudin-4 – ein neuer Prognosemarker für Brustkrebs?

Jährlich erkranken über 57.000 Frauen in Deutschland an Brustkrebs, von denen mehr als 23.000 unter 60 Jahren alt sind; etwa 17.000 dieser Patientinnen versterben an der bei Frauen häufigsten Krebserkrankung. In einer jetzt vorgelegten Studie konnte nachgewiesen werden, dass größere Mengen des Proteins Claudin-4 im Tumorgewebe mit einer geringeren Überlebensrate und einem schlechteren Ansprechen auf eine Therapie mit Tamoxifen korrelieren [1]. Somit könnte Claudin-4 ein neuer prognostischer Marker für Brustkrebspatientinnen sein.
Mammakarzinom Größere Mengen des Eiweißes Claudin-4 im Tumorgewebe von Brustkrebspatientinnen sind offensichtlich mit einer geringeren Überlebensrate und einem schlechteren Ansprechen auf eine Tamoxifen-Therapie verbunden.

Foto: Baylor University Medical Center

Generell steigt die Brustkrebsinzidenz in Deutschland seit 1980 stetig an, während die Mortalität seit Mitte der 1990er Jahre leicht sinkt. Die relativen 5-Jahresraten bei Brustkrebspatientinnen betragen derzeit über alle Stadien betrachtet etwa 81% [2]. Die Wahrscheinlichkeit, das Überleben von Brustkrebspatientinnen vorauszusagen, ist offensichtlich durch eine Bestimmung der Claudin-4-Expression möglich.

Claudine – Biomarker für Tumoren in unterschiedlichen Geweben

Claudine und verschiedene andere Proteine halten benachbarte Zellen zusammen: Als Tight junctions oder Zonula occludens bezeichnet man Zellkontakte, durch welche Epithelzellen aneinander geheftet sind. Sie regulieren den Durchgang von Molekülen durch diese natürlichen Barrieren. Der epitheliale Transport findet über transzelluläre und parazelluläre Wege statt, die zum Teil von Claudinen reguliert sind. Es gibt mindestens 20 Gene, die für Claudin-Proteine mit unterschiedlicher Gewebe-abhängiger Expression und Barrierefunktion kodieren. Auch in den Epithelzellen der Brust sind sie zu finden. Allgemein beeinflusst die Entfernung oder Zufügung von Claudinen die Permeabilitätseigenschaften der tight junctions, da sie parazelluläre Poren oder Kanäle ausbilden, die die selektive Ionenpermeabilität steuern. Bereits früher war aufgefallen, dass viele Claudine in Krebszellen gegenüber gesunden Zellen in auffällig veränderter Weise vertreten sind, so in Lungentumoren und Lungenadenokarzinomen.

Nachdem jetzt zunächst die Claudin-4Bildung in 88 Mammakarzinomen bestimmt worden war, konnte eine positive Korrelation zwischen dem Auftreten des Proteins und dem Tumor-Grading sowie eine negative zum ER(Östrogen-Rezeptor)-Status festgestellt werden.

Daraufhin untersuchten die irischen Wissenschaftler eine größere Zahl von Mammakarzinomen (n = 299). Der Gehalt an Claudin-4 wurde durch immunhistochemische Methoden in Gewebemikroarrays bestimmt. Wiederum korrelierte die Bildung des Proteins positiv mit Tumor-Grading und Her2 (human epidermal growth factor (EGF)-receptor 2)-Protein. Dieser Rezeptor sitzt in der Zellwand und ragt sowohl nach außen als auch über die Zellwand in das Zellinnere hinein. Er kommt auf 25 bis 30 Prozent aller Mammakarzinomzellen in erhöhter Anzahl vor (wird überexprimiert) [3]. Auch in Tumoren ohne Östrogen-Rezeptoren waren die Werte erneut deutlich höher.

Die Verbindung zwischen einer erhöhten Claudin-4-Expression und einer negativen Prognose wurde anschließend auf mRNA-Level durch ein DNA-Mikroarray mit 295 Mammakarzinomen bestätigt. Die Wissenschaftler schließen aus ihren Befunden, dass hohe Gehalte des Claudin-4-Proteins mit einer geringeren Überlebenschance für Brustkrebspatientinnen einhergehen. Das gilt auch für Patientinnen mit einer Tamoxifen-Therapie.

 

Quelle

 [1] Lanigan, F.; et al.: Increased claudin-4 expression is associated with poor prognosis and high tumour grade in breast cancer. Intern. J. Cancer 2009, 124(9) 124 (9): 2088-2097.

 [2] RKI, GEKID (Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V.): Krebs in Deutschland 2003-2004. Häufigkeiten und Trends. 6. überarb. Auflage 2008.

 [3] Krebs – eine Krankheit der Gene. Dtsch. Apoth. Ztg. 2000(2): 29-33.

 

Dr. Hans-Peter Hanssen

 

 

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